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Nach Kritik an Äußerung in TV-DuellGrüße an unbekannt

US-Präsident Trump hatte noch beim TV-Duell gesagt, die rechtsextremen „Proud Boys“ sollten sich „bereithalten“. Jetzt will er sie plötzlich nicht mehr kennen.

Vielleicht würde Trump sie ohne Maskierung erkennen: Mitglieder der Gruppe Proud Boy Foto: Jim Urquhart/reuters

Washington dpa/ap | Mehrere Republikaner haben sich nach der Weigerung Donald Trumps, rechte Gruppierungen eindeutig zu verurteilen, von dem US-Präsidenten distanziert. Trump seinerseits versuchte sich am Mittwoch in Schadensbegrenzung.

„Ich weiß nicht, wer die Proud Boys sind“, sagte Trump mit Blick auf eine gleichnamige rechte Vereinigung, die am Vortag bei der TV-Debatte mit Herausforderer Joe Biden zum Thema geworden war. „Wer auch immer sie sind, sie müssen sich zurückhalten und die Strafverfolgungsbehörden ihre Arbeit machen lassen.“

Trump war während der TV-Debatte am Dienstag von Moderator Chris Wallace gefragt worden, ob er bereit wäre, Gruppen und Milizen zu verurteilen, zu deren Ansichten die Überlegenheit der Weißen gehört. Trump sagte daraufhin an die Adresse der Proud Boys, sie sollten sich zurückhalten und bereithalten.

Der republikanische Senator Tim Scott forderte am Mittwoch Aufklärung. „Ich denke, er hat sich versprochen“, sagte Scott vor Journalisten in Washington. „Ich denke, er sollte es geraderücken. Wenn er es nicht korrigiert, hat er sich wohl nicht versprochen.“

Senator: Rassisten nicht zu verurteilen ist „inakzeptabel“

Der führende Republikaner im US-Senat, Mitch McConnell, schloss sich Scott an. „Er (Scott) sagte, es sei inakzeptabel, White Supremacists nicht zu verurteilen, und deshalb tue ich das so entschieden wie möglich.“

Senator Lindsey Graham, ebenfalls ein Verbündeter von Trump, erklärte auf Twitter, auch er finde, dass der Präsident klarstellen müsse, dass Proud Boys eine „rassistische Organisation sind, die im Gegensatz zu den amerikanischen Idealen steht“.

Trump wurde am Mittwoch von einer Reporterin explizit gefragt, ob er White Supremacists verurteilt. Trump sagte: „Ich habe immer jede Form (…), jede Form von so etwas verurteilt.“ Den Begriff „White Supremacists“ nahm er nicht in den Mund. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Kayleigh McEnany, schrieb auf Twitter, Trump hätte White Supremacy wiederholt verurteilt und dies auch am Mittwoch wieder getan.

Kritiker erinnern immer wieder an eine Äußerung Trumps nach einer Demonstration von Neonazis in Charlottesville 2017. Dabei tötete ein Rechtsextremist eine Gegendemonstrantin und verletzte zahlreiche weitere. Trump sagte damals, es habe auf beiden Seiten „sehr gute Menschen“ gegeben und löste damit Empörung aus.

Am Mittwochabend schrieb Biden auf Twitter, dass die Ideologie der Weißen Vorherrschaft keinen Platz in Amerika habe. „Wir sollten den Präsidenten der Vereinigten Staaten nicht anflehen müssen, das zu sagen.“

Trump sieht nur die Antifa als Problem

Trump machte am Mittwoch erneut deutlich, dass er das eigentliche Problem nicht auf Seite der Rechten, sondern der Linken sieht. Er forderte seinen Herausforderer Biden auf, die Antifa zu verurteilen. „Antifa ist ein echtes Problem“, sagte Trump. Er hat angekündigt, die Antifa als Terrororganisation einzustufen, sollte er die Wahl am 3. November gewinnen.

Die Proud Boys feierten Trumps Satz „haltet euch zurück und haltet euch bereit“ nach Medienberichten als Billigung durch den Präsidenten. Die US-Bürgerrechtsorganisation ADL stuft die Proud Boys als unkonventionelle Strömung im rechten amerikanischen Extremismus ein. Die Gruppe könne unter anderem als gewalttätig, nationalistisch und islamophob beschrieben werden, heißt es auf der Seite der ADL. Mehrere Mitglieder seien wegen Gewaltverbrechen verurteilt worden. Die Anführer der Proud Boys weisen Rassismusvorwürfe zurück.

Nach einer chaotischen ersten Fernsehdebatte zwischen US-Präsident Trump und seinem demokratischen Herausforderer Biden sollen die nächsten beiden Rededuelle unter anderen Regeln stattfinden. Es werde neue Mittel geben, um für Ordnung zu sorgen, teilte die Kommission für Präsidentschaftsdebatten am Mittwoch mit. Das parteiunabhängige Gremium organisiert seit 1988 die Fernsehduelle vor Präsidentschaftswahlen.

Neue Strukturen für TV-Duelle angekündigt

In einer Stellungnahme hieß es, das erste Duell habe verdeutlicht, dass es zusätzliche Strukturen brauche, um eine geordnetere Diskussion zu ermöglichen. Welche dies sein sollen, werde man in Kürze verkünden. Nach Informationen der Nachrichtenagentur AP ist unter anderem im Gespräch, dass der Moderator die Möglichkeit bekommen soll, die Mikrofone abzuschalten.

Trump war Biden bei der Debatte am Dienstagabend immer wieder lautstark ins Wort gefallen. Dieser ging daraufhin zu Konterangriffen über. Beide überzogen sich mit Beleidigungen. Moderator Wallace gelang es nicht, für Ordnung zu sorgen.

Laut einer Analyse der The Washington Post unterbrachen die Kandidaten sich oder den Moderator 90 Mal innerhalb der anderthalbstündigen Debatte. Für 71 Unterbrechungen war demnach Trump verantwortlich.

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7 Kommentare

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  • Die US Republikaner sehen nach dem TV Schreiduell Donald Trump, Joe Biden mit hilflosem Moderator von FOX News Chris Wallace ihre Felle davon schwimmen, fressen nun Kreide, voran Donald Trump selber, obgleich sie es 2010 in der Obama Ära waren, die den Vote Right Act1 965 in der Ära Lyndon B. Johnson geschliffen haben mit fadenscheinigem Argument, die Gründe dieses Vote Right Acts seien obsolet, Amerikaner seien nun längst alle aufgeklärt über Wahlrecht der Afroamerikaner, mit der Folge, dass vor allem in Südstaaten administrative Knebel angewandt werden, Afroamerikaner Gebrauch ihres Wahlrechts zu erschweren. An 60 % der Wahllokale wurden abgebaut. Wahlbezirke werden vor allem nach Gusto der Republikanern immer wieder neu zugschnitten. Inzwischen sind an 60 Millionen Wahlberechtigte zum größtem Teil aus nichtigem Grund durch Schikanen aus Wahlregistern gestrichen, ungeachtet 6 Millionen Insassen von Haftanstalten, denen das Wahlrecht verweigert wird, die selbst nach Haftentlassung in der Regel ihr Wahlrecht nicht zurückerhalten (Quelle: Bernie Sanders Buch „Unsere Revolution“ Ullstein Verlag 2016, ab S. 102).

  • Es wäre schön, wenn man zumindest auf Taz.de die unsägliche Formulierung "die Antifa" in den nötigen Anführungszeichen lesen würde. Vielen Dank und Antifaschistische Grüße

    • @Helge B. aus K.:

      Danke für den Hinweis, habe ich in die Redaktion gegeben. Der Text ist allerdings eine Agenturmeldung der dpa.

  • Wenn er die Antifa zur Terrororganisation erklären will, will er also Faschismus schützen.



    Das glaube ich sofort!

    • @Jakob Cohen:

      Wann merkt der Größte Präsident aller Zeiten, dass die Antifa keine zentrale Organisation ist?

  • Abgesehen von Trumps perfider Liaison mit White Supremacists, die ja schon seit geraumer Zeit bekannt ist und von ihm immer wieder taktisch genutzt wird - der Untertitel grenzt schon an Fake News. Dort steht:

    "US-Präsident Trump hatte noch beim TV-Duell gesagt, die rechtsextremen „Proud Boys“ sollten sich „bereithalten“. Jetzt will er sie plötzlich nicht mehr kennen."

    Tatsächlich stellt sich der Sachverhalt anders da. Wer die Debatte verfolgt hat, hat gesehen, dass Trump explizit nachgefragt hat, wen er adressieren soll (ca. Minute 65). Zitat "What do you want to call them? Give me a name!" Erst nachdem der Zuruf "Proud Boys" kam, adressierte er diese. Allein aus diesem Gesprächsverlauf lässt sich wohl kaum seriös behaupten, dass Trump die Proud Boys in irgendeiner Form kenne.

    In einem Untertitel zu suggerieren, Trump würde die Proud Boys erst ansprechen und dann so tun, als kenne er diese nicht, entspricht sicher nicht den Standards für sauberen Journalismus...

    Ansonsten: Natürlich bin ich nicht so naiv zu glauben, dass Trump diese und andere Gruppierungen nicht kennt. Nur geht das eben aus der Debatte nicht hervor.

  • Was heißt da "plötzlich"? Trump wollte auch mit Desinfektionsmittel gegen CORONA vorgehen. Dann war es "plötzlich" oder wie auch immer auf einmal ein Scherz. Launig kommt von Luna, der Mond und wird damit in erster Linie mit den Frauen verbunden. Trump ist nicht nur launig, er ist höchst verlogen und viel zu Viele, auch hier in D, goutieren das auch noch, wahrscheinlich, weil bei uns auch nach Strich und Faden gelogen wird. Wer sich noch über seine abartigen Verhaltensweisen wundert, der hat nichts, aber auch gar nichts verstanden.