Ifo-Institut schlägt City-Maut vor: So wird München staufrei

ÖkonomInnen des Ifo-Instituts rechnen vor: Eine City-Maut und höhere Parkgebühren würden dem Verkehrsfluss und der Wirtschaft helfen.

Autos nachts auf der Autobahn unscharf fotografiert

Stau auf dem mittleren Ring – City-Maut und höhere Parkgebühren könnten helfen Foto: Matthias Balk/dpa

BERLIN taz | Eine City-Maut von 6 Euro pro Tag und die deutliche Anhebung der Parkgebühren – das empfehlen ÖkonomInnen des Ifo-Instituts für die bayrische Landeshauptstadt München. Dort stehen Autofahrende im Schnitt 140 Stunden im Jahr im Stau. Die Verkehrsmaßnahmen würden den Wirtschaftsstandort attraktiver machen, sagen die WissenschaftlerInnen.

Das Ifo-Institut hatte mit finanzieller Unterstützung der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern untersucht, wie sich die Einführung einer „Anti-Stau-Gebühr“ auf Handel und Tourismus auswirken würden. Das Ergebnis: Bei einer City-Maut von 6 Euro pro Tag würde der Autoverkehr in München innerhalb des Mittleren Rings um 23 Prozent sinken, bei 10 Euro wären es 30 Prozent. Dabei haben die ForscherInnen unterstellt, dass die Parkgebühren von jetzt 6 Euro auf 10 Euro steigen.

„Damit könnten wir die Stauprobleme in der Innenstadt in den Griff bekommen“, sagt Oliver Falck, Leiter des ifo Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien. Nur die Parkgebühren zu erhöhen, hätte demnach so gut wie keine Wirkung. Falk vermutet, dass die Ergebnisse auf andere staureiche Städte übertragbar sind, etwa Hamburg, Berlin oder Köln. Singapur, London und Stockholm haben bereits gute Erfahrungen mit einer City-Maut gemacht.

Die WissenschaftlerInnen gehen davon aus, dass die Gebühren Autofahrende auf andere Verkehrsmittel lenken. 85 Prozent der Umsteigerinnen würden Busse und Bahnen nutzen, prognostiziert Falck. Die Einnahmen aus der Maut könnten in den ÖPNV investiert werden. In München wären es bei einer Gebühr von 6 Euro täglich rund 600 Millionen Euro im Jahr.

Strittiger Effekt auf den Einzelhandel

Weil Verkehrsaufkommen und Staugefahr deutlich sinken würden, wären Geschäfte im Zentrum besser erreichbar – was dem Einzelhandel und dem Tourismus zugutekäme. Die Wirtschaft insgesamt würde profitieren, weil die Fahrzeiten durch den flüssigeren Verkehr den Berechnungen zufolge um 7,5 Prozent sinken würden, sind die ÖkonomInnen überzeugt. Die Zeitersparnis hätte einen Gegenwert von 204 Millionen Euro.

Nicht überzeugen können diese Ergebnisse den Handelsverband Deutschland, dessen Mitglieder für 75 Prozent des Einzelhandelsumsatzes stehen. „Wir halten eine City-Maut für kontraproduktiv für unsere Innenstädte“, sagt Sprecher Stefan Hertel. Die Leute müssten schließlich in die Innenstädte kommen. Statt ein Verkehrsmittel zu beschränken, müssten andere gefördert werden.

Auch der Autolobbyverband ADAC hält nichts von dieser Idee. „Eine City-Maut ist aus verkehrspolitischer Sicht nicht sinnvoll, denn sie schafft Schranken statt attraktive Mobilitätsoptionen ohne Auto“, sagt eine Sprecherin. Verkehrsprobleme in deutschen Städten könne eine Maut nicht lösen. „Sinnvoll ist es, erst einmal ausreichend Alternativen zum Auto zu schaffen.“ Außerdem sei eine Straßengebühr sozial ungerecht: „Sie würde Menschen mit niedrigerem Einkommen erheblich benachteiligen und weiter aus der Stadt drängen.“

Dieses Argument lässt Michael Müller-Görnert vom ökologischen Verkehrsclub Deutschland (VCD) nicht gelten. „Viele Menschen mit geringem Einkommen haben gar kein Auto“, sagt er. Grundsätzlich könne eine City-Maut sinnvoll sein, es komme aber auf die Gestaltung an. „Sie muss großflächig wirken, damit keine Ausweichmöglichkeiten geschaffen werden“, sagt er. Alternativen wie ein guter ÖPNV oder gute Radwege müssten vorhanden sein. Außerdem sollte eine Maut eine ökologische Komponente vorsehen, etwa für E-Autos oder NutzerInnen von Carsharing niedriger sein.

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