Abholzung im Amazonasgebiet: 796,08 Quadratkilometer Regenwald
Von der Corona-Weltöffentlichkeit unbeachtet, schreitet die Umweltzerstörung in Brasilien voran. Die Regierung tue nichts, sagen Kritiker:innen.
Die Zunahme der Abholzung im größten Regenwald der Welt wird in vielen Medien auch mit der Corona-Krise in Zusammenhang gebracht. Zwar seien in den letzten Wochen Kontrollen durch die Umweltbehörde schwieriger geworden, sagt Erika Berenguer, brasilianische Biologin an der Oxford-Universität, der taz. Jedoch gebe es bisher noch nicht genug Daten, um eine Verbindung zwischen dem Anstieg der Abholzung und der Corona-Krise nachzuweisen. Die steigende Entwaldung sei vielmehr auf die Politik des rechtsradikalen Präsidenten Bolsonaro zurückzuführen. „Seit dem Amtsantritt seiner Regierung beobachten wir einen kontinuierlichen Anstieg der Abholzung.“
Jair Bolsonaro ist ein enger Verbündeter der Agrarlobby und wettert regelmäßig gegen Umweltschützer*innen. Im vergangenen Jahr hatten die Brände im Amazonas und der Umgang der Regierung für weltweite Empörung gesorgt. Viele Feuer wurden durch Brandrodungen ausgelöst, um neue Flächen für die Landwirtschaft zu erschließen.
Als Antwort auf die neuen Rekordwerte der Abholzung erklärte Vize-Präsident Hamilton Mourão nun eine Task Force gegen illegale Holzfäller einrichten zu lassen. Laut der Biologin Berenguer, die zu Bränden im Amazonas forscht, tue die Regierung das aber vor allem um nach außen Handlungsbereitschaft zu demonstrieren. Denn seit den Bränden im letzten Jahr steht die Regierung in der Amazonas-Frage international in der Defensive.
Die rechtsradikale Regierung lenkt nicht ein
Außerdem hält die rechtsradikale Regierung weiter an ihren Plänen fest, die Region wirtschaftlich auszubeuten. Anfang des Jahres brachte sie eine Gesetzesinitiative auf den Weg, die Bergbau und Stromerzeugung in indigenen Gebieten zulassen soll. „Solche Projekte beschleunigen den Prozess der Abholzung noch weiter und haben katastrophale Auswirkungen für Mensch und Natur“, kritisiert Berenguer.
Zusätzlich rollt die Corona-Katastrophe in den Amazonas vor. Holzfäller, Goldschürfer und Landbesetzer haben das Virus in abgelegene Regionen gebracht und Indigene angesteckt. Mehrere sind bereits an dem Virus verstorben, darunter auch ein Fünfzehnjähriger. „Sie verschmutzen unsere Flüsse, holzen unsere Bäume ab – und stecken uns jetzt mit Corona an“, sagt die Schriftstellerin und Aktivistin des Omágua Kambeba-Volkes Marcia Wayna Kambeba der taz. „Für viele Krankheiten haben wir keine Antikörper, deshalb machen wir uns große Sorgen.“
Zwar ist bisher umschritten, ob Indigene genetisch anfälliger für Corona sind. Allerdings sind indigene Gemeinden aus anderen Gründen besonders bedroht: Krankenhäuser sind in abgelegenen Regionen des nördlichen Brasiliens Mangelware, Hygienemöglichkeiten in den Gemeinden oft prekär, eine soziale Isolierung in den indigenen Dörfern kaum möglich.
Der Bundesstaat Amazonas, in dem sich ein großer Teil des Regenwaldes befindet, ist neben São Paulo und Rio de Janeiro besonders stark von der Corona-Krise betroffen. Bereits jetzt sind 90 Prozent der Intensivbetten belegt. Zwar will die Landesregierung ein Feldkrankenhaus in Manaus errichten, aber alle Gemeinden abseits der Regenwald-Metropole sind in keiner Weise auf die Pandemie vorbereitet. Viele Indigene haben sich aus Angst vor Corona in den Urwald zurückgezogen und selbst isoliert.
Justizminister Sérgio Moro erklärte, dass seine Regierung die Grenzen zu indigenen Territorien permanent kontrolliere, um das Eindringen von Fremden zu verhindern. Doch die Aktivistin Kambeba ist skeptisch. „Wo sind die Kontrollen, die uns schützen sollen?“, fragt sie. „Wir trauen dieser Regierung in keiner Weise.“
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