Epidemie wirkt sich aufs Klima aus: Der CO2rona-Effekt

Der Stillstand von Wirtschaft und Verkehr durch den Virus senkt Chinas Klimagas-Emissionen. Ob das langfristig wirkt, ist aber fraglich.

Zwei chinesische Mädchen springen auf einer menschenleeren Straße in Peking Seil

Bessere Luft in Peking. Doch wie lange noch? Foto: Andy Wong/dpa

Die weltweite Gesundheitskrise durch den Ausbruch des Coronavirus hinterlässt ihre Spuren auch bei den CO2-Emissionen. Die Abriegelung von Regionen in China, der Rückgang von Industrieproduktion und Verkehr, der erzwungene Urlaub in Fabriken und Behörden haben die Wirtschaftsleistung deutlich gesenkt.

Nach einer aktuellen Schätzung hat sich damit der Ausstoß der klimaschädlichen Gase allein in den ersten Wochen nach dem Ausbruch der Krankheit in China um etwa 200 Millionen Tonnen CO2 reduziert – so viel, wie das G20-Land Argentinien in einem Jahr ausstößt.

Diese erste Schätzung stammt von Lauri Myllyvirta vom Pekinger Thinktank „Crea“. Demnach ist das Land nach dem chinesischen Neujahr Mitte Januar nicht zu seiner normalen wirtschaftlichen Leistung zurückgekehrt, sondern blieb 15 bis 40 Prozent dahinter zurück.

So fiel der Kohleverbrauch von Kraftwerken um 36 Prozent, der Umsatz von Kohle im größten Hafen um 29 Prozent, Ölraffinerien arbeiteten 34 Prozent weniger, und die Schadstoffbelastung durch Flüge sank um 37 Prozent. „Das hat wahrscheinlich ein Viertel der CO2-Emissionen des Landes verhindert“, schreibt der Experte.

Auch Flugverkehr betroffen

Weil China mit gut 11 Milliarden Tonnen CO2 etwa 30 Prozent der weltweiten Emissionen ausmacht, hat eine solche nationale Veränderung große globale Wirkungen. Diese „dramatischen Kurzzeiteffekte“ zeigten einen so niedrigen Verbrauch von Öl und Kohle wie seit vier oder fünf Jahren nicht mehr, schreibt Myllyvirta in seinem Blog.

Die Coronakrise legt noch eine andere Branche flach und entlastet damit das Klima: Die Flugindustrie erwartet für 2020 einen Einbruch bei den Gewinnen wie zuletzt in der Finanzkrise. Der Branchenverband Iata rechnet heuer mit etwa 100 Milliarden Euro weniger Einnahmen. Anfang März ging mit der britischen Airline Flybe die erste Fluggesellschaft in der Coronakrise pleite.

Welche Folgen der momentane Einbruch in China für das Weltklima hat, hängt von vielen Faktoren ab. Wie lange dauert der Ausfall der CO2-intensiven chinesischen Wirtschaft? Welche anderen Länder und Branchen werden betroffen? Und wie sehr werden die Ausfälle später kompensiert, wenn extra große CO2-intensive Projekte begonnen werden?

Carl-Friedrich Schleussner, Leiter der Abteilung Klimafolgen beim Forschungsinstitut Climate Analytics, warnt: „Dieser Abschwung bringt dem Klima nur dann Entlastung, wenn die Chancen ergriffen werden, die Konjunkturprogramme für grüne Investments zu nutzen.“

Eine „gefährliche Erzählung“

Dabei sieht er nicht nur China in der Pflicht. Sollte etwa eine mögliche Konjunkturspritze in Deutschland dazu dienen, den Strom billiger zu machen, wäre wenig gewonnen. Für Schleussner ist deshalb die Devise „Klimaschutz nur bei Wirtschaftskrise“ eine „gefährliche Erzählung“. Wachstum und Ressourcenverbrauch müssten entkoppelt werden. Das Problem aus Sicht des Klimaschutzes sei „nicht das Wirtschaftswachstum, sondern der CO2-Ausstoß“.

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Wie sehr das augenblickliche System aber damit noch verbunden ist, zeigt eine Studie von November. Demnach entlastet der Handelskonflikt zwischen den USA und China ebenfalls kurzfristig das Klima: Wenn das Handelsvolumen sich wegen der Strafzölle halbiert, könnten die globalen CO2-Emissionen um 0,16 Prozent sinken, findet die Studie im Fachblatt Resouce and Energy Economics.

Ein Grund zur Freude sei das allerdings nicht, warnen die Autoren. Denn einerseits seien die Einsparungen gering, weil Produkte woanders gefertigt oder transportiert werden, teilweise weniger effizient. Und andererseits leide unter ökonomischer Abschottung die Idee der globalen Kooperation – und nur so sei die Klimakrise wirksam zu bekämpfen.

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