Gescheiterte Klimaklage: Deutschland ist nicht Holland

Das Verwaltungsgericht Berlin hat die Klima-Klage von Greenpeace und Biobauern abgelehnt. Dafür gibt es gute Gründe.

Greenpeace-Aktivist*innen bei einer Klima-Demo in Leipzig

Ein Kabinettsbeschluss ist nun mal kein Gesetz, das musste nun auch Greenpeace erfahren Foto: Sebastian Willnow/zb/dpa

Die Klima-Klage von Greenpeace und drei Biobauern-Familien gegen die Bundesregierung ist schon im Ansatz gescheitert. Das Verwaltungericht (VG) Berlin hat die Klage am Donnerstagnachmittag als unzulässig abgelehnt.

Bei dieser Zulässigkeitsprüfung ging es nicht um Formalia und Verfahrensfragen, sondern um den Kern der Sache. Besteht überhaupt eine Rechtsnorm, auf die sich die Kläger berufen können? Das Gericht hat dies verneint. Die Klage wäre also auch nicht begründet gewesen. Der Gang vor Gericht ist damit in erster Instanz umfassend gescheitert.

Greenpeace sieht es zwar als Teilerfolg, dass das Gericht die Klimapolitik für grundsätzlich „justiziabel“ erachtete. Tatsächlich hatte das Umweltministerium von Svenja Schulze (SPD) dies bestritten. Doch damit stand das Ministerium auf aussichtslosem Posten. Der Staat hat immer eine Schutzpflicht für die Grundrechte, deren Einhaltung auch gerichtlich überprüfbar ist. Dies hat das VG Berlin jetzt bestätigt. Doch das ist kein Durchbruch, sondern eine Selbstverständlichkeit.

Für Klimaklagen ist damit auch noch nicht viel gewonnen, denn bei der Erfüllung dieser Schutzpflicht hat die Politik stets einen weiten Gestaltungsspielraum. Deshalb versuchte Greenpeace zunächst, die Klimaprogramme und -ziele der Bundesregierung zu verbindlichen Rechtsakten zu erklären, die nun von Bürgern eingeklagt werden können. Doch das ist gescheitert. Ein Kabinettsbeschluss ist nun mal kein Gesetz. In der Berliner Verhandlung ging es dann schnell nur noch um die allgemeine staatliche Schutzpflicht.

Die Urgenda-Klage taugt nicht als Vorbild

Das Gericht sah nun den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers noch nicht verletzt. Daran änderte auch der wiederholte Hinweis der Kläger auf die erfolgreiche Urgenda-Klimaklage in den Niederlanden nichts. Im Gegenteil: Wenn die niederländische Regierung durch dortige Gerichte verpflichtet wird, den CO2-Ausstoß um 25 Prozent (gegenüber 1990) zu reduzieren, dann kann die in Deutschland tatsächlich erfolgte Reduzierung um 32 Prozent nicht so verkehrt sein.

Wer wie Greenpeace das niederländische Urgenda-Urteil mit seiner 25-Prozent-Reduzierung als wegweisend lobt, aber zugleich für Deutschland eine 40-Prozent-Reduzierung als allerunterste rechtliche Grenze propagiert, wirkt nicht sehr überzeugend.

Es ist nur schwer vorstellbar, dass ein Gericht in Deutschland derzeit eine Schutzpflichtverletzung durch die Klimapolitik annimmt, solange diese nicht völlig untätig ist. Insofern sind die Klima-Klagen bis auf weiteres eher Mittel der Öffentlichkeitsarbeit und der politischen Auseinandersetzung. Das gilt auch für die Klage, die der BUND im Vorjahr vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht hat.

Was aber im Berliner Prozess auch deutlich wurde: Je länger die Politik von ihrem Gestaltungsspielraum zu Lasten des Klimas Gebrauch macht, umso härter werden in einigen Jahren die Maßnahmen ausfallen müssen. Und wenn sich die Politik dann nicht traut, kann es wirklich auf Gerichte ankommen.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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