Klimaschutzprogramm im Kabinett: Weniger Wind, mehr Sonne

Die Bundesregierung hält ihre Klimaschutzpläne für einen Durchbruch – doch damit steht sie weiterhin ziemlich allein.

Nebelschwaden ziehen im Licht der aufgehenden Sonne über Felder mit einem Windrad.

Der Ausbau der Windenergie ist in dem Klimaschutzprogrammm reduziert worden Foto: dpa

Berlin taz | Das Bundeskabinett hat am Mittwoch das sogenannte Klimaschutzprogramm 2030 verabschiedet. Darin werden die Maßnahmen dargestellt, mit denen der CO2-Ausstoß in Deutschland im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent reduziert werden sollen. Zudem verabschiedete das Kabinett das neu geschaffene Klimaschutzgesetz, mit dem die Einsparziele für alle Sektoren und für jedes Jahr erstmals gesetzlich festgeschrieben und die zuständigen Ressorts zur Umsetzung verpflichtet werden. „Ab jetzt sind alle Ministerien Klimaschutzministerien“, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Sie wertete das Gesetz als großen Erfolg der SPD.

Eine deutliche Veränderung gab es im Klimaschutzprogramm im Vergleich zu einem Entwurf von Mitte September beim geplanten Ausbau der erneuerbaren Energien: War bei Windrädern an Land bis 2030 zunächst ein Anstieg auf 80 Gigawatt vorgesehen, sollen es jetzt nur 67 bis 71 Gigawatt sein. Gleichzeitig soll der Ausbau der Solarenergie verstärkt werden; in der Summe ergibt sich für 2030 aber trotzdem weniger Ökostrom als zuvor geplant.

Nach Berechnungen des Beratungsunternehmens Energy Brainpool lässt sich das Ziel von 65 Prozent Ökostrom im Jahr 2030 damit selbst unter optimistischen Annahmen nur knapp erreichen.

Gleichzeitig stellte Wirtschaftsminister Peter Altmaier am Mittwoch eine neue Gasstrategie vor. Sie sieht unter anderem vor, verstärkt auf „grüne Gase“ zu setzen, die mithilfe von Ökostrom erzeugt werden.

Das Klimaschutzprogramm konkretisiert die Eckpunkte, auf die sich die Koalitionsspitzen in ihrer berüchtigten Nachtsitzung am 20. September geeinigt hatten. Viele der darin geplanten Maßnahmen gehen nach Ansicht von Wissenschaftler*innen nicht weit genug, um die Ziele zu erreichen. Vor allem der Preis für den Ausstoß von CO2 in den Bereichen Verkehr und Gebäude, der 2021 mit nur 10 Euro pro Tonne starten soll, ist deutlich hinter den ursprünglich diskutierten Vorschlägen zurückgeblieben.

Weniger Ökostromzulage

Um den Anstieg der Kosten bei Diesel, Benzin, Erdgas und Heizöl teilweise auszugleichen, soll im Gegenzug die Ökostromumlage beim Strom gesenkt und die Pendlerpauschale für lange Fahrten zur Arbeit erhöht werden. Auch das Wohngeld soll steigen – im Gegensatz zu den anderen Maßnahmen, wo eine jährliche Anpassung vorgesehen ist, aber nur einmal.

Wie groß die CO2-Einsparung durch das Programm ist, bleibt offen. Die Regierung selbst macht dazu keine Aussagen; alle Zahlen, was die einzelnen Maßnahmen bringen, wurden aus dem Papier gestrichen. Sie sollen später nachgeliefert werden.

Bei Umweltverbänden und Oppositionsparteien stießen die Pläne auf breite Kritik. „Dieses Sammelsurium bringt lediglich ein Drittel dessen auf die Waage, was zur Erreichung der Klimaziele 2030 nötig ist“, erklärte der BUND. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter nannte das Vorhaben „unwirksam, unkonkret und unsozial“, Linken-Chef Bernd Riexinger forderte „mutigeren Klimaschutz“.

Unmittelbare Folgen hat die Kabinettsentscheidung noch nicht. Die einzelnen Vorhaben des Klimaschutzprogramms müssen noch in Gesetzesform gebracht und vom Parlament verabschiedet werden.

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