Kommentar Netanjahu in Washington: Ziemlich beste Freunde

Die Reise des israelischen Premiers in die USA hätte ein Spaziergang werden können. Wäre da nicht eine jüdische US-Lobbyorganisation.

Wolkenkratzer mit Konterfei von US-Präsident Trump und Israels Premier Netanjahu

Trump und Netanjahu auf einem Wahlplakat in Jerusalem: Israel wählt im April ein neues Parlament Foto: dpa

US-Präsident Donald Trump steht in Israel so hoch im Kurs, dass der Likud sein Konterfei für den Wahlkampf nutzt und zusammen mit Spitzenkandidat Benjamin Netanjahu auf die Plakate druckt. Der Umzug der Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem ist Grund für Trumps Popularität, sein Ausstieg aus dem Atomvertrag mit Teheran, und nun wartet der mächtigste Mann der Welt mit einem neuen Geschenk auf seinen Freund aus Jerusalem.

Gut zwei Wochen vor den israelischen Parlamentswahlen verspricht er, dass die USA künftig die Souveränität Israels über die 1967 eroberten Golanhöhen anerkennen. Der Zeitpunkt könnte für Netanjahu, der daheim um seine Wiederwahl ringt, nicht günstiger sein. Wer sollte nun noch Zweifel haben an Netanjahus Mantra: „Nie waren die Beziehungen besser als jetzt.“

Die Reise in die USA hätte für Netanjahu also eigentlich ein Spaziergang werden sollen. Wären da nicht die amerikanischen Juden des „American Israel Public Affairs Committee“ (Aipac), der wichtigsten proisraelischen Lobby in Übersee. Wurden die Beziehungen zu Trump immer enger, so gingen die US-Juden immer stärker auf Abstand zu ­Israel. Der Kampf der Mauerfrauen, die Gebetsrechte für gemischte Geschlech­tergruppen an der Klagemauer fordern, war Anlass zum Streit, ebenso das Antiboykottgesetz, mit dem Israel radikalen Besetzungsgegnern, darunter auch US-Juden, die Einreise verbietet. Netanjahus Bündnis mit der rechtsextremen Partei Otzma Jehudit war für viele dann schlicht zu viel.

Es ist jetzt an Netanjahus politischem Gegner Benny Gantz, die proisraelische Lobby daran zu erinnern, wofür Netanjahu steht: Israels Noch-Ministerpräsident ist dabei, den Friedensprozess zu begraben und den Siedlungsbau voranzutreiben. Er bekämpft die freie Meinungsäußerung und Gewaltenteilung und drängt die arabische Minderheit ins Abseits.

Trumps Meinung ist nicht mehr zu ändern. Für den US-Präsidenten ist Netanjahu ein „großartiger Staatsführer“. Aber die wirklichen Freunde Israels sollten nicht vergessen, wer Israel in die Katastrophe führt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.