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Kommentar Macron zu GelbwestenZynisches Weihnachtsgeschenk

Rudolf Balmer
Kommentar von Rudolf Balmer

Präsident Macron verspricht den protestierenden Bürgern Frankreichs mehr Lohn. Der Haken dabei: Das Geschenk soll aus Steuern finanziert werden.

Im Fernsehen gab Macron den „Papa Noel“ – mit fragwürdigen Geschenken für die Gelbwesten Foto: dpa

H offentlich glauben die französischen WutbürgerInnen in den gelben Warnwesten nicht mehr an den Weihnachtsmann. Sonst müssen sie heute sehr enttäuscht sein. Emmanuel Macron alias „Papa Noël“ verspricht diesen Landsleuten per Fernsehansprache eine tolle Bescherung, obschon sie ja wirklich nicht brav waren.

Doch statt ihnen die traurige Wahrheit zu sagen, dass er nämlich so gut wie pleite ist, zaubert er aus seinem Sack prächtig verpackte Geschenke hervor für die Armen, die Witwen und Entrechteten… Er hat ein rührendes Wort für alle Zukurzgekommenen. Das kostet ebenso wenig wie ein bisschen Reue. Ob diese Masche der Anbiederung noch ankommt, ist eine andere Sache.

Beim Auspacken der Gaben kommen den Beglückten wahrscheinlich schnell erste Zweifel. Macron stellt ihnen eine sofortige Kaufkraftsteigerung ab Januar 2019 in Aussicht – wie von den „Gilets jaunes“ gefordert. Doch was bedeutet es, wenn eine Erhöhung des Minimallohns um 100 Euro im Monat nicht von den Arbeitgebern beglichen wird oder dass die Unternehmen für die steuerfreien Überstunden keine Sozialkosten haben?

Die Rechnung geht an die Steuerzahlenden und an das öffentliche Sozialversicherungssystem. Die dicken Freunde des „Präsidenten der Reichen“, wie Macron nicht grundlos heißt, müssen dagegen keinen Centime mehr abgeben.

Konfliktlösung nach dem Verursacherprinzip

Generös stellt Macron so einen ungedeckten Scheck aus. Er versucht sich den sozialen Frieden zu erkaufen – zu Lasten der bereits hoch verschuldeten Staatskasse. Bezahlen werden am Ende mit ihren Steuern jene Bürger und Bürgerinnen, die heute gegen die zu hohe und ungerecht verteilte Steuerlast revoltieren. Die fragwürdige Logik dabei: Wer ein Entgegenkommen verlangt, soll anschließend selber dafür aufkommen!

Falls der Staatshaushalt nicht ganz aus dem Lot geraten soll, müssen -wie dies der Wirtschaftsminister schon längst ankündigt – die öffentlichen Ausgaben gekürzt werden. Was eine solche Sparpolitik für sie bedeutet, wissen vor allem die Leute in den ländlichen Gebieten, die schon heute immer weniger Zugang zu den öffentlichen Diensten und Infrastrukturen haben und deswegen seit Mitte November mit ihren gelben Westen gegen „die da oben“ in Paris demonstrieren.

In Macrons Konfliktlösung bekommen nach dem „Verursacherprinzip“ letztlich die Aufbegehrenden die gesalzene Rechnung für die Beendigung ihrer Revolte. Das ist fast zu zynisch, um wahr zu sein.

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Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
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20 Kommentare

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  • @TOM FARMER



    "1.) Mindestlohn um 100 €/mon hochziehen! Warum zahlen das NICHT die Arbeitgeber?"

    Da müssen Sie Macron fragen - aber der Grundgedanke von R. Balmer ist richtig: Da wird etwas versprochen, dass dann von genau finanziert werdenen soll, denen es versprochen wird.

  • Wie heißt eigentlich "Kombilohn" auf französisch?



    Wenn der Staat für die 100,- Mindestlohnzulage aufkommt, ist das ein herkömmliches Aufstocken zulasten des Steuerzahlers, ohne die Arbeitgeber angemessen heranzuziehhen.

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @Linksman:

      Der Begriff muss erst noch geschaffen werden. Ich habe aber villes Vertrauen in unsere technokratischen Sprachakrobaten im Finanzministerium.

  • Auf jeden fall wird die Erhöhung des Minimallohns vor allem für die Geringverdiener von Bedeutung sein. Die Entscheidung und Umverteilung ist daher grundsätzlich zu begrüßen.

    Dass sich dann alle Nicht-Geringverdiener darum streiten werd dass nun zu stemmen hat war klar.

    Es ist die gleiche Personengruppe, die schon gegen eine zu hohe Steuerlast ist und damit indirekt auch gegen die Position Frankreichs als einer der Länder mit dem weltweit allerhöchsten Ausgaben im Sozialbereich. www.oecd.org/berli...iveau-20102016.htm

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @Rudolf Fissner:

      Die Lösung, um Macrons Massnahmen zu finanzieren, wäre einfach die Vermögenssteuer wieder einzuführen. Aber mir ist eh klar, dass Normalverdiener wie ich und nicht die Superreichen, die jedes Jahr 80Milliarden € in Steuerparadiesen bunkern, zur Kasse gebeten werden, um das zu stemmen.



      Nur Macrons Problem ist, dass 80% seiner Wähler aus der Gehaltsklasse zwischen 2000 und 4000€ kommen, also, die die jetzt zur Kasse gebeten wird, aber 100% seiner Gönner aus der Gehaltsklasse X Millionen aufwärts, also jene Klasse, die ein paar Dutzend Milliarden von ihm geschenkt bekommen hat und immer noch über eine zu hohe Steuerlast klagt. Es ist schon eine Sauerei, dass jemand, der eine Million € verdient trotz Flattaxe immer noch 300 000 an den Fiskus abführen muss.

    • @Rudolf Fissner:

      Können Sie Rechnen? Dann tun Sie es - zumindest bevor Sie Unsinn posten!

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...ich sehe das wie im Basar: Der Händler (Macron) sagt 'xxx', der Kunde (der Steuerzahler) antwortet 'x'.



    Zum Schluss einigt man sich auf 'xx', der Kunde ist zufrieden, er denkt, er hat ein sog. Schnäppchen gemacht, und der Händler ist glücklich, denn er weiß, er hat das bekommen, was er von Anfang an wollte.

  • Ich muss zugeben, dass mir einige Aussagen nicht logisch erscheinen.

    1.) Mindestlohn um 100 €/mon hochziehen! Warum zahlen das NICHT die Arbeitgeber?



    2.) Steuerfreiheit für Überstunden. Was hat das mit der Sozialkasse zu tun? Dsa kommt doch dann auch dem Arbeitnehmer (mehr netto) zu Gute! Das sind doch getrente paar Stiefel!



    3.) Nur wenn da Sozialsystem nicht mehr bekommt, dann kann man doch nicht sagen, das es weniger hat!

    Also ich muss sagen, dass die Maßnahmen doch nicht ganz verkehrt sind! Ob ich zufrieden wäre weiß ich nicht aber ein Anfang scheint gemacht.

  • 'Präsident der Reichen, nicht ohne Grund' - nein, das ist primitiv (wie der ganz Artikel) und diffamierend.

    • @Christoph :

      Primitiv und diffamierend

      Zitat von @CHRISTOPH: „Präsident der Reichen, nicht ohne Grund' - nein, das ist primitiv (wie der ganz Artikel) und diffamierend“.

      Macron als Präsident der Reichen zu bezeichnen, wäre in der Tat primitiv und diffamierend. Da ist Ihnen voll zuzustimmen. Nein, er ist der Präsident der Reichen, er ist der Präsident SEHR Reichen! Auf die Frage des Fernsehmoderators Yann Barthès in der TMC-Sendung „Quotidien“ vom 25. April 2017 an Ex-Präsident Francois Hollande „Ist Macron der Präsident der Reichen?“ lautete die prompte Antwort: „Das ist nicht wahr. Er ist der Präsident der SEHR Reichen.“ („Macron est-il le président des riches ? Et François Hollande répond du tac au tac : "Ce n'est pas vrai. C'est le président des TRÈS riches.", Quelle: Le Figaro, 25.04.2017)

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @Christoph :

      Diffamierend ist nur eine falsche Beschuldigung. Dass Macron der Präsident der Reichen ist und sich mit seiner gespielt pastoralen Ansprache über die Gelbwesten lustig macht, fällt wohl jeden ins Auge, der über etwas gesunden Menschenverstand verfügt.



      Was haben Sie denn persönlich davon jemanden zu verteidigen, der mit CICE, ISF, Flattaxe zig Milliarden Steuergeschenke an Reiche macht, die dieses Geld in Steuerparadiese anlegen, während Sie in der Steuerhölle schmoren müssen, anstatt, wie versprochen, damit eine Millionen Arbeitsplätze zu schaffen, wie Pierre Gattaz ex Vorsitzender des Arbeitgeberverbands Medef versprochen hatte. Also Macrönchen hat die Erlaubnis erhalten, den Mindestlohn um 100€ zu erhöhen, aber nicht auf Kosten der Kapitalisten, sondern des Staates, also hauptsächlich derjenigen Steuerzahler, die wie ich und vielleicht Sie zu viel verdienen, um von der Lohnsteuer befreit zu werden und zu wenig, um von der Vermögenssteuer befreit zu werden. Die Massnahme wird etwa 2Milliarden € kosten. Zum Vergleich, allein Frankreichs reichster Bürger Bernard Arnault hat eine halbe Milliarde Vermögenssteuer zurückerstattet bekommen...gewiss Christoph, das ist nicht primitiv, sondern, sagen wir mal der dezente Charme der Bourgeoisie. Oder man könnte es noch anders ausdrücken, es ist angenehmer sich von einem Reichen ficken zu lassen als von einem Armen eins in die Fresse zu bekommen.

  • Denkt denn wirklich jemand, dass, die Arbeitgeber das aus ihrem eigenen Sparschweinchen zahlen würden?

    Das wird sofort auf die Preise umgelegt wird und schließlich zahlen genau diesselben die Erhöhung. Kapitalismus for dummies.

    Wiedereinführung Vermögensteuer wäre der einzig richtige Weg.

    • @Sebas:

      Ja, super Kapitalismus for dummies. So mache ich es in Zukunft auch. Einfach die Preise erhöhen und meine Kunden bezahlen das dann. Schauen Sie mal wie viele Kleinst-und Kleinunternehmen es in Deutschland gibt. Glauben Sie wirklich, dß das so einfach ist wie sie das hier so hinstellen? Probieren Sie es doch selbst aus und werden sie "Arbeitgeber".

  • hauptsache, die reichen und die bestverdienenden haben ihre ruhe.



    absolut unangemessen.



    mögen die gelben ihn aus dem palast jagen.

    • @chn:

      „mögen die gelben ihn aus dem palast jagen“



      Sie sind mit dieser Meinung nicht allein. Denn Viele meinen, man müsste nur die Schuld an den gegenwärtigen Zuständen einem Sündenbock (=Macron) aufladen, ihn in die Wüste schicken – und „alles“ ist wieder in Ordnung und das Leben kann „normal“ weitergehen. Irrtum!



      Denn die Gelbwesten sind kein einheitlicher Block, sondern ein Sammelsurium aus Rechten und Linken, die nur scheinbar das gleiche Ziel anstreben, tatsächlich aber einander Spinnefeind sind. Wie es nach Macron weitergehen müsste, wissen sie nicht (oder behalten es lieber erst mal für sich).



      Wir in D. sollten es wissen: Die wirklich nicht ideale Demokratie namens „Weimarer Republik“ (1918-1933) wurde von links und rechts in die Zange genommen, bis sie zusammenbrach. Danach waren die „Rechten“ (=Nazis) schneller und ergriffen die Macht. Wie es weiterging, ist bekannt. Möge den Franzosen dieses Schicksal erspart bleiben!

  • Zitat: „Zynisches Weihnachtsgeschenk“

    Eine treffende Charakterisierung. „Macron verteilt Weihnachtsgeschenke, die die Beschenkten allerdings aus eigener Tasche bezahlen müssen.“ (Danielle Simonnet), d. h. aus der Staats- und den Sozialkassen. Von den exorbitanten Steuergeschenken für die Fat Cats, das erste, was Macrons in Angriff nahm, kaum daß er hinter seinem Louis-XV-Schreibtisch im Elysée-Palast Platz genommen hatte, will er keinen Cent zurücknehmen. Die Rechnung dieser Weihnachtsgeschenke könnte sich nach ersten Hochrechnungen des Sozialausschusses des Nationalversammlung auf 15 Mrd. € summieren (Quelle: Paris Match). Dies wäre in etwa die Summe, um derentwillen die EU-Kommission die neue italienische Regierung an den Pranger stellt, weil sie damit sehr ähnliche Leistungen finanzieren will, um wenigstens die schlimmsten sozialen Schäden des enthemmten Finanzliberalismus zu heilen. Heute will die EU-Kommission die Vereinbarkeit von Macrons Spendabilität mit den Grundsätzen des Stabilitätspaktes prüfen. In Rom wird man die Ohren spitzen.

  • 9G
    98589 (Profil gelöscht)

    Das ist eine Verhöhnung ohnegleichen, die der Liebling der Medien da hinlegt.



    So sehen Hoffnungsträger aus? Pfui Deibel!

  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Der Arbeitgeberabteil für die Finanzierung der Sozialversicherung wird um 40Milliarden € gesenkt 2019. Macron ist nicht nur der Genosse der Bosse, sondern auch der Weihnachtsmann der reichsten Unternehmer, denn diese Abgabensenkung ist umgekehrt proportional zu den Steuern, wer mehr Abgaben bezahlt, bekommt mehr vom Staat zurück. Die Handwerksmeister, die Frankreichs grösste Arbeitgeber sind, müssen sich mit ein paar lumpigen Euros begnügen, während Grosskonzerne, Banken und Versicherungen Milliarden einstreichen.

    • @82236 (Profil gelöscht):

      Banken laufen heutzutagen vor allem über die EDV ab. Dort finden sich viele Entlassungen und Filialschließungen.

      Zu den personalintensiven Branchen würde ich die Banken daher nicht zählen. Es sind aber gerade diese Branchen, die von der Senkung profitieren. Für einen bankautomat gibt es keine Senkung der Sozialversicherung. Das gleiche Schem finden Sie bei den versicherungen

      Das Handwerk ist personalintensiv. Die Branche wird also auch besonders von der Entscheidung profitieren.

      • 8G
        82236 (Profil gelöscht)
        @Rudolf Fissner:

        Europas grösste Bank BNP/Paribas beschäftigt allein in Frankreich 58000 Menschen, da kann man schon davon ausgehen, dass da mindestens eine kleine Milliarde rauspringt, denn hier zählt nicht nur die Anzahl der Mitarbeiter, sondern die Lohnmasse und ohne die Ihnen so lieben Statistiken und Zahlen zusammenzuklauben, kann man davon ausgehen, dass da eine Handvoll von Investmentbankern so viel verdient wie ein paar Hundertschaften lohnabhängiger Handwerker, was bedeutet, dass die Verringerung der Sozialabgaben für die gesamte Belegschaft in Milliardenhöhe geht und dieses Geld als Dividende oder in Form von Stockoptions an die Aktionäre wieder ausgeschüttet werden kann, was ganz im Sinne von Black Rock ist , der einer von den Hauptaktionären ist. Der Handwerksmeister dagegen spart vielleicht ein paar hundert Euro ein,die er wenn er lieb und nett ist, seinen Mitarbeitern als Prämie vergüten, kann so wie es Jupiter vorgeschlagen hat. Aber nicht ausreicht neue Arbeitsplätze zu schaffen. Das ganze System ist so ausgerichtet, dass Macrons Freunde, Gönner und Mentoren die grossen Gewinner sind.