piwik no script img

Gelbwesten-Protest in FrankreichMonsieur Macron, so reden Sie doch!

Trotz Zugeständnissen der Regierung demonstrierten wieder Zehntausende. Vertreter der Gelbwesten warten auf Signale von Präsident Macron.

Manche von ihnen warten auf eine Rede von Macron. Andere erwarten nur seinen Rücktritt Foto: dpa

Paris dpa | Nach erneuten Gelbwesten-Protesten mit Krawallen in mehreren Städten sucht Frankreich nach einem Ausweg aus der Krise. Mit Spannung wartet das Land auf eine Reaktion von Präsident Emmanuel Macron. Der 40-Jährige hielt sich bisher mit Äußerungen zu den Demonstrationen auffällig zurück. Premierminister Édouard Philippe rief das Land am Samstagabend zur Dialogbereitschaft auf – und kündigte Antworten Macrons an.

Der Staatschef steht nach den andauernden Protesten der „Gelbwesten“ unter Druck. Seine Mitte-Regierung legte als Zugeständnis bereits die geplante Steuererhöhung für Benzin und Diesel auf Eis. Die Wut der Protestbewegung hatte sich einst an diesem Vorhaben entzündet – mittlerweile reichen die Forderungen viel weiter: von mehr Steuergerechtigkeit über mehr Kaufkraft bis hin zum Rücktritt Macrons.

Am Samstag eskalierten die Demonstrationen in Paris und anderen französischen Städten erneut. Barrikaden und Autos brannten in der Hauptstadt, die Sicherheitskräfte setzten Wasserwerfer und Tränengas ein, um die Protestierenden zurückzudrängen. Es war bereits das vierte Wochenende in Folge, an dem die Bewegung der Gelbwesten in Frankreich auf die Straße ging.

Landesweit beteiligten sich nach Angaben von Innenminister Christophe Castaner bis zum Abend rund 125.000 Menschen an den Protesten, davon 10.000 in Paris. Im ganzen Land wurden Hunderte Menschen festgenommen, viele von ihnen kamen in Gewahrsam. Auch in Belgien kam es zu Ausschreitungen mit mehreren Hundert Festnahmen.

Das Aufgebot an Polizisten und anderen Ordnungskräften war in Frankreich im Vergleich zur Vorwoche deutlich aufgestockt worden: auf 8.000 Männer und Frauen allein in der Hauptstadt. Am vergangenen Samstag hatte es in Paris ebenfalls Krawalle gegeben – die Zerstörungen etwa an Geschäften fielen nach Einschätzung von Beobachtern dabei aber gravierender aus.

Vertreter der Gelbwesten hatten zuvor Macron aufgefordert, Lösungen zu präsentieren. Es sei jetzt an ihm, sich so schnell wie möglich zu äußern – „mit dem Herzen (und) mit Emotion“, sagte Benjamin Cauchy, der am Freitag an einem Treffen mit Premier Philippe teilgenommen hatte. Macron sei es, „der den Schlüssel für dieses Schloss in der Hand hat“, sagte ein anderer Teilnehmer.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Die Gelbwesten Proteste sind normale, friedliche Bürger aus allen Schichten und Altersgruppen und machen Sinn. Viele Arbeitnehmer in Frankreich kommen wegen ihren geringen Lohn und den stetig steigenden Kosten, ob Strom, Benzin, Miete usw. nicht mehr über die Runden. Frankreich ist ein Höchststeuernland. die Staatsquote liegt über 56%. Frankreich ist in einer Phase eingetreten, wo eben Höchststeuern nicht mehr reichen, es müssen neue Steuern her, das Verhältnis Steuer Erwirtschafter zu Steuer Bezieher ist gekippt. Die schwarz vermummten Randalierer und Schläger haben hier nichts zu suchen und gehören natürlich mit allen Mitteln bekämpft und entfernt. Andere Länder haben Diktatoren, Frankreich hat Macron. Und die Antwort der Regierenden wird sein "Die Rechten Hetzer haben gewonnen“, statt einzugestehen das "Ihre" Politik das Problem ist. genau so muss man sich das Friedensprojekt EU vorstellen. Um den Klimawandel zu stoppen, prügeln sie das eigene Volk nieder, wenn es nicht dafür zahlen will?

    • @Vordenker112:

      "Die schwarz vermummten Randalierer und Schläger…" gehören aber vielleicht genau zum "Plan" der Regierung|von Macron. Am Ende hat er sie angeheuert oder auch "nur" die Kontrollen gegen sie herabgesetzt – um, ja um was zu erreichen? Um zu erreichen, dass die Gelbwesten-Proteste in ein schlechtes Licht gerückt werden und dann alle wie Gewalttäter behandelt werden können, so die Proteste kriminalisiert werden können – und dann natürlich alles beim Alten bleiben kann. Gibt es in F keine Reichen, die Steuern "vermeiden"? Würde mich sehr wundern…



      Wenn die Kleinen zahlen sollen, dann haben die Reichen vorher richtig Mist gebaut – und die Gelbwesten haben das kapiert – die sollen jetzt "fertig" gemacht werden, damit sie weiter für Regierungsversagen zahlen (müssen), sonst nichts. Will Macron etwa an der herrschenden Machtverteilung etwas ändern? Wohl kaum…

  • Was bitte schön soll denn nun der französische Staatspräsident seiner Bevölkerung gegenüber verkünden? Ist er doch auch nur ein Sandkorn auf dem Teelöffel voll Sand derer die auf unserem Planeten das sagen haben und über die Geschicke ihrer Bevölkerungen zum guten oder eben auch zum weniger guten entscheiden.

    Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft eines Landes in die Hände einer einzigen Person zu legen, in dem Glauben das Sie oder Er es schon für uns richten wird, scheint wohl nicht mehr so recht in die Zeit der Aufklärung durch Informationen des 21.Jahrhundert zu passen.

    Das es für die gewaltfreien Lösungen der zunehmenden europäischen Probleme der Mitgliedsländer in der Umwelt-, Sozial-, Arbeit-, Kultur- und Bildungspolitik auch kleine Pflanzen der Hoffnung auf demokratischen Wandel gibt, zeigen uns doch auch die autonomen, selbstständigen und vor allem die selbstverantwortlichen Initiativen der Solidarität, der gewaltfreien demokratischen Bürgerbewegungen, der regionalen Genossenschaften, der Kooperationen der Mitarbeiter/innen Unternehmen der Sozialwirtschaften und die Kollektive der Denkhäuser der nachfolgenden Generationen.

    Das die europäischen Bevölkerungen der kleinen ebenso wie die der großen Nationen gleichermaßen aus den Fehlern der Geschichte lernen und sich in ihrem Verständnis von demokratischer Zukunft zu einem Lobbyverbund weitentwickeln können ist doch seit der Gründung der Vereinten Nationen oder der Europäischen Union unbestritten.

    In Europa zu mindestens steht es uns doch immer noch frei, sei es nun auf parlamentarischen oder außerparlamentarischen Wegen, alle demokratisch verbrieften Rechte mit allen verfügbaren juristischen und politischen Mitteln vor den zuständigen nationalen wie den Europäischen Gerichten einzuklagen.

    Voraussetzung ist doch nur ein Zusammenschluss derer, die sich der Ausbeutung des Menschen, der Natur und der Tiere entgegenstellen und sich zu nationalen und europäischen Lobbyverbunden die seinesgleichen suchen vereinen?

  • Er müsste von seiner Macht, die Regierung insgesamt von ihrer Macht abgeben.



    Er müsste den Menschen endlich wirklich entgegenkommen – und nicht nur die geplanten|zurückgezogenen Entscheidungen v e r s c h i e b e n.



    Und das wird er nicht tun (wollen). Er steht in der Pflicht – den Reichen gegenüber, zu denen er ja selbst gehört.



    M. E. haben wir inzwischen Bürgerkrieg in Europa, denn die, die die Macht innehaben, werden diese nicht mehr auch nur einen Zentimeter breit abgeben.



    Warum auch? Sie h a b e n ja die (All-)Macht. Sie können beschließen und machen, was s i e wollen. Über die Köpfe der normalen Bürger hinweg – egal, was sie vor der Wahl „versprochen“ haben.



    Es wird sich erst etwas ändern (lassen), wenn die Bürger Europas begreifen, dass mit dem Versuch, die eigenen kleinen Pfründe zu schützen, weder Veränderungen noch Gerechtigkeit zu bewerkstelligen sein werden. Von Klimaschutz gar nicht zu reden!



    So lange die Reichen alles, was sie sich zusammengerafft und der arbeitenden Bevölkerung weggenommen|vorenthalten haben, auch behalten dürfen – sprich keine|kaum Steuern zahlen müssen – wird sich nichts ändern.



    Den Rest erledigen Provokateure aus den eigenen Reihen (bzw. angeheuerte Provokateure) und die Mainstream-Medien, die über alles kritisch berichten dürfen, so lange die Macht der Herrschenden nicht Frage gestellt oder gar neu verteilt werden soll… so einfach zu durchschauen und doch so unerreichbar weit weg…



    Lesenswerte Analyse:



    www.nachdenkseiten.de/?p=47582