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Finanzphilosophie FrugalismusKnausern für die Rente mit 30

Sie suchen Glück in Genügsamkeit und sparen, um nicht mehr arbeiten zu müssen. Die Bewegung stammt aus den USA und verbreitet sich im Netz.

Frugal: Stulle Foto: Imago/ Westend61

BERLIN taz | Wenn der Mann im blauen T-Shirt über Spartricks spricht, ist er schwer zu bremsen. Er blickt auf seinen vorbereiteten Zettel und erzählt: Er, seine Frau und seine zwei Kinder trinken Leitungswasser und Tee und leihen Bücher aus der Bibliothek. Sie kaufen gebraucht, urlauben in Jugendherbergen, sein Handy verbraucht keine 10 Euro im Jahr. „Wir finden, wir verzichten nicht“, sagt der 31-Jährige.

Arm ist er nicht. Der IT-Doktorand und seine Frau kommen auf 3.500 Euro netto im Monat, demnächst mehr. Auf ihren Konten liegen 124.000 Euro, zwei Drittel in Aktien. Sie haben sich bewusst für einen ex­trem sparsamen Lebensstil entschieden. Ihr Ziel ist es, in rund 15 Jahren finanziell ausgesorgt zu haben und nicht mehr arbeiten zu müssen. Dann wäre er Mitte 40. Es klingt irre, doch bei einigen hat es geklappt. „13 Jahre zur Schule gegangen, aber so was erzählt einem keiner“, sagt der Berliner, der wegen der Offenlegung seiner Finanzen anonym bleiben möchte.

Er ist Teil einer Bewegung, die sich über US-Blogs nach Deutschland verbreitet. Es ist eine radikale Idee, die das vorherrschende Konzept eines Arbeitslebens bis 67, wie für ab 1964 Geborene beschlossen, auf den Kopf stellt. Der Preis dafür ist, das eigene Konsumverhalten massiv einzuschränken, die Ersparnisse konsequent zu investieren und, umgeben vom Luxus anderer, jahrelang als spartanischer Abweichler zu leben.

In den USA firmiert die Strömung unter den Begriffen „Fire“ (kurz für „Financial independence, retire early“) und „Mustachianism“ (nach dem Vordenker, dem Blogger „Mr. Money Mustache“). Es geht um Frührente, aber kein deutscher Blogger würde ein so nach Gehwagen klingendes Wort je groß auf seine Wordpress-Seite schrei­ben. In Deutschland eta­bliert sich gerade als Schlagwort „Frugalismus“; „frugal“ heißt „spärlich“. Größter hiesiger Fire-Blog ist Frugalisten.de. Das sinkende Vertrauen in die kopflose Rentenpolitik beschleunigt die Verbreitung der Idee.

30 bis 80 Prozent sparen

Es ist eine Lebensphilosophie, die Glück sucht in Genügsamkeit, Konsumverzicht, Ressourcenschonung, Do it yourself, Gesundheitsbewusstsein, Minimalismus und Befreiung vom wirtschaftlichen Zwang zur Arbeit. Ihr Ziel ist nicht die Hängematte oder das volle Konto an sich, sondern die Freiheit, zu tun, was man möchte. Frugalisten wollen dem wachsenden Druck in Karrierejobs entfliehen und unabhängig über ihre Lebenszeit entscheiden. Als Privatiers arbeiten die meisten dann weiter, selbstständig, Teilzeit oder ab und zu – zu ihren Bedingungen.

Aber wie soll es rechnerisch gelingen, mit 30, 40 oder 50 in Rente zu gehen statt mit knapp 62 wie im deutschen Schnitt? Vereinfacht gesagt, befolgen die Fire-Anhänger einen Satz: Lebe unter deinen finanziellen Möglichkeiten und investiere die Differenz zwischen Einkommen und Ausgaben. Die Differenz ist die Sparquote. Den 3.500 Euro Einkommen der Doktorandenfamilie stehen zum Beispiel 2.300 Euro Ausgaben gegenüber. Ihre Sparquote ist also 34 Prozent (1.200 Euro). Viele Frugalisten legen mehr auf die Seite, 40 bis 80 Prozent des Gehalts. Je höher das Gehalt, desto einfacher eine hohe Sparquote. Je höher die Sparquote, desto schneller Frührente. Und je niedriger das Startalter, desto besser die Chancen.

Ihr Ziel ist nicht die Hängematte oder das volle Konto an sich, sondern die Freiheit, zu tun, was man möchte

Das Gros des Ersparten investieren sie in passive Aktienfonds (ETFs), meist auf den Industrieländer-Index MSCI World. Von 1970 bis Ende 2017 erreichte er laut Finanztip im Schnitt 7 Prozent Rendite im Jahr. Ein Pendant mit dem Fokus auf ethischer Anlage ist der MSCI World Socially Responsible. Dividenden reinvestieren sie für den Zinseszinseffekt, kaufen stets nach und ­halten („buy and hold“).

Eine grobe Faustformel hilft ihnen bei der Planung ihres passiven Einkommens: die 4-Prozent-Regel. Sie gehen davon aus, dass sich ab Rentenbeginn jährlich bis zu 4 Prozent der Anlage auszahlen lassen, ohne dass sie ausgeht. Das Konzept beruht auf zwei Studien aus den Neunzigern für Aktien-Anleihen-Mischportfolios für 30 Rentenjahre und wird seitdem für längere Dauer angepasst. Unwägbarkeiten bleiben, etwa zukünftige Renditen. Die Frugalisten sehen das entspannt: Sie können ja hinzuverdienen.

Die 4-Prozent-Regel hat einen weiteren Nutzen. Im Umkehrschluss errechnen sie mit ihr, welches Vermögen sie für den Ruhestand anstreben. Ihre Kalkulation: Wer das 25-fache der Jahresausgaben besitzt, kann sich jährlich 4 Prozent dieser Anfangssumme auszahlen. Für den Doktoranden bedeutet das: Bei monatlichen Kosten von 2.300 Euro muss die Familie 690.000 Euro anhäufen, das 25-fache ihres Jahresbudgets. Sie könnte sich der Theorie zufolge dann bis zu 4 Prozent im Jahr entnehmen, 27.600 Euro, im Folgejahr plus Inflationsrate.

„Werde Teil der Sekte“

Diese Rechenart populär gemacht hat Peter Adeney. Er ist Wegbereiter der Bewegung und besser bekannt unter seinem Blogger-Alias „Mr. Money Mustache“. Das Magazin The New Yorker erklärte den in den USA lebenden Kanadier zum „frugalen Guru“ und zur „menschlichen Optimierungsmaschine“. Für seine Website schrieb er sein kurzes Erwerbsleben auf: Mit 30 hatte er genug zurückgelegt, um die Arbeit als Softwaretechniker hinter sich lassen zu können – ohne Erbschaft oder Lottogewinn. Seinen Weg dorthin legte er so provokant offen, dass er fanatische Anhänger gewann. Adeney nennt sie ­„mustachians“ und wirbt: „Werde Teil der Sekte“.

13 Jahre ist er nun in Rente. Interviews gibt er kaum noch, auch eine taz-Anfrage blieb unbeantwortet. Sein Blog bringt ihm nach eigenen Angaben Hunderttausende Dollar im Jahr ein, US-Aktien gingen seit 2009 steil nach oben. Er bezeichnete sich, seine Frau und seinen Sohn als „Multimillionärfamilie“. Dennoch belassen sie es seiner Aussage nach beim Familienbudget von ca. 25.000 Dollar im Jahr. Sein Mantra: Verlangen nach Luxus ist eine Schwäche, die dem Glück im Weg steht.

Seine zweite Mission heißt Umweltschutz und ist eng mit der ersten verbunden. Geld ausgeben heißt für den Autogegner, der Natur zu schaden. Auch der Berliner Doktorand betont das ökologisch-soziale Element des Frugalismus und lobt Aktienbesitz als Beteiligung von Bürgern an Unternehmen: „Irgendjemandem müssen Firmen doch gehören.“ Er wählt die Linke.

Nicht alle begeistert Fire. Ein Einwand ist, das Prinzip funktioniere nur bei hohem Gehalt. Die meisten Frugalisten arbeiten im IT-Sektor, verdienen gut, sind Männer. „Jeder mit mittlerem Einkommen kann es schaffen“, sagt der Doktorand. Im Netz kursieren Fire-Rechner zur Frage, ab wann mit welchem Lohn Rente möglich sei.

Der Finanzmedienkonzern Bloomberg warnt, Frugalisten könnten „genauso enttäuscht enden wie Sparer, die auf dem Höhepunkt der Dotcom-Blase imstande waren, in Rente zu gehen – bis sie platzte“. Blogger Holger Grethe beklagt, vielen fehle die Lust am Job. „Was für ein Bild von Arbeit muss man haben, dass man schon nach einem Exit sucht, bevor man überhaupt ein paar Jahre Geld verdient hat?“

Besonders aufgewühlt hat die Frugalisten die Kritik eines Mannes, auf dessen Anlagemethode sie sich oft berufen. Buchautor Gerd Kommer wettert im Blog seiner Vermögensverwaltung: „Entbehrung und Geiz werden zur ‚Unabhängigkeit‘ aufgehübscht; die ferne Zukunft wird als wichtiger bewertet als die Gegenwart; und Arbeit als Angestellter wird als Gefängnis dargestellt, aus dem man entkommen muss.“ Er warnt, der Freundeskreis könne bei solch einer Lebensweise schrumpfen.

Den Berliner Doktoranden hat das „total aufgeregt“. „Wenn Sparen bedeutet, Freude auf später zu verschieben, macht man etwas falsch.“ Er will auch dann weiter frugal leben, wenn alles klappt und er in 15 Jahren ausgesorgt hat. Vielleicht mache er sich dann selbstständig oder öfter Urlaub. Vor allem wünscht er sich eines: „Ich hoffe, unglaublich entspannt zu sein.“

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36 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ich verstehe immer nicht, warum man das überhaupt will? Mit 30 in Rente gehen?

    Wenn man etwas findet, was einem Spaß macht, ist es doch ganz gleich, wie alt man ist und womit man Geld verdient. Sobald man wirklich gut in einer Sache ist, wird das Geld dazu kommen. Irgendwann. Man muss nur einen Sinn für die Entwicklung von Geschäftsmodellen entwickeln.

  • Ich kann es bei Drohnen (Supermarkt, Amt, Handwerr, Büro, Pflege...) deren Eltern das Leben ihres Kindes "kotegal" war (Ich schätze 70, 80... Prozent) verstehen, wenn die früh nicht mehr arbeiten wollen. Aber was macht der IT-Doktorand dann? Denn das ist ja eher keine der reinen Erwerbsarbeiten die praktisch jeder kündigen würde, der zu viel Geld kommt.



    Ich gehe da eher davon aus, dass er privat ohne, aber auch mit Gewinnerzielungsabsicht das Eine oder Andere macht.



    So wie Musk nach dem Verkauf von PayPal.

  • Hallo nochmal...

    Ich habe mal gerechnet was Wasser aufsprudeln kostet.



    Ich gabe es waren um 11C oder etwas mehr pro Liter.



    Mit einer großen 10 oder 20l Flasche CO2 unter einem Cent.



    Das wäre also was, damit auch Frugalisten "Sprudelwasser" trinken können.



    Auch wenn ein Wasser nicht besonders schmeckt (Kölner Wasser ist nicht so gut, wie z.B. das Wiener Wasser), sprudelnd geht der Eigengeschmack unter.



    Und man kann natürlich noch vorher filtern.

    Tee trinken auch nicht sparsame Menschen, und Bücher leihen sowieso.



    Und heute gibt es auch noch Mordkopien ;-) .

    Mir sind Jugendherbergen schon zu teuer. 27-40 Euro pro Nacht? Gehts noch?



    Ich bin kein echter "Frugalist", aber wenn ich mit dem Auto unterwegs wäre, und schlafen müsste, würde Ich eher im Auto hinten schlafen, als auch nur 5 Euro die Nacht zu bezahlen. Mit dem Roller habe Ich mich in Montur lieber ins Gebüsch gelegt als den Abzockern zig Euro pro Nacht zu verschaffen.



    Nicht mal mit Abendessen und Frühstück wäre das OK.

    Ich wünsche mir dass das eine richtige Mode wird.



    Man stelle sich vor nur 10% würden das machen. Der Staat würde es bemerken, unbd evtl. mal kommentieren.



    Aber negativ?



    Da entziehen sich Menschen dem erwünschten generieren von STeuern und Sozialkassenfüllung. Geben evtl. auch danach weniger aus als "normale" Menschen.



    Denn laut Rechner kann ein Supermarktangestellter auch nach 10 Jahren nach Ausbildung in den Ruhestand gehen.

    Das könnte auch im Ausland sein, um dem Dt. Staat keinerlei Gelder mehr zukommen zu lassen.

    Sind 3500 Netto ein "Geheimnis"?



    Sind 124.000 Buchgeld "peinlich"?



    In Schweden könnte Ich mir mit seinem Namen und Adresse die erste Seite seiner Steuererklärung kommen lassen...

    "Mitte 40" ist schon recht spät für Frugalisten.

  • Gerd Kommer hat evtl. Interesse an Reisen, Alkohol, Balzen, Konzerten, "Ausgehen", Schmuck etc.



    Nimmt evtl. an, dass wer das nicht macht, die sicher nur aus Armut oder Geiz macht.



    Absolut unvorstellbar dass jemand mit evtl. einer Mrd. auf dem Konto kein Interesse an diesen Dingen hat.



    Dass man auch mit 1Mrd evtl. auf 60m² wohnt, wobei das gegenüber den ausreichenden 30m² Luxus ist.



    Ein extra Raum nur für VR wäre da z.B. der Luxus.



    Das bedeutet man schläft trotzdem im "Wohnzimmer", und nutzt den anderen Raum nur für VR ;-) .

    Ja, alles was man nicht aus hobbyhaftem Interesse studiert (Lehrberufe sind praktisch zu 100% Gefängnisse) ist ein "Gefängnis".



    Alles was man aufgäbe, wenn man zu viel Geld käme, IST mies.



    Sonst würde man es ja nicht aufgeben.



    Lieber ein "Sheldon Cooper" mit in Deutschland evtl. €4000 vor Steuer (keine Ahnung), als ein Alice Cooper mit evtl. 65Mio pro Jahr...



    Und in der Serie hält "Leonard Hofstetter" die rund 60.000 Dollar die "Sheldon Cooper" zusammen bekommen könnte für "viel".



    Für einen Weltklasse-Physiker. Keine Ahnung was eine solche Wohnung in dieser Straße in Pasadena kostet. Die ist ja real...

    Auf solche "Freunde" wie der Herr Kommer sie erwähnt kann man echt verzichten.

  • Dieses Modell ist ein Luxus. Die meisten Menschen müssen hart, viel und ausgiebig arbeiten, um überhaupt ein Rentenniveau zu schaffen, mit dem sie gut leben können, ohne Luxus aber, eher bescheiden. Mancher wird auch in eine Kleinstadt ziehen, um die Mietkosten zu senken. Ich finde die Idee zumindest von einem Punkt aus gut, die Arbeitnehmer sind dann ab 35 oder 40 nicht erpressbar durch den Arbeitgeber, weil sie sogar zu diesem Zeitpunkt aussteigen könnten. Das hat was. Aber es erscheint mir auch eine Luxuslösung zu sei.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Da spart und knausert also einer schlimmer als der schlimmste Schwabe, spielt Armut und Entbehrung, was anderer Leute täglich Brot ist, ohne dass die viel daran ändern können.

    In einer Dokumentation haben sie mal einen gezeigt, der Flüssigseife verdünnt um sie zu strecken. Und verdünnt und verdünnt.

    Vielleicht kann man ja auch Klopapier mehrmals verwenden.

    So ein Scheiss.

  • Klingt nach selbst organisiertem Bedingungslosem Grundeinkommen, selbst finanzierter Rente, selbst finanziertem H4. Wenn man sich diese Freiheit nehmen will, warum nicht?

  • Das Ideal des fleißigen Arbeiters ist anscheinend so tief verwurzelt, dass die Freiheit der Lebensgestaltung ohne Abhängigkeit von einem Arbeitsverhätlnis als Horrorvision erscheinen muss.



    Es gibt aber auch nicht eingebildete Probleme mit den Konzept. Zum einen muss man sich eingestehen von Kapital zu leben das jemand anderes erwirtschaftet, also leistungslosen Einkommen. Zum anderen fehlt alles angesparte dem Wirtschaftskreislauf. Für die Binnenwirtschaft ist sparen genauso schädlich wie Lohnsenkungen. Ein paar Fruigalisten werden da natürlich keine messbare Auswirkungen haben. Dennoch kann man, denke ich, Freuigalismus nicht gut heißen wenn man Superreiche kritisiert.



    Es ist ein ehrenwertes Ziel, aber leider zu kurz gedacht.

    • @mallm:

      Hier wird durch sparen nichts dem Wirtschaftskreislauf vorenthalten wie Sie schreiben, denn von denen entzieht niemand der Wirtschaft das Geld und legt es unters Kopfkissen.

      Das Gegenteil ist der Fall. Die stellen Ihr Kapital den Kapitalgesellschaften zur Verfügung!

      Investition vs. Konsum.



      Sie sollten die Dinge zwingend auseinanderhalten.

      • @Tom Farmer:

        Es ist ein Unterschied direkt bei z.B. einer großen amerikanischen Firma zu investieren oder eines ihrer Produkte bei einem Händler in der Umgebung zu kaufen.

  • Zitat: „Was für ein Bild von Arbeit muss man haben, dass man schon nach einem Exit sucht, bevor man überhaupt ein paar Jahre Geld verdient hat?“

    Ein eher realistisches, schätze ich.

    In einer Gesellschaft, in der die größten Unternehmen Menschen gehören, denen maximaler Profit zum Zwecke maximaler Macht und maximalen Konsum über alles geht, sind Arbeit (i.S. einer abhängigen Beschäftigung) und Glück schlicht unvereinbar. Wer als autoritär sozialisierter, machtfixierter Egomanen ein total verborgenes Belohnungssystem hat, ist schlicht kein guter Arbeitgeber für Menschen, deren Belohnungssystem noch halbwegs intakt und unverbogen ist. Entspannung kommt in solchen Beziehungen selten auf. Wer das früh realisiert, will eher raus.

    Ich kenne Gerd Kommer zwar nicht persönlich und habe nie etwas von ihm gelesen, aber ich kann mir gut vorstellen, dass sein Vermögensziel ein völlig anderes als das der Frugalisten. Nein, Geiz ist nicht geil. Aber was als Einschränkung empfunden wird und was als Befreiung, ist ausgesprochen individuell. Das kann man sich nicht vorschreiben lassen von anderen.

    Im Übrigen muss nicht jeder mit jedem befreundet sein. Wer einsam ist als Frugalist, der hat ja vielleicht bloß die falschen Freunde gehabt. Warum auch immer. Vielleicht, hat er erst spät realisiert, was Arbeit heißen kann unter der Knute eines waschechten Kapitalisten.

    Ach ja, eins noch: Wer sich seiner Sache sicher ist, der braucht sich nicht aufwühlen zu lassen von Menschen, die andere Ansichten vertreten als er selbst. Am besten geht es Mutter Erde schließlich, wenn alle ihre Kinder glücklich sind. Und wie er glücklich wird, kann nur jeder Mensch selber herausfinden, und zwar für sich allein, nicht auch für alle anderen.

  • Hedonismus.

  • Frugalismus hat sowohl positive als auch problematische Seiten.

    Es ist zunächst einmal gut, wenn mehr Menschen merken, dass ungehemmter Konsum weder sinnvoll ist noch glücklich macht. Und das auch vorleben. Ein Wandel zu einer nachhaltigeren Gesellschaft wird erst dann gelingen, wenn die mentale Verknüpfung zwischen maximalem Konsum und gutem Leben gelockert wird, auch jenseits konsequent ökologieorientierter Milleus.

    Gleichzeitig ist das ganze natürlich ein Luxusphänomen, sowohl innerhalb unserer Gesellschaft als auch erst recht global betrachtet.

    Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung, der - wenn er sich weiter verbreitet - unter Umständen mehr erreichen kann als politischer Aktivismus bzw. diesen ergänzen kann. Ansätze wie Degrowth können erst mehrheitsfähig werden, wenn sich in weiten Teilen der Gesellschaft die Einstellung zu Konsum und Überfluss wandelt. Dafür kann Frugalismus eine Hilfe sein, selbst wenn er von vielen ihn ausübenden aus rein egoistischen Motiven praktiziert würde.

  • Also die Idee ist genug an zu sparen und zu investieren und dann von der Rendite zu leben (Wenn auch sparsam).



    Das nenn ich kleinkapitalismus.



    Leistungsloses Einkommen wenn man genug hat.



    Kein Unterschied zu miethaien.

    • @Demokrat:

      Um dieses "leistungslose Einkommen" zu erzielen muss man vorher recht viel leisten, damit man soviel Geld zusammen bekommt? Wo ist das Problem? Und was die Alternative, wenn man mit 35 nicht mehr arbeiten möchte?

    • @Demokrat:

      Was wäre, wenn die Mieter von Vonovia alle Aktien des Unternehmens hielten?

      • @Gregor Tobias:

        Volkseigener Betrieb - VEB Vonovia

      • @Gregor Tobias:

        Selbstausbeutung?

  • Frugalisten aller Länder vereinigt euch.

    “Der Preis dafür ist, das eigene Konsumverhalten massiv einzuschränken, die Ersparnisse konsequent zu investieren und, umgeben vom Luxus anderer, jahrelang als spartanischer Abweichler zu leben.…“

    Schon der ollo Erich Ponto schrieb als Professor Crey („Schnauz“) - an sing Söhn - na Karta aus Sparta - nach nur einem wönzigen Schlock der Blutsuppe



    (plattdeutsch Swattsuur;) - ;)



    & Däh! “See - See haben meine schööne Oberpreema vergifftet!“ - “Noor einen wöönzigen Schlock - Herr Deeröktor!“;)

    “Lieber Fritz - Stehe hier auf dem Taygetos-Felsen. Von dem die Spartaner ihre mißratenen Söhne & Weichlinge hinabstürzten!



    Bedaure - daß du nicht hier bist!“



    “ps - Wäär ist groß E•?“

    Frugalisten* - Mach Bosse.



    kurz - Empfehle “Frugantoletten“ **

    unterm——aber suboptimal sowasvon



    *fru·gal frugál/ Adjektiv



    (in Bezug auf die Lebensweise, besonders in Bezug auf Essen und Trinken) einfach, bescheiden; nicht üppig "ein frugales (einfaches, aber gutes) Mahl" + rechtsgedrehtes Wasser.



    &



    ** Frugantoletten - ein bescheidenes Abführmittel aus dem Reformhaus.



    Biologisch voll abbaubar.



    Was einst meine Oma nahm.



    Leider vom Markt genommen - wohl wg der feinen Kombi von frugál & Toiletten. = “Ich sag dir dess.



    Den Klacks - den ich ess.



    Nu. Hörstes - Klacken*¿*



    Den. Kann ich auch kacken.



    &



    Denn Rest - Investier ich - All best!“;))

    Na Mahlzeit - echt voll bescheiden!;))

    ps Der VerfassungsfeindGefährder -



    Dr. Helmut Bimbes Kohl - hatte zur “Jugend von heute“ - nach Lesen von “Der Mond ist aufgegangen“ von Matthias Claudius*** - einst noch unnachahmlich anzumerken gewußt:



    “Die denken ja schon mit 30 an die Rente!“ - Mensch Birne. Sach an!



    Tja - auch hier irrte der Herr Tubbes.



    Ha no.Schon inne Kita - allerspätestens.



    Newahr. Normal & Gellewelle.



    Njorp.

    ——*** Bitte Herr Dieter Hildenbrandt



    www.youtube.com/watch?v=dnqKwGetjz4

  • Lächerlich! Das was hier Frugalisnus bezeichnet wird ist absoluter Alltag in armen Ländern. Viel zu haben und sich künstlich arm zu machen weil man dann später bloß nicht mal was machen will finde ich dumm.

    • @Sincere:

      Oh, ich glaube fast, Sie haben den "Witz" an der Idee nicht verstanden.

      Arme Menschen werden zum Sparen gezwungen. Nicht nur in armen Ländern übrigens. Reiche hingegen können sich freiwillig dafür entscheiden. Deswegen ist ja die Idee, reich zu werden so beliebt.

      Im Übrigen geht es beim Frugalismus nicht darum, "später bloß nicht mal was machen" zu wollen. Es geht darum, halbwegs frei entscheiden zu können, wann man was wie tut. Aber ich glaube, das können Menschen, die aus irgendwelchen Gründen auf Befehlsempfang eingestellt sind, schlecht begreifen. Dass das Leben leichter ist, wenn man es nicht vorgeschrieben kriegt, haben sie ja nie erlebt.

  • Zitat: "Vielleicht mache er sich dann selbstständig oder öfter Urlaub. Vor allem wünscht er sich eines: „Ich hoffe, unglaublich entspannt zu sein.“"

    Klingt für mich nach Grundeinkommen in unsolidarisch. Das ist echt der Spirit des 21. Jahrhunderts: Auf der einen Seite hat man ein paar wenige, die das gute Leben gemeinsam, solidarisch und nachhaltig realisieren wollen (zum Beispiel durch Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens; gibt aber auch andere Ansätze). Und dann hat man Leute, die genau die gleichen Vorstellungen vom guten Leben haben, aber denen es völlig egal zu sein scheint, ob nur sie das haben oder auch alle anderen. Klingt für mich genau nach der Definition von politisch links (erst strukturell, dann individuell) und rechts (erst individuell, dann möglicherweise auch für die anderen) von Deleuze.

    • @user21617:

      Solidarisch wäre es, wenn das Geld von anderen käme schließe ich daraus. ;-)

    • @user21617:

      Irrtum. Der Unterschied zwischen Grundeinkommen und Frugalismus könnte grundlegender nicht sein.

      Das Grundeinkommen ist eine Art Gnadenbrot des Staates für Esel, die sich durchfüttern lassen wollen, eine fremdbestimmte Alimentierung. Frugalisten brauchen keinen Staat, der ihnen etwas gibt, was er zuvor anderen Menschen mehr oder weniger gewaltsam abgenommen hat.

    • @user21617:

      Das kann ich so nicht sehen.



      Grundeinkommen/Sozialleistungen sind erst dann solidarisch und nachhaltig, wenn Sie (allen) Bedürfnissen gerecht werden und dauerhaft und sicher ausbezahlt werden können. Ich bin der Meinung, dass das nur in Verbindung mit einer erfolgreichen Wirtschaft gehe kann die auch Gewinne macht und Steuern abführt.



      Die Wirtschaft kann nur mit Bereitsstellung von (Eigen)Kapital funktionieren.



      Wir können nun wählen: Macht das eine dünne Oberschicht und wird fetter oder wollen wir uns nicht Gedanken darüber machen als Gesellschaft möglichst breit von einer Kaiptalverzinsung zu profitieren. Da haben argumentativ die Frugalisten die Nase vorn.

  • "Wie das?"

    Ich nehme an das bezieht sich auf die externen Umstände vor denen @franco angst hat... durch politischen Wandel zum Beispiel. Regulatorien haben in den vergangenen Jahren die (steuerliche) attraktivität bestimmter ETF bereits einmal reduziert.

    Oder es könnte zu einer massiven, weltweiten Krise/Marktkorrektur, wie 2008 kommen. Das ist für einen normalen Anleger erstmal kein Problem. Der lässt es liegen (wenn er die Nerven hat) und wartet bis es wieder bergauf geht. Wenn man aber von seinen Rücklagen lebt und diese sich für ein, zwei Jahre um 50% reduzieren dann ist das echt scheiße.

    Wenn die Bank pleite geht ist das egal,... ist Sondervermögen.

  • Wer es etwas entspannter angeht kann das ganze auch in 25 Jahren ohne große Knauserei schaffen. ETF, P2P Kredite und Bauträger-Kredite sind die einfachsten Methoden und skalierbar. Der Aufwand pro Monat beträgt nach einer einmaligen Einarbeitung um die 5 - 10 Stunden. Die Rendite liegt, je nach Risikobereitschaft, zwischen 5% - 11% per anum, gemittelt auf 10 Jahre. Gold ist generell eher keine Tolle Idee, kann aber zur Diversifizierung in geringem Anteil nicht schaden.

    Ein großer Vorteil ist auch das es sich bei diesen Anlageformen um Sondervermögen handelt. Sprich selbst wenn die Bank pleite geht bei der man sein Depot hat geht einem kein Cent verloren.

    Am effektivsten ist (wenn auch grade keine gute Zeit um einzusteigen) das vermieten von Immobilien, die mit einem hohen Anteil an Fremdkapital finanziert werden. Da kann man auf das Eigenkapital horende Renditen erzielen. Das bringt (Wenn man es nicht vergeigt) Steuervorteile und den Großteil der Rückzahlung übernimmt der Mieter. Ist aber natürlich nicht so entspannt wie die erstgenannten Alternativen.

    Auf diese Weise kann jeder Durchschnittsverdiener genug erwirtschaften, damit seine Kinder, nachdem er selber bis zur Rente gearbeitet hat, nie arbeiten müssen. Allerdings jammern die meisten Menschen lieber über das unfaire System und fliegen in Urlaub, anstatt mal ein paar Jahre die Arschbacken zusammen zu kneifen.

    • @Januß:

      Ja wie*¿* “…Arschbacken zusammenkneifen…“

      Dacht ich’s mir doch.



      “Klemmis aller Länder vereinigt euch!“

      unterm—-



      Glückwunsch zum neuen Fotto



      (www.taz.de/!ku42977/)



      kurz - Bis zu Kenntlichkeit entstellt.

      Na Servus

      (Ming Mouder*04 - hatte für solch geistige Luschen gern dess parat:



      “Ja ja - Der Adel hält auf Taille!



      Nur der Pöbel frißt sich satt!“



      & klar - Bruno Paul - Bei Stinnes - *



      “Wissen Sie, den Streik hätten wir bald hinter uns, wenn das Gesindel nicht so ans Hungern gewöhnt wäre.“ -

      Na Mahlzeit

      ———*



      de.wikipedia.org/wiki/Hugo_Stinnes



      “…Da er von der Nachkriegsinflation durch die aggressive Fremdfinanzierung seiner Unternehmen stark profitierte, ist er auch als Inflationskönig in Erinnerung.…“



      Na bitte. Geht doch.

  • .... auch wenn wenig verbraucht/beansprucht wird, es bleibt ein parasitäre Lebensweise. Nur 10 oder 15 Jahre arbeiten und davon dann 70 oder 80 Jahre leben wollen, ist nicht wirklich sozial (und wahrscheinlich auch nicht sehr sinn-stiftend).

    • @TazTiz:

      Inwiefern ist es parasitär, später von seinem eigenen Geld leben zu wollen, das man selbst gespart hat?

    • @TazTiz:

      Warum nicht?



      Er hat es ja selbst erwirtschaftet und lebt dann davon, das Geld anderen zur Verfügung zu stellen die es brauchen.

      Abgesehen davon wollen die Frugalisten ja nicht unbedingt nichts mehr tun. Sie wollen nur nicht mehr in einem Angestelltenverhältnis (fremdbestimmt) arbeiten. Der IT Doktorant wird vermutlich hinterher genauso in der IT arbeiten, ich gehe zumindest davon aus, dass er die Branche aus einer gewissen Leidenschaft heraus gewählt hat. Nur eben nicht als Rädchen im Getriebe, sondern selbstbestimmt das tun was er gerne möchte.

    • @TazTiz:

      Anteile an Unternehmen besitzen ist parasitär? Man kann durchaus Kritik daran üben wie Kapital Reichtum vermehrt aber der Aktienmarkt hat zweifellos zum Geweinwohl beigetragen.

  • Eines muss allerdings in die Berechnung einbezogen werden: Die Gefahr, bei dieser Lebensweise steinalt zu werden, ist enorm hoch.

    • @Gregor Tobias:

      Bei 4 Prozent Rendite nach inflation könnte man theoretisch ewig davon zehren. Das Risiko welches ich sehe ist dass das Vermögen durch äußere Umstände vernichtet wird und man dann keine Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt hat und keine Rente in Sicht, in den USA bedeutet das dann auf der Straße wohnen.

      Da suche ich mir doch lieber eine Tätigkeit die ich gerne mach und sinnstiftend finde und reduziere dann evtl die Arbeitszeit

      • @Franco:

        Da stimme ich ihnen zu. Nur ist es nicht ganz unproblematisch, eine sinnstiftende Tätigkeit zu finden, von der man leben kann. Zu dem wird manchmal auch diese Möglichkeit durch äußere Umstände wie Krankheit beendet.

      • @Franco:

        Wie das?



        Solange Sie arbeiten bleibt für den Firmenbesitzer (Aktionär) was übrig.



        Äußere Umstände treffen den kleinen Mann mehr als den Der das Geld hat. Und die FInanzmärkte und Renditen sind auch stabiler als so manche staatliche Rentenkasse.



        Ihr letzter Absatz: Genau das ist das Ziel...der Frugalisten. Machen was Spaß macht ohne Zwang.