Kommentar Messerattacke von Altena: Nationale Hysterie

Der Angriff auf Hollstein ist in Altena nicht die erste fremdenfeindliche Tat. Diesem Wahn mit aller Macht entgegenzutreten, ist das Gebot der Stunde.

Zwei Frauen gehen an einem Döner-Imbiss vorbei

Die Dönerbude, in der Bürgermeister Andreas Hollstein mit einem Messer angegriffen wurde Foto: ap

In was für einem Land leben wir, in dem der Bürgermeister einer sauerländischen Kleinstadt um sein Leben fürchten muss, weil er lieber ein paar Menschen in Not hilft, anstatt auf Abschottung und Ausgrenzung zu setzen? Wie schon der Anschlag auf Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker vor zwei Jahren ist auch die Messerattacke auf Altenas Stadtchef Andreas Hollstein ein Produkt jener vergifteten Diskussion über die „Flüchtlingskrise“ und die angeblich erreichten „Grenzen der Belastbarkeit“.

Der Mann, der Hollstein am Montagabend mit seinem Messer verletzt hat, mag ein Einzeltäter gewesen sein. Aber seine Tat ist trotzdem eine kollektive. Geführt wurde die Klinge von jenen „besorgten Bürgern“, die Flüchtlinge als „Invasoren“ oder „Asylbetrüger“ beschimpfen. Verantwortlich für die Tat sind jene, die so lautstark von „Überfremdung“, „Umvolkung“ oder „Islamisierung des Abendlands“ schwätzen. Mitschuldig sind all die, die Menschen, die sich für eine Willkommenskultur einsetzen, als „Multikultiideologen“ und ­„Deutschlandabschaffer“ verhöhnen. Den Propagandisten des Wortes folgen die der Tat.

Ganze 450 Geflüchtete wohnen derzeit in Altena. Die Stadt bemüht sich vorbildlich um ihre Integration. Dass es Wut erzeugt, wenn eine 17.500-Einwohner-Gemeinde 100 Flüchtlinge mehr aufnimmt, als sie hätte müssen, zeugt von einer gefährlichen deutschnationalen Hysterie. Die Messerattacke auf Hollstein ist nicht die erste fremdenfeindliche Tat in Altena. Bereits vor zwei Jahren gab es einen Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft. Die Täter stammten aus „ganz normalen Verhältnissen“, wie der Bürgermeister damals erschrocken feststellte.

Diesem menschenfeindlichen Wahn mit aller Macht entgegenzutreten, ist das Gebot der Stunde. Nein, das Problem Deutschlands sind nicht die Flüchtlinge, das Problem ist die zunehmende Rechtsradikalisierung von Teilen der deutschen Mehrheitsbevölkerung. Wenn eine Grenze der Belastbarkeit erreicht ist, dann diese.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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