Kommentar Verhältnis Israel-USA: Netanjahu sauer auf Obama
Schon das von Obama eingefädelte Atomabkommen mit Iran hat in Israel für Entsetzen gesorgt. Die jüngste UN-Resolution führt jetzt fast zum Eklat.
G egenseitige Verstimmung und Verärgerung hatten schon seit geraumer Zeit das Verhältnis zwischen Barack Obama und Benjamin Netanjahu geprägt. Hauptgrund war das von Washington herbeigeführte Atomabkommen mit dem Iran – Anlass für den israelischen Premier, sich vor der Wiederwahl Obamas 2012 direkt in den US-Wahlkampf einzumischen. Im Gegensatz zu Obamas Vorgängern konnte Netanjahu diesem sonst nicht gerade zu starkes Engagement in Nahost vorwerfen.
Umso heftiger und wütender ist jetzt Netanjahus Reaktion darauf, dass die „lame duck“ Obama „fünf vor zwölf“ seiner Amtszeit im UN-Sicherheitsrat Pflöcke einhauen half auf dem Terrain der internationalen Nahostpolitik: Der Sicherheitsrat hatte Israels Siedlungspolitik im Westjordanland als völkerrechtswidrig und als Hindernis für den Frieden verurteilt, und die USA hatten sich dabei der Stimme enthalten und nicht – wie so oft zuvor – ein Veto ausgesprochen.
Das Verhalten der USA sei „schändlich“, so Netanjahu, denn „unter Freunden zieht man doch nicht vor den Sicherheitsrat“. In seiner Wut drohte er anderen Sicherheitsratsmitgliedern mit einer Abkühlung der gegenseitigen Beziehungen und zitierte sogar den US-Botschafter zum Gespräch. Mehr noch: Noch nie hat Netanjahu so offen ausgesprochen, dass internationale Konventionen und das Völkerrecht ihm egal seien, wenn es um die Frage der Siedlungen gehe.
Solange das aber offizielle und öffentlich proklamierte israelische Politik ist, kann man die Idee von einer „Zweistaatenlösung“ in die Mülltonne der Nahostdiplomatie werfen. Dort hat sich in den vergangenen Jahren viel angesammelt. Käme nun auch noch der israelisch-palästinensische Konflikt hinzu, dann würde diese Mischung höchst explosiv. Die Außenwelt hat in letzter Zeit in Nahost fast nur versagt, da war die Sicherheitsratsresolution ein kleiner Lichtblick, obwohl sie nur Selbstverständliches bekräftigte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten