Kommentar Muslime im US-Wahlkampf: Trump, eine reale Gefahr

Mit der Beleidigung der Familie eines getöteten Soldaten ist Trump zu weit gegangen. Die Affäre zeigt, wie wenig Respekt und Anstand noch zählen.

Eine Frau mit Schleier und ein MAnn im Anzug, der seine rechte Hans aufs Herz legt. Es sind Khizr und Ghazala Khan

Trump hat schlecht über eine „Gold Star Family“ gesprochen: die Khans, deren Sohn im Irak getötet wurde Foto: ap

Es scheint, als ob Donald Trump diesmal zu weit gegangen ist. Seine beleidigenden Äußerungen gegen das Ehepaar Khizr und Ghazala Khan haben in den USA einen Sturm der Kritik entfacht – ungewohnt für den Kandidaten, der sich bislang jeden Fehltritt erlauben konnte, ohne dass es ihm geschadet hätte.

Nicht nur politische Gegner aus dem Demokratischen Lager kritisieren Trump, auch republikanische Parteifreunde gehen zu ihm auf Distanz.

Nicht seiner andauernden rassistischen und islamophoben Beleidigungen wegen steht Trump jetzt in der Kritik. Die sind im Gegenteil Grundbestandteil seiner Kandidatur und haben ihm sogar geholfen, bei den republikanischen Vorwahlen den Sieg davonzutragen.

Jetzt aber hat der Kandidat an einem Tabu gerührt: Er hat es gewagt, schlecht über eine „Gold Star Family“ zu reden – eine Familie also, deren Sohn als US-Soldat im Krieg getötet wurde. Captain Humayun Khan war 2004 im Irak ums Leben gekommen.

Ständige kollektive Beleidigung

Es stößt bitter auf, dass es eines solchen Schicksals bedarf, um als (muslimisches) Individuum in Schutz genommen zu werden, während die Öffentlichkeit die ständige kollektiven Beleidigung einer Religionsgemeinschaft akzeptiert. Die Khan-Affäre zeigt, wie weit sich der öffentliche Diskurs inzwischen von Grundregeln des Respekts, der Toleranz und des Anstands entfernt hat. Und das nicht nur in den USA.

Es zeigt aber auch, wie vollkommen daneben all jene liegen, die derzeit Leserkommentarspalten auf Newsseiten – auch bei taz.de – mit der Ansicht füllen, es sei vollkommen egal, ob nun Trump oder Clinton die Wahl gewännen, es werde sich ohnehin nichts ändern. Und man solle am besten Jill Stein von den Grünen die Stimme geben. Die sei die einzige, die nach Bernie Sanders' Ausscheiden noch ein linkes Programm habe.

Das gleiche Argument, die beiden großen Parteien seien doch gleichermaßen von Lobbyinteressen unterwandert, brachte bei der Wahl 2000 George W. Bush an die Macht, weil der Grüne Kandidat Ralph Nader dem demokratischen Kandidaten Al Gore die entscheidenen Stimmen wegnahm.

Wer im Nachhinein, nach Afghanistan- und Irakkrieg, nach CIA-Geheimgefängnissen, Folter und Guantánamo meint, das sei unwichtig gewesen, ist nicht ganz bei Trost. Es wäre schön, wenn angesichts der realen Gefahr, die von Donald Trump ausgeht, nicht erst wieder hinterher bemerkt würde, dass es eben nicht egal ist.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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