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Kommentar erneuter BahnstreikDer Egoismus der GDL

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Es führt in die Irre, bei Gewerkschaften von „Wettbewerb“ zu sprechen, wie es die GDL tut. Denn das ist anderen Angestellten gegenüber unsolidarisch.

Wenn die Arbeiter der Reparaturwerkstätten streiken merkt das keiner. Bild: dpa

D er Streik der Lokführer ist verwirrend, aber ein zentrales Wort ist auszumachen: Konkurrenz. GDL-Chef Weselsky stellt sich vor, dass Gewerkschaften wie normale Unternehmen funktionieren, die sich im Wettbewerb behaupten müssen.

Die GDL will ein Gut „Arbeitskampf“ anbieten und dabei besser sein als die Konkurrenzgewerkschaft EVG. Am Ende gäbe es für die gleiche Tätigkeit verschiedene Gehälter – je nachdem welcher Gewerkschaft man angehört. Bei normalen Gütern wie Autos oder Spielzeug ist es schließlich genauso: Sie kosten unterschiedlich viel, je nachdem wo man sie einkauft.

Doch es führt in die Irre, bei Gewerkschaften von „Wettbewerb“ zu reden. Sie sind das Gegenteil – nämlich Kartelle. Jedem Arbeitnehmer wird verboten, mit anderen Beschäftigten in Konkurrenz zu treten und eigenmächtig sein Gehalt zu verhandeln. Stattdessen gibt es einen Tariflohn für alle. So soll verhindert werden, dass sich die Arbeitnehmer gegenseitig unterbieten, um noch eine Stelle zu finden – und alle weniger verdienen.

Dieses Kartell namens Gewerkschaft funktioniert am besten, wenn sich alle Arbeitnehmer einer Branche zusammenschließen. Eine Konkurrenz der Gewerkschaften, wie sie Weselsky anstrebt, führt hingegen ins Chaos oder zur „Rosinenpickerei“. Denn dann setzen sich jene Gewerkschaften durch, deren Mitglieder die größte Streikmacht haben.

Wenn die Lokführer in den Ausstand treten, fährt ab sofort kein Zug mehr. Wenn die Angestellten in den Reparaturwerkstätten streiken, dauert es Wochen, bevor der Bahnbetrieb gefährdet ist. Allein hätten die Reparaturabteilungen also keine Chance, ihre Lohnforderungen durchzusetzen. Sie sind auf das Erpressungspotenzial der Lokführer angewiesen.

Doch genau diese Solidarität verweigert Weselsky. Er sieht nur das Zugpersonal – und nennt das dann „Konkurrenz“. In Wahrheit ist es Egoismus.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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28 Kommentare

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  • 3G
    3784 (Profil gelöscht)

    Erpressungspotential? Mit dem Wort Erpressung wird der Versuch bezeichnet, sich selbst oder Dritte rechtswidrig durch Gewalt oder durch Androhung eines empfindlichen Übels zu Lasten eines anderen zu bereichern. Es bedarf wohl erst eines Philosophiestudiums, um in der Niederlegung der Arbeit den Tatbestand einer Erpressung erkennen zu können. Offensichtlich geht während eines solchen Studiums auch das Wissen darüber verloren, dass es die Mehrheit der Mitglieder einer Gewerkschaft ist, die in einer sogenannten Urabstimmung darüber entscheidet, ob gestreikt werden soll oder nicht, und keineswegs der Vorsitzende einer Gewerkschaft.

     

    Die deutsche Sprache kennt von alters her ein saloppes Wort für solche Personen, die einen Posten innerhalb eines Verwaltungsapparats innehaben, auf dem diese aus Trägheit, mangelndem Engagement oder Ähnlichem nichts Besonderes leisten. Neu hingegen wäre die abstruse Aufforderung, sich mit solchen verbunden fühlen zu sollen, um das „Kartell“ nicht zu gefährden.

     

    Wo doch die Wiederherstellung des „Kartells“ ohne jede Mühe auch darüber möglich wäre, wenn sich die Angestellten in den Reparaturwerkstätten mit ihren Kollegen, den angestellten Lokführern verbunden fühlten. Was sie vermutlich auch tun.

  • 6G
    628 (Profil gelöscht)

    Leider hat die Realität bewiesen, dass Wettbewerb unter Gewerkschaften notwendig ist/sein kann. Insofern ist der Artikel von Frau Hermann eher eine Theorie darüber, was in einer perfekten Welt wünschenswert wäre.

    Was man Herrn Weselsky unter Umständen vorwerfen kann, ist die Tatsache, dass er seine Gewerkschaft in eine Sackgasse manövriert hat. Der Bahnvorstand und der Bund als Eigentümer scheinen bereit zu sein, jeden Verlust in Kauf zu nehmen, um der GdL nicht nachgeben zu müssen. Weil die finanziellen Ressourcen der Bahn unter diesen Bedingungen prinzipiell unerschöpflich sind, kann die GdL eigentlich nur scheitern.

    Das wäre nicht passiert, wenn die GdL sich mit der Vertretung von Lokführern begnügt hätte. Dann wäre es vermutlich schon lange zu einer Einigung gekommen. Die GdL scheitert also ggf. eher an ihrem Mangel an Egoismus, nicht an ihrem Egoismus.

  • Offenbar hat Frau Herrmann nicht allzuviel Erfahrung mit technischen Arbeitsabläufen:

    Wenn die Instandsetzungswerkstätten streiken, baut sich ein Instandsetzungsrückstand auf, der sich teils sehr wohl sofort, teils erst mit Verzug, aber nachhaltig bemerkbar macht. Beides für den Bahnbetrieb problematisch und kostenintensiv.

    Real dagegen ist, daß TTIP und andere Freihandelsabkommen durch Absenkung der technischen Betriebs- und Sicherheitsstandards für eine Verzerrung und Aufweichung dieses Streikpotentials sorgen werden. Eigentlich sollten es Journalisten sein, die solche Zusammenhänge bemerken und formulieren, anstatt daß man sie ihnen noch unter die Nase reiben muß.

     

    Im Übrigen ist es Gewerkschaften erlaubt, aus politischen Gründen zu streiken. Dazu zählt auch, solidarisch mit anderen Gewerkschaften in Streik zu treten, auch wenn es nicht direkt um Anliegen der eigenen Klientel geht.

     

    Frau Herrmann scheint ihre "Informationen" vom Arbeitgeberverband zu beziehen.

  • 3G
    3641 (Profil gelöscht)

    Tarifverträge werden zwischen Gewerkschaften und den Arbeitgebern ausgehandelt. Bindend sind sie nur für die Mitglieder der Betreffenden Gewerkschaft und den im Arbeitgeberverband zusammengeschlossenen arbeitgebern bzw. einem einzelnen großen Arbeitgeber.

     

    Seit jeher kommen die Ergebnisse der abgeschlossenen Tarifverträge auch den Beschäftigten zugute, die nicht in der Gewerkschaft sind. Es bleibt der Bahn also unbenommen, die besseren Tarifverträge auch den Beschäftigten anzubieten, die in einer anderen Gewerkschaft organisiert sind.

     

    Tatsächlich gibt es also nicht zwangsläufig das Problem unterschiedlicher Bezahlung. Dieses Argument ist lediglich vorgeschoben.

  • Man kann Gewerkschaften nennen, wie man will, aber man muß bei der Beurteilung eines zentral beachten:

     

    Tun sie das, wofür sie gegründet wurden?

     

    Im Fall der "Standardgewerkschaft" bei der Deutschen Bahn, der EVG, ist das bezüglich derLokführer, aber auch weiter gehend, dem Dulden der Geschäftspraktiken und der Investitionen in Auslandsgeschäfte statt in eigene Gleise und Infrastruktur einfach zu beantworten:

     

    Sie tut ihre Arbeit sehr schlecht. Unter anderem verdienen die deutschen Lokführer im europäischen Vergleich beschämend wenig.

     

    Und das will die Bundesregierung, angeführt durch Sozialdemokratin Nahles zementieren. Wenn nicht ein Vertrag erstreikt und somit erzwungen wird, ist die GDL ausgebootet, und in Zukunft hat man es nur noch mit der handzahmen EVG zu tun.

     

    Wir können ALLE dankbar sein, daß es diesen Wettbewerb der "Kartelle" gibt. Und wir dürfen hoffen, daß Sie, Frau Herrmann, dies bei erneutem Nachdenken realisieren.

  • Das macht mich sprachlos.

    Wurde nicht die GLD dafür kritisiert, daß sie auch Nicht-Lokführer vertreten will? Mit der Streikmacht der Lokführer also solidarisch auch anderen Kollegen gegenüber ist? Und ist es nicht gut, daß nachdem der weitgehende Streikverzicht deutscher handzahmer Gewerkschaften die Einkommensunterschiede noch vergrößert hat, nun eine Gewerkschaft mit den Mitteln der Konkurrenz die großen Gewerkschaften wachrüttelt?!

    Konkurrenz ist das Hauptprinzip unserer Gesellschaftsform, selbst Parteien konkurrieren untereinander. Nur, wenn es dabei um Arbeitterrechte geht, dann ist das allseits akzeptierte Prinzip plötzlich völlig falsch.

    Trotzdem, taz, wie wär's mit ein bißchen logischerer Argumentation, oder geht das nicht, wenn man sich zum Steigbügelhalten für's Großkapital bückt? Nur weiter so...

  • jetzt moecht ich aber echt gern mal wissen: was ist eigentlich mit der DB? hat man die jetzt schon voellig vergessen? haben die nicht auch etwas zu tun mit dem streik? wenn ich den vorstand des personenverkehrs seine PE vorlesen hoere, wird mir schlecht. tendenzioes, voll mit unterstellungen und emotionalem geschwurbsel, nach sympathien in der bevoelkerung kriechend, und vor allem inhaltslos. ja, dass die zuege nicht fahren, das weiss ich auch. dass pfingsten ist, weiss ich auch. ich wuerde gern mal ein paar fakten hoeren, warum die DB sich in keiner weise auf die forderungen einlassen kann, will, oder wie auch immer, und vor allem warum nicht. die DB als AG hat fuer mein empfinden noch sehr viel an vertrauensbasis wieder gut zu machen, und nur fuer stuttgart21 wird das mindestens 2 generationen dauern und 50mio vaterunser.

  • Na sauber! Kann so eigentlich gar nicht ernst gemeint sein von Frau Herrmann.

    In der taz-Redaktion mag es ja vielleicht noch Sinn ergeben, dass jeder Mitarbeiter seinen Arbeitsvertrag selbst verhandelt. Zu weniger Wettbewerb und weniger Konkurrenzgebaren führt das gewiß auch nicht, eher zu unangemessen großen Differenzen in der Entlohnung.

    Das Bahn-Kartell zeigt sich ja jetzt schon restlos überfordert, wenn es mit zwei Gewerkschaften statt nur mit einer verhandeln muss.

  • Nach dem grottenschlechten Kommentar von Herrn Rother nun der nächste arbeitnehmerfeindliche Kommentar in der TAZ. Wenn das so weiter geht, wird Herr Diekmann dieses Blättle bald ganz gut finden...

  • @@@@ - korrekt -

     

    Ja - & da bin ich mal ganz altfränkisch -

    Herr Rother & Frau Herrmann -

    spätestens - aber allerspätestens -

    Ab PostWende - ist ihr Politikansatz sozial passe´ (Wehlers Zahlen weisen das unmißverständlich aus) -

    Aber sowas von!

     

    & ist bei Ihnen wie bei der Reste-taz -

    eine Nachschulung unabweisbar -

    & zwar in Sachen -

    Liberte´Fraternite´Egalite´!

     

    Nicht als Gedankenkonstrukt - nein -

    Sondern als Messlatte sozial!

     

    Damit nicht wieder das Soziale ins Individuelle entsorgt wird.

     

    Allein - wenn ich sowas lese - sorry - "Staatsverständnis" - einer Gewerkschaft"!

    Was allenfalls - Verfassungsverständnis heißen dürfte -

    (oder hat da jemand seinen Carl Schmitt noch nicht verdaut? ) -

    & das - angesichts der Tatsache -

    daß endlich mal eine Gewerkschaft zeigt - wo der Hammer hängt!

    Was keine Staats- - sondern eine Gesellschaftsfrage ist - verdammte Hacke!

     

    UND schon & siehe da -

    &haste nicht gesehen -

    Altmütterchen Verdi - in motion -

    Die KITA-Kiste aufmacht!! Zu Recht!

    (jede Wette - NIEMALS - ohne GDL

    als - Prodromos = Vorreiter.)

    Und eben die - muß es zu Befeuerung der auch mit Hilfe der Medien entschlafenen Gewerkschaftsbewegung geben!

     

    ABER ihr schreit - haltet den Dieb!

    Gehts noch? - Das ist - mit Verlaub - auf eurem (klein)bürgerlichen Weltfremdanger prive´ gewachsen.

    Mit dem realen Leben der meisten Bürger dieser EU-Staaten hat das nichts - aber auch gar nichts zu tun.

     

    Da mag ja nicht alles gefallen - aber - mit Verlaub - wo ist das denn der Fall?

    Nur - wer nichts tut/riskiert macht keine Fehler .

    & das - kanns nicht sein!

     

    Die unbedarften Mäkeleien du taz jedenfalls sind vorgestrig und

    neve de Kapp.

  • "Jedem Arbeitnehmer wird verboten, mit anderen Beschäftigten in Konkurrenz zu treten und eigenmächtig sein Gehalt zu verhandeln."

     

    In jedem Tarifvertrag gibt es mindestens drei Klauseln zum Thema Sonderzahlungen, die von jedem AN selbst verhandelbar sind. Desweitern kann dieser einen Wechsel in eine andere Lohngruppe verhandeln.

    Mensch, nehmen Sie doch mal so ein Teil in die Hand, Frau Herrmann und überhaupt: Ich krieg hier Kopfschmerzen, wenn ich das lese.

    • @lions:

      Nach der Logik von Frau Herrmann gäbe es auch keine Bewährungsaufstiege oder Beförderungen mehr, wenn es keine Konkurrenz zwischen den Arbeitnehmern im Betrieb geben würde.

  • Dieser Kommentar belichtet die Abwege, auf denen sich die GDL bewegt. Egoismus ist das richtige Wort. Nur leider wird Egoismus in unserer Gesellschaft zu oft verherrlicht. Die Zustimmung zum Fanatismus des GDL-Führers bei den Kommentatoren hier ist irgendwie bedenklich. Danke TAZ für Euer Festhalten an den Fakten ...

    • @TazTiz:

      Okay, wenn eine Partei, die den Kapitalismus abschaffen will, mal über 50% der Stimmen in der BRD schafft, wäre natürlich eine Möglichkeit gegeben, den Egoismus einzudämmen.

       

      Das sehe ich aber nicht.

  • Nach der Logik ist auch jede Branchengewerkschaft unsolidarisch. Dann war es ein unsolidarischer Akt der IG Metall, die 35-h-Woche einzuführen in ihrem Tarifsegment, wenn nicht auch die Beschäftigten im Handel diese 35-h-Woche erhalten.

     

    Man kann dem u.U. insofern zustimmen, dass seit den 60er Jahren mit Beginn der Automatisierung jedwede Form von Branchen-Tarifen unsolidarisch sind und es eigentlich nur noch eine Solidarisierung in den Klassen gesamt geben dürfte. Also das Proletariat gegen das Kapital. Da kann man aber bei Gewerkschaften a la DGB lange von träumen, dass das mal passiert.

  • Na, aber hallo!: Frau Hermann Sie empfehlen sich mit diesem Kommentar wärmstens für nen ganz anderen Redaktionssessel, als ausgerechnet bei der TAZ.

    Der sprachliche Umgangston ("Chaos", "Rosinenpickerei",

    "Erpressungspotential") läßt auf gewisse WeiterBILDungsziele schließen.

    Die Behauptung "Jedem Arbeitnehmer wird verboten (...) eigenmächtig sein Gehalt zu verhandeln" ist kompletter Quatsch. Tarifverträge machen nur die Unterkanten fest. Nach oben hin kann selbstverständlich jeder Vertrag individuell ausgehandelt werden.

    Und, oh Schreck, "Es setzen sich jene Gewerkschaften durch, deren Mitglieder die größte Streikmacht haben" - Ja wer denn sonst, Sie Bankkauffrau, - wer denn sonst? Wieso glauben sie eigentlich dass seit Jahrzehnten Tarifrunden in der Regel von den kampfstärksten Gewerkschaften IGM und Verdi eingeläutet werden? Sollen etwa Wirtschaftsredakteurinnen vorne weg gehen? Was glauben Sie wohl, wem die fehlen würden, wenn die mal darauf verzichten ihren Senf dazu zu geben?

  • Gut, dann verwenden wir dieses Bild: Gewerkschaften sind Kartelle zur Vertretung der Arbeitnehmerinteressen. Was passiert nun allerdings, wenn ihre Führungspersonen schlecht verhandeln? Dann richtet sich das Kartell gegen die Arbeitnehmer, zu deren Interessensvertretung es doch eingerichtet wurde. Warum treten Arbeitnehmer denn der GDL bei anstatt der EVG? Vermutlich, weil sie mit dem von der EVG ausgehandelten Tarifvertrag unzufrieden sind.

     

    In diesem Artikel betrachten Sie Gewerkschaften offenbar aus dem Blickwinkel des Gewerkschaftsideals von vor 100 Jahren. Dabei verlieren Sie aus dem Blick, dass manche Gewerkschaften von heute den Eindruck erwecken, mehr die Interessen der Arbeitgeberseite zu vertreten als die der Arbeitnehmer.

     

    Es ist eben eine zweischneidige Sache, die eigene Gehaltsverhandlung an eine Gewerkschaft abzutreten. Man kann dabei auch schlechter abschneiden als auf anderem Wege.

     

    Es geht der GDL ja gerade darum, nicht mehr nur die Lokführer zu vertreten, sondern auch andere Berufsgruppen. Wenn die GDL offenbar besser verhandelt als die EVG, warum sollte sie dann nicht auch andere Bahnmitarbeiter vertreten dürfen, solange die das wünschen? Gewerkschaftsvertreter sind doch auch nur Menschen; manche sind beim Verhandeln geschickt, andere weniger.

    • @Smaragd:

      Sie tun genau das, was Frau Herrmann der GDL vorwirft: Sie kündigen Jenen, die nicht so hart verhandeln (können), die Solidarität auf. Dabei irren Sie, wenn Sie den Unterschied den Funktionären der anderen Gewerkschaften in die Schuhe schieben.

       

      Die "bessere" Verhandlungsfähigkeit der GDL hat nämlich nichts mit der Qualität ihres Führungspersonals zu tun sondern ausschließlich mit der besonderen Angebotsmacht ihrer Mitglieder. Mit der in der Tasche lässt trefflich auftrumpfen, während die Anderen mit der spärlichen Kost des Machbaren auskommen müssen.

       

      Würde die GDL tatsächlich ALLE Eisenbahner vertreten, wäre es mit dicken Hose der Herren Funktionäre hingegen nicht mehr so weit her, weil die Hebelwirkung der wenigen Lokführer, die den ganzen Betrieb lahmlegen können, entfiele. Nicht umsonst ist die GDL ja auch nur an einigen bestimmten Berufsgruppen interessiert: Weselsky will größer werden, aber nur ja nicht so groß, dass er die (der Solidarität abträgliche) Sonderstellung als Spartengewerkschaft nicht mehr halten kann.

       

      Das mag man sicherlich als "geschickt" bezeichnen - aber in einem auschließlich erzkapitalistischen Sinne der Eigennutzoptimierung. Denn es geht letztlich auf Kosten der Kollegen, die die GDL nicht vertritt und auch nicht vertreten will.

  • Ach kommt schon, was soll denn das? Liebe Frau Hermann, ich schätze Sie wirklich sehr, aber was war denn das?

    Die Gewerkschaften sollen nicht versuchen, das Beste für ihre Mitglieder rauszuholen, weil das gemein wäre gegenüber denen, die nicht ihre Mitglieder sind?

    Sonst noch was? Das ist doch auf den ersten Blick albern. Was für eine Art von Solidarität soll das sein, die Sie hier einfordern?

  • Auhauerha -

     

    " . . Konkurrenz der Gewerkschaften, wie sie Weselsky anstrebt, führt hingegen ins Chaos oder zur „Rosinenpickerei“. Denn dann setzen sich jene Gewerkschaften durch, deren Mitglieder die größte Streikmacht haben. .. .

     

    .. .Sie(die Reparierer) sind auf das Erpressungspotenzial der Lokführer angewiesen.

    Doch genau diese Solidarität verweigert Weselsky. Er sieht nur das Zugpersonal – und nennt das dann „Konkurrenz“. In Wahrheit ist es Egoismus."

     

    Könnte es sein - daß anders als bei Nat.Oek. - werte, dieserhalb geschätzte Frau Herrmann -

    dieser Teil des Wirtschaftslebens noch der Belichtung bedarf?

     

    Allein die Sprache ist verräterisch -

    "Streikmacht" - geht durch -

    aber - "Chaos" - Rosinenpicken"-

    gar - "Erpressungspotential "- ??

    Gehts noch??

     

    Da hör ich doch den Henkel Olaf pfeifend mit dem Luckegebell sein Hundt wedeln.

    In der taz!

     

    Wo bleiben da unsere Arbeitnehmergeber mit ihrem SamtpfotenPotential? Jahrzehntelanges Lohndumping - ist Ihnen doch kein Fremdwort!

     

    Außerdem versteh ich den Weselsky schlicht nicht so, wie hier - "darfs n bisken rosiniger sein" - dargestellt.

  • Nach dem Kommentar von Herrn Rother nun ein weiterer Kommentar der die Dinge auf kaum erträgliche Weise pervertiert - mit der unfreundlichen Unterstellung daß das Ziel der Gewerkschaften der Streik sei. Und: schon richtig, völlig im Sinne der Bahn AG, daß die Züge selten in die Wartung gehen, Frau Herrmann. Langsam aber sicher sollten taz-Redakteur/Innen die Finger vom Thema Gewerkschaft lassen - insbesondere wenn sie von Eisenbahngewerkschaften - insbesondere deren von Auftritten in den letzten 30 Jahren - offensichtlich

    nicht die geringste Ahnung haben. Denn mit "Hilfe" dieser taz-Redakteur/Innen geht's dann nur noch weiter bergab.

    • @Ulrich Frank:

      Der Streit und der Streik sind eben auch Mittel der Gewerkschaften, die eigene Existenz zu rechtfertigen. Es geht offensichtlich nicht mehr nur um das Ziel verbesserter Arbeitsbedingungen und Entlohnungen der AN. Was hat die Kaste von Berufsfunktionären wohl als Ziel?

      • @TazTiz:

        Der Zweck heiligt in diesem Fall die Mittel. Selbstloses Handeln ist eine Tugend, aber keinesfalls ein Muss.

  • Liebe Ulrike Herrmann, sonst schätze ich Ihre Kommentare sehr, aber diesmal liegen sie meilenweit daneben. Machen Sie nun auch mit bei der ganz großen Koalition der Willigen, um neoliberale Arbeitsbedingungen und Löhne durchzusetzen? Schade.

    Es geht der GDL doch gerade darum, auch für andere Sparten verhandeln zu können. Die EVG kann fast schon nicht mehr als Arbeitnehmervertretung vezeichnet werden. Ist sie doch mit dem Bahnvorstand auf Du und Du (siehe ihrem Ex-Vorsitzenden der ohne Umschweife in den Bahnvorstand gewechselt ist). Ich hoffe sehr, dass sich die GDL gegen die ganz große Koalition erfolgreich zur Wehr setzt! Schade, dass Sie Frau Herrmann nun auch großkoalitionäre Buchstaben schreiben.

    • @Tastenpunk:

      Der Trick der GDL besteht darin, zwar für gewisse(!) andere Sparten mitverhandeln zu wollen, den Großteil der Bahn-Belegschaft, der nicht zum Zugpersonal gehört, aber schön weiter als Schwungmasse für die eigene Machtposition außen vor zu halten.

       

      Würde sie sich wirklich für alle Eisenbahner öffnen, wäre das das Ende ihrer überproportionalen Durchsetzungsfähigkeit. Weselsky wagt sich aus seiner sicheren Sparten-Ecke also nur so weit hervor, wie ihn die spezielle Macht der Lokführer tragen kann, um weiter für seine vergleichsweise kleine Truppe auf Kosten der restlichen Belegeschaft Vorteile zu erstreiten.

    • @Tastenpunk:

      Da stimme ich voll und ganz zu. Ließt denn eigentlich keiner der Chefredakteure mehr die Artikel bevor sie veröffentlicht werden!? Ich findes es gut was Herr W. da durchzieht. Es wäre für alle Arbeitnehmer gut einen Herrn mit derlei Biss als Gewerkschaftsboss zu haben.

  • *Am Kopfkratz* Geht es bei dem Streik nicht gerade darum nicht nur für die Zugführer eintreten zu dürfen, sondern auch für das Begleitpersonal un eventuell noch andere Sparten. Ist diese Kollumne nun pro Forderungen der GDL oder ein Schreiben pro Bahn, die die GDL als Spartengewerkschaft nur für Lokführer haben will?

    • @Sascha:

      Soweit ist es nun mitterweile wohl schon gekommen, dass selbst jene, die uns aufklären sollen nicht mehr wissen wem es worum geht ;-)