Bundesanwaltschaft ermittelt: Polizistenmord Teil rechter Mordserie

Die in Eisenach tot aufgefundenen rechtsextremen Bankräuber sollen auch hinter den sogenannten Döner-Morden stecken. Der Generalbundesanwalt ermittelt.

Beerdigung der in Heilbronn ermordeten Polizistin. Bild: dapd

FREIBURG taz | Der Fall um die beiden Bankräuber von Eisenach, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, die sich nach erfolgreicher Tat wohl selbst umgebracht haben, bekommt eine noch größere Dimension.

Zunächst wurde bei Böhnhardt und Mundlos die mutmaßliche Tatwaffe eines in Heilbronn an einer Polizistin verübten Mordes gefunden. Jetzt fand die Polizei auch die Waffe, mit der die sogenannten Döner-Morde begangen wurden. Bei dieser bisher ungeklärten Mordserie wurden von 2000 bis 2006 in unterschiedlichen Städten in Deutschland neun türkisch- und griechischstämmige Kleingewerbetreibende mit jeweils der gleichen Tatwaffe erschossen.

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hat am Freitagnachmittag die Ermittlungen übernommen. Da die beiden Bankräuber tot sind, richtet sich der Anfangsverdacht zunächst gegen ihre Komplizin Beate Z., die sich der Polizei stellte, nachdem sie das Zwickauer Wohnhaus der Gruppe angezündet hatte.

Die rätselhafte Mordserie begann im September 2000, als in Nürnberg ein Blumenhändler mit mehreren Schüssen niedergestreckt wurde, auch der zweite Mord fand in Nürnberg statt, diesmal traf es einen Schneider.

Es folgten die Morde an zwei Gemüsehändlern in Hamburg und München, einer illegalen Aushilfe in einem Rostocker Dönerladen, einem Nürnberger Dönerladenbesitzer, dem Besitzer eines Schlüsseldienstes in München, einem Kioskbetreiber in Dortmunder und zuletzt am Betreiber eines Internetcafés in Kassel. Acht Opfer waren Türken, einer Grieche, den die Täter möglicherweise für einen Türken hielten. Zur "Serie" wurden die Taten, weil alle Opfer mit der gleichen Waffe, einer Ceska 83, Kaliber 7,65 erschossen wurden. Die Täter benutzten Schalldämpfer und hinterließen keine Spuren, kein Bekennerschreiben.

In zwei Fällen kam auch noch eine andere Waffe zum Einsatz, so dass die Polizei durchaus mit mehreren Tätern rechnete. Gegen Profikiller sprach, dass die die Morde meist am helllichten Tag geschahen. Ein Auftragsmörder hätte bessere, unauffälligere Gelegenheiten gesucht.

Schutzgelderpressung, Mafia, Rassisten?

Doch was verband die Opfer, außer der ethnischen Herkunft und dass sie in kleinen Läden arbeiteten? Die Polizei tappte im Dunkeln und ermittelte in alle Richtungen: Schutzgelderpressung, Mafia, Rassisten.

Gegen 2006 stellten Polizei-Profiler die These auf, dass es wohl ein fanatischer Einzeltäter sein müsse, der aufgrund eines persönlichen Erlebnisses einen tödlichen Hass auf Türken entwickelt habe.

Doch nach 2006 wurde es still um die "Döner-Morde". Die Serie endete so plötzlich, wie sie begonnen hatte. Auch die Polizei tappte im Dunkeln. Bis nun in den Resten des Wohnhauses in Zwickau die Tatwaffe der Mordserie, die Ceska 83, gefunden wurde. Auch weitere Indizien sollen darauf hindeuten, dass das Trio nicht nur die Waffe besaß, sondern auch die Morde begangen hat. "Wir sind ziemlich sicher, dass sie dahinter stecken", heißt es in Sicherheitskreisen.

Die Bundesanwaltschaft reagierte jedenfalls sofort und übernahm die Ermittlungen. Gegen Beate Z. wird jetzt wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, Mordes und Brandstiftung ermittelt.

Die Fahnder wollen aber auch herausfinden, welche weiteren Personen "aus rechtsextremistischen Kreisen" in die Taten verwickelt sind, so die Bundesanwaltschaft in einer ersten Mitteilung. Auf eine "rechtsextremistische Motivation" der Morde sollen jedenfalls Beweismittel aus der Zwickauer Wohnung hindeuten. Die inhaftierte Beate Z. macht bisher keine Aussagen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Mit der taz Bewegung bleibst Du auf dem Laufenden über Demos, Diskussionen und Aktionen gegen rechts.

Hier erfährst du mehr

Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.