Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Russland schickt eine potemkinsche Lkw-Kolonne. Und Deutschland streitet über fehlgeleitete Waffenlieferungen, die sich gegenseitig umbringen.

Lässt von der Leyen doch noch die Champagnerkorken bei der deutschen Waffenindustrie knallen? Bild: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: Vor der Vielzahl beängstigender und trauriger Konflikte in der Welt wird das alte, provinzielle, friedfertige Bundesdeutschland sich unähnlich.

Und was wird besser in dieser?

Uns unähnlich werden, das sieht uns ähnlich.

Gregor Gysi fordert Waffen für kurdische Kämpfer, um sie gegen die Gruppe Islamischen Staat (IS) zu unterstützen. Auch die Bundesregierung schließt Waffenlieferungen nicht mehr aus. In den Chefetagen der deutschen Rüstungsindustrie knallen schon die Champagnerkorken, oder?

Aaach, Champagnerkorken – das sind die „nicht tödlichen Waffen“, von denen Frau von der Leyen spricht? Die Kurden verfügen über ältere russische Waffen, die Saddam Hussein bis 2003 von dort bekam, die IS hat neuere US-Waffen, die Saddam Hussein danach von den Amerikanern bekam. Da bringen sich also fehlgegangene Waffenlieferungen gerade gegenseitig um. Eben begegneten uns Hightechwaffen der „Koalition der Willigen“ zur Befreiung Libyens in Mali und gar in den Händen der Terrorsekte Boko Haram in Nigeria.

Nein, es gibt keine zweckgebundenen Waffenlieferungen – auch wenn man für diese Sicht vom deutschen Reservistenfeuilleton standrechtlich vollverkäßmannt wird. In den Worten der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der „Linken“ 2012: „Die PKK bleibt in Deutschland verboten. Sie unterminiert das friedliche Zusammenleben von Kurden und Türken in Deutschland und ist ein destruktiver Faktor für die hiesige Sicherheit.“ Man versuche, sich in das laue Deckelploppen von Mineralwasserflaschen zu verlieben, und wenn es aus den windigen Baubuden der Hersteller von Asylbewerberheimen kommt.

Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki ist endlich abgetreten. Er gilt als Sündenbock, der mit einseitiger Förderung der Sunniten den IS-Kämpfern den Weg bereitete. Braucht es überhaupt einen Nachfolger, wenn sowieso bald die IS regiert?

Braucht es einen „IS“-Staat oder statt seiner ein staatliches Kurdistan, um die Katastrophe ins Unrettbare zu eskalieren? Joschka Fischer, der uns nun aus der linksgrünen Postille Bild am Sonntag zu den Waffen ruft, verweigerte 2003 die Teilnahme Deutschlands am Irakkrieg mit den goldenen Worten: „Sorry, I’m not convinced.“ Von den „weapons of mass destruction“, die sich bald tatsächlich als glatt gelogen herausstellten. Die größte Massenvernichtung brachte nunmehr unabweisbar ebendieser Krieg hervor.

Russland schickte einen angeblichen Konvoi humanitärer Hilfe in Form von 280 weiß gestrichenen Lkws in die Ukraine. Nun fürchten alle, dass es sich um eine getarnte Invasion handeln könnte. Warum schicken die Ukrainer den Konvoi nicht einfach zurück?

Die Ukraine sieht dem September mit insgesamt acht sich überschneidenden Manövern mit Nato-Beteiligung entgegen. Da ist jede Ablenkung willkommen. Etwa auch die „brandgefährliche Hysterie“ (Spiegel Online) wegen des „russischen Militärkonvois“, der sich indes als unklare Mischung aus Fakten und Propaganda zu erweisen scheint. So wie sich die zeitweise gefangen genommene „deutsche OSZE-Mission“ als Gruppe von Bundeswehrsoldaten ohne ausdrückliches OSZE-Mandat erwies – Frau von der Leyen bestattete den Rest der offenen Fragen unter der Ankündigung einer Untersuchung. So wie die 950 niederländischen und australischen Soldaten, die die Kiewer Regierung zur Absturzstelle von Flug MH17 einlud. Wenn Russlands potemkinsche Lkw-Kolonne nun dazu führt, dass die Ukraine selbst Hilfslieferungen in Gang setzt – oder wer auch immer –, war sie nicht nur falsch.

Erdogan gewann die Wahl zum Präsidenten mit einer absoluten Mehrheit. Flippt er jetzt völlig aus?

Ha! Um das zu wissen, müsste man ihn ja abhören.

Gustl Mollath wurde nun zwar vom Gericht in Regensburg freigesprochen – jedoch wegen Schuldunfähigkeit, weil er womöglich doch Wahnvorstellungen hatte. War das ganze Theater also für die Katz?

Vielleicht war das der Urteilstext für Uli Hoeneß, und da ging was durcheinander. Ein mutiges Unterfangen, 2014 festzustellen, ob jemand 2006 vorübergehend einen an der Klatsche gehabt hat. Immerhin bekommt Mollath nun den Minimalrespekt, dass er sich mit richterlichem Testat „Justizopfer“ nennen darf.

Und was machen die Borussen?

Bochum und Dortmund schlagen Stuttgart und Stuttgart. Kann man den Länderfinanzausgleich an den DFB-Pokal koppeln?

(FRAGEN: DG)

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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