taz-Recherche über Rechtsextreme: Bestürzung über Prepper-Gruppe
Im Landtag in Sachsen-Anhalt verurteilt Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) eine rechtsextreme Gruppierung von Reservisten.
Der Landtag von Sachsen-Anhalt hatte sich auf Antrag der mitregierenden SPD mit der Angelegenheit beschäftigt. Deren innenpolitischer Sprecher Rüdiger Erben wandte sich an die AfD-Fraktion: „Sie wissen und wussten ganz genau, aus welchen Milieus Sie Ihre Mitarbeiter rekrutieren.“ Das Gruppenmitglied Michael S. war Mitarbeiter der AfD-Fraktion. Man könne nicht hinnehmen, dass Rechtsextreme als Reservisten die Bundeswehr unterwandern, so Erben.
Er saß selbst jüngst gemeinsam mit einem Mitglied der Preppergruppe im Coronakrisenstab eines Landkreises. „Ich hätte nie gedacht, dass Gunnar G. Gegenstand einer Landtagsdebatte sein würde.“ Vor einer Woche hatte die taz eine rechtsextreme Preppergruppe aufgedeckt, deren Mitglieder sich auf einen „Rassenkrieg“ vorbereiteten, inklusive Waffenbeschaffung, Schießtraining und Überlegungen, ein Dorf zu unterwerfen. Die Männer der Gruppe kennen sich aus einer völkischen Burschenschaft und sind Reservisten.
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Sebastian Striegel von den Grünen forderte in der Debatte, dass die Nachrichtendienste ihre Arbeit besser abstimmen. Es brauche eine „klare Zuständigkeit zwischen Verfassungsschutz und MAD“, damit Reservisten nicht durch das Raster fielen. „Es geht hier nicht um ein paar Leute, die die Bevorratung zu ernst nehmen“, betonte die Linken-Abgeordnete Henriette Quade, sondern um „paramilitärische Strukturen“, und ein „militantes Netzwerk“.
Reserveoffizier tritt aus CDU aus
Infolge der Veröffentlichungen ist ein lokaler CDU-Funktionär aus Sachsen-Anhalt mit Kontakten zur Preppergruppe inzwischen aus der Partei ausgetreten. Der Reserveoffizier Kai Mehliß kam damit einem Parteiausschlussverfahren zuvor, das der CDU-Landesvorstand am Freitag einstimmig beschlossen hat. Auch von seinem Posten als Vizevorsitzender des Arbeiter-Samariter-Bundes Sachsen-Anhalt ist der Berufsschullehrer zurückgetreten.
Mehliß hatte Michael S. im Chat mit „Sieg Heil, Herr Hauptmann!“ gegrüßt. Das hatte zuerst die Rechercheplattform LSA Rechtsaußen veröffentlicht. Mehliß hatte zuvor als Mitglied des inzwischen als Verfassungsschutz-Prüffall geführten Vereins Uniter Schlagzeilen gemacht. Inzwischen sind auch Ermittlungsbehörden mit dem Fall befasst. Es sei ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet worden, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Leipzig der taz. Es wird also geprüft, ob ein Anfangsverdacht vorliegt.
Auch der Staatsschutz des Landeskriminalamtes Sachsen hat sich mit der Angelegenheit beschäftigt, wie der LKA-Sprecher bestätigte. Eine konkrete Gefahr sei allerdings nicht zu erkennen, weil es sich um Vorgänge handle, die schon einige Jahre zurücklägen. Sachsen-Anhalts Innenminister Stahlknecht hat ebenso Überprüfungen vonseiten der Nachrichtendienste und der Ermittlungsbehörden angekündigt. Die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau, in deren Zuständigkeit die Schießhalle Jüdenberg liegt, auf der mutmaßlich illegale Schießtrainings rechtsextremer Burschenschafter stattfanden, reagierte am Freitag nicht auf eine taz-Anfrage.
Kein Einsehen bei der Landesgruppe
Neben dem Verteidigungsministerium hat auch der Reservistenverband Aufklärung in der Sache versprochen und die involvierten Mitglieder sowie die Verantwortlichen im Schießsport schriftlich um Stellungnahmen gebeten. „Die veröffentlichten Recherchen sind schockierend“, heißt es in einer Mitteilung des Verbandes, der mehr als 115.000 Mitglieder hat. Diese Einschätzung wird aber offenbar dort nicht von allen geteilt.
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Michael S. hat seit mindestens 2012 ein Amt in der sächsischen Landesgruppe des Reservistenverbandes inne. Deren Präsident Hans-Jürgen Domani, Oberstleutnant der Reserve, schrieb nach der taz-Veröffentlichung auf seiner Facebook-Seite: „Viel Lärm um nichts! Während des Ansturms von Millionen von Flüchtlingen aus Kriegsgebieten haben sich diese Spinner Gedanken gemacht, wie sie die Ausrottung der Deutschen überleben können. Sie hatten weder vor, die Bundesrepublik abzuschaffen, noch wollten sie die Ausländer ausrotten.“
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