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taz-Recherche über RechtsextremeBestürzung über Prepper-Gruppe

Im Landtag in Sachsen-Anhalt verurteilt Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) eine rechtsextreme Gruppierung von Reservisten.

Innenminister Holger Stahlknecht kritisiert die rechtsextremen Umtrieben der Reservisten scharf Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa/picture alliance

Berlin taz | Der Innenminister von Sachsen-Anhalt, Holger Stahlknecht (CDU), hat sich bestürzt über Äußerungen von Mitgliedern einer rechtsextremen Preppergruppe aus Sachsen und Sachsen-Anhalt gezeigt. „Dieses Verhalten ist in keiner Weise tolerierbar“, sagte er am Freitag im Landtag in Magdeburg. Besonders gravierend sei, dass die Männer aufgrund ihres Dienstgrades als Soldaten eine gewisse Vorbildfunktion hätten.

Der Landtag von Sachsen-Anhalt hatte sich auf Antrag der mitregierenden SPD mit der Angelegenheit beschäftigt. Deren innenpolitischer Sprecher Rüdiger Erben wandte sich an die AfD-Fraktion: „Sie wissen und wussten ganz genau, aus welchen Milieus Sie Ihre Mitarbeiter rekrutieren.“ Das Gruppenmitglied Michael S. war Mitarbeiter der AfD-Fraktion. Man könne nicht hinnehmen, dass Rechtsextreme als Reservisten die Bundeswehr unterwandern, so Erben.

Er saß selbst jüngst gemeinsam mit einem Mitglied der Preppergruppe im Corona­krisenstab eines Landkreises. „Ich hätte nie gedacht, dass Gunnar G. Gegenstand einer Landtagsdebatte sein würde.“ Vor einer Woche hatte die taz eine rechtsextreme Preppergruppe aufgedeckt, deren Mitglieder sich auf einen „Rassenkrieg“ vorbereiteten, inklusive Waffenbeschaffung, Schießtraining und Überlegungen, ein Dorf zu unterwerfen. Die Männer der Gruppe kennen sich aus einer völkischen Burschenschaft und sind Reservisten.

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Sebastian Striegel von den Grünen forderte in der Debatte, dass die Nachrichtendienste ihre Arbeit besser abstimmen. Es brauche eine „klare Zuständigkeit zwischen Verfassungsschutz und MAD“, damit Reservisten nicht durch das Raster fielen. „Es geht hier nicht um ein paar Leute, die die Bevorratung zu ernst nehmen“, betonte die Linken-Abgeordnete Henriette Quade, sondern um „paramilitärische Strukturen“, und ein „militantes Netzwerk“.

Reserveoffizier tritt aus CDU aus

Infolge der Veröffentlichungen ist ein lokaler CDU-Funktionär aus Sachsen-Anhalt mit Kontakten zur Preppergruppe inzwischen aus der Partei ausgetreten. Der Reserveoffizier Kai Mehliß kam damit einem Parteiausschlussverfahren zuvor, das der CDU-Landesvorstand am Freitag einstimmig beschlossen hat. Auch von seinem Posten als Vizevorsitzender des Arbeiter-Samariter-Bundes Sachsen-Anhalt ist der Berufsschullehrer zurückgetreten.

Mehliß hatte Michael S. im Chat mit „Sieg Heil, Herr Hauptmann!“ gegrüßt. Das hatte zuerst die Rechercheplattform LSA Rechtsaußen veröffentlicht. Mehliß hatte zuvor als Mitglied des inzwischen als Verfassungsschutz-Prüffall geführten Vereins Uniter Schlagzeilen gemacht. Inzwischen sind auch Ermittlungsbehörden mit dem Fall befasst. Es sei ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet worden, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Leipzig der taz. Es wird also geprüft, ob ein Anfangsverdacht vorliegt.

Auch der Staatsschutz des Landeskriminalamtes Sachsen hat sich mit der Angelegenheit beschäftigt, wie der LKA-Sprecher bestätigte. Eine konkrete Gefahr sei allerdings nicht zu erkennen, weil es sich um Vorgänge handle, die schon einige Jahre zurücklägen. Sachsen-Anhalts Innenminister Stahlknecht hat ebenso Überprüfungen vonseiten der Nachrichtendienste und der Ermittlungsbehörden angekündigt. Die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau, in deren Zuständigkeit die Schießhalle Jüdenberg liegt, auf der mutmaßlich illegale Schießtrainings rechtsextremer Burschenschafter stattfanden, reagierte am Freitag nicht auf eine taz-Anfrage.

Kein Einsehen bei der Landesgruppe

Neben dem Verteidigungsministerium hat auch der Reservistenverband Aufklärung in der Sache versprochen und die involvierten Mitglieder sowie die Verantwortlichen im Schießsport schriftlich um Stellungnahmen gebeten. „Die veröffentlichten Recherchen sind schockierend“, heißt es in einer Mitteilung des Verbandes, der mehr als 115.000 Mitglieder hat. Diese Einschätzung wird aber offenbar dort nicht von allen geteilt.

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Michael S. hat seit mindestens 2012 ein Amt in der sächsischen Landesgruppe des Reservistenverbandes inne. Deren Präsident Hans-Jürgen Domani, Oberstleutnant der Reserve, schrieb nach der taz-Veröffentlichung auf seiner Facebook-Seite: „Viel Lärm um nichts! Während des Ansturms von Millionen von Flüchtlingen aus Kriegsgebieten haben sich diese Spinner Gedanken gemacht, wie sie die Ausrottung der Deutschen überleben können. Sie hatten weder vor, die Bundesrepublik abzuschaffen, noch wollten sie die Ausländer ausrotten.“

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13 Kommentare

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  • Und dabei hatten ja viele seinerzeit schon gehofft, die Uschi von der Leine würde in der Bundeswehr endlich mal aufräumen - nur eben in Bundeswehr leider keiner.

  • Als ich das erste mal von den sog. Preppern hörte, war mir zuerst nicht klar, was der namengebende Sinn der Gruppe war, denn kurze Zeit danach liefen im Fernsehen Spots der Regierung, daß man gewisse Vorräte Zuhause haben sollte wegen schlechter Zeiten und so. Ich dachte, Ich hätte mich verhört.

  • Soldaten sind potenzielle Mörder. Vokabular wie "Rassenkrieg" "Ausrottung" u.ä. sind in dieser Welt alltäglich, auch unter höheren Offizieren.

  • "Deren Präsident Hans-Jürgen Domani, Oberstleutnant der Reserve, schrieb nach der taz-Veröffentlichung auf seiner Facebook-Seite: „Viel Lärm um nichts! Während des Ansturms von Millionen von Flüchtlingen aus Kriegsgebieten haben sich diese Spinner Gedanken gemacht, wie sie die Ausrottung der Deutschen überleben können. [...]"

    "Ausrottung der Deutschen"??? Durch wen denn bitteschön? Kann es sein, dass auch Herr Domani ziemlich verstrahlt ist, wenn er diese Formulierung, die Kriegsfantasien beinhaltet, als harmlos darstellen will?

  • Die Aussage, dass keine Gefahr bestehe, weil „die Sache Jahhre zurück liege“ ernüchtert doch sehr. Es wird wieder nichts geschehen, die Faschisten werden sich weiter ausbreiten und vernetzen können.

    Danke dafür, dass ihr am Ball bleibt und euch so engagiert in diese Strukturen einarbeitet. Danke auch an alle aus dem antifaschistischen Widerstand. Er ist nötiger denn je und keine kindische Freizeitbeschäftigung und längst keine Gefahr. Ganz im Gegenteil.

  • 👌

  • Nochmals - Chapeau - ihr macht einen Superjob. Danke fürs Dranbleiben.

    unterm——



    Sicher sehr bedenklich - daß unsere Schlapphüte in Bund&Länder das nicht Gebacken kriegen. Wollnichwoll! But.

    Investigative Medien sind unverzichtbar

    • @Lowandorder:

      Ja, vielen Dank für eure gute und wichtige Arbeit. Macht bitte weiter so. Danke Danke Danke!

    • 8G
      82286 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Beim BND haben wir ja einen frischen Chef. Vielleicht ändert sich wenigstens dort die Sichtweise.



      Ansonsten bin ich eher pessimistisch. Und wenn ich an NSU denke, wirds mir eh kotzschlecht.

  • Sollte der nächste verwirtte Einzeltäter aus deren Reihen stammen, könnte die Aussage “viel Luft um nichts“ zum geflügelten Wort werden.

  • "... Mehliß hatte Michael S. im Chat mit „Sieg Heil, Herr Hauptmann!“ gegrüßt. ..."



    Im Absatz davor wurde Mehliß als Berufsschullehrer bezeichnet...(gehe davon aus mit Beamtenstatus)



    ... so jemand gehört wirklich nicht in den pedagogischen Sraatsdienst, der eine für Nazipropaganda hochgradig gefährdete Zielgruppe (Jugendliche zwischen 16 -20 Jahren mit mittlerer Reife oder vielleicht auch Hauptschulabschluss) unterrichtet.

    • @Tinus:

      bei einem Reserveoffzier, der direkt anschliessend Berufsschullehrer wird ist der Bemtenstatus eher wahrscheinlich. als bei einem anderen Quereinstiger.

      Aber das werden die Verantwortlichen schnell feststellen und dann sicher entsprechend handeln.

      • @Friderike Graebert:

        Dein abschließender Satz war sicher ironisch gemeint.