Zweite Kandidatenrunde zum CDU-Vorsitz: Punktsieg für Laschet
Kaum Differenzen, aber deutliche Unterschiede in der Präsentation: Röttgen gibt den Modernisierer, Laschet den Regierungschef. Und Merz? Bleibt blass.
Merz, das lernt man nun, ist gegen ein Recht auf Homeoffice, was nicht verwundert. Röttgen will den Datenschutz für eine effektivere Corona-App nicht reduzieren, Laschet spricht sich gegen Steuererhöhungen aus, um damit die Schuldenbremse einzuhalten. Auch einen Lockdown bis zum Sommer will der NRW-Ministerpräsident möglichst nicht. Merz lehnt mehr Staatsbeteiligungen ab, um deutsche Unternehmen vor ausländischen Übernahmen zu schützen.
Ein „Ja“ ist rar in dieser Runde, bis Röttgen nach Abschiebungen nach Syrien gefragt wird. „Ich bin dafür, dass der generelle Abschiebestopp beendet wird“, sagt der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. Widerspruch gibt es nicht, obwohl das rechtlich kaum machbar ist. Zu schön vielleicht das Signal an die CDU-Rechten.
Ohnehin geht es auch in der zweiten Diskussionsrunde der drei Kandidaten, die auf der Website der CDU gestreamt und beim Fernsehsender Phoenix übertragen wird, wenig kontrovers zu. Alle drei wollen das Klima mit Hilfe der Marktwirtschaft retten, sich ohne Wenn und Aber hinter die Polizei stellen und alle drei befüworten auch, dass in der EU eine Gruppe von Staaten in der Außenpolitik vorangeht, um Blockaden wegen der Einstimmigkeit zu vermeiden.
Differenzen bei der Klimapolitik
Klimaschutz, innere Sicherheit und Außenpolitik – das sind die drei Diskussionsthemen an diesem Abend, der den noch unentschlossenen 1001 Delegierten des CDU-Parteitags am nächsten Wochenende helfen soll, sich für einen der Kandidaten zu entscheiden. Die Debatte ist sachlich und freundlich im Ton, Witze bleiben aus, Sticheleien sind selten. Die Fragen konnten CDU-Mitglieder im Vorfeld einreichen, eine Moderatorin liest sie vor, in seltenen Fällen fragt sie sogar nach. Die drei Kandidaten kannten die Fragen vorher nicht, wie die CDU mehrfach betont. Eine Frage zum Rechtsextremismus, laut Bundesinnenminister immerhin die größte Gefahr für unsere Demokratie, ist übrigens nicht dabei.
Einmal, beim Klimaschutz, werden unterschiedliche Positionen dann doch deutlich. NRW-Ministerpräsident Laschet warnt davor, die deutsche Industrie durch überzogene Klimaschutzmaßnahmen zu ruinieren. Wer Stahl- oder Chemieindustrie im Land halten wolle, müsse für bezahlbaren Strom sorgen. „Wenn die Stahlindustrie abwandert nach China und da den Stahl produziert, ist dem Weltklima nicht gedient“, sagt Laschet. Ein Stahlwerk in Duisburg dagegen sei ein Beitrag zum Weltklima.
Das reicht Röttgen nicht, der früher mal Bundesumweltminister war, bis die Kanzlerin Merkel ihn entließ. Für ihn soll Klimapolitik das Topthema sein. „Wenn wir in dem Denken bleiben“, sagt er an Laschet gerichtet, „werden wir den Klimaschutz nicht erreichen, den Klimawandel nicht stoppen, und wir werden die Zukunft der Industrie und der Wirtschaft aushöhlen.“ Merz betont, dass man beim Klimaschutz schon viel erreicht habe und lobt die CO2-Bepreisung.
Während die inhaltlichen Differenzen der drei Männer allenfalls in Nuancen deutlich werden, treten die Unterschiede in der eigenen Präsentation klarer hervor – lässt man die einheitlich dunklen Anzüge samt hellblauen Krawatten mal außer acht. Röttgen, der als Außenseiter gestartet ist und in den Umfragen schwer aufgeholt hat, gibt sich vor allem als Modernisierer. Am Ende, als jeder der drei noch zwei Minuten lang ein Abschlussstatement in die Kamera sprechen darf, bringt er auch seine Lieblingsmessage unter, die nie fehlen darf: dass er die CDU weiblicher, jünger und digitaler machen will.
Zwei spielen ihre Vorteile aus
Röttgen betont außerdem, dass er für kein Lager, sondern für die ganze Partei stehe. Auch die, die nicht für ihn stimmen werden, könnten sich deshalb hinter ihm als Vorsitzenden versammeln. Das ist ein wichtiger Punkt. Schließlich muss der neue Chef die zerrissene CDU möglichst geschlossen in das Superwahljahr führen.
Laschet lässt, durchaus geschickt, fast in jeder Antwort etwas von seiner Regierungserfahrung einfließen und gibt sich staatsmännisch. Er habe in den vergangenen zehn Monaten nicht voll in den Wettbewerb geben können, sagt er in seinem Schlussstatement. Schließlich sei noch eine Pandemie zu bekämpfen. Das darf man als Spitze gegen Roettgen verstehen, der kurz zuvor betont hatte, dass er in den vielen, vielen Gesprächen während des Wettbewerbs viel gelernt habe. Und trifft Merz, der gar kein politisches Amt inne hat, gleich mit.
Dann spielt Laschet seinen Vorteil voll aus. „Sie werden fragen, was bringen Sie denn mit?“, sagt er und zählt gleich auf: „Regierungserfahrung, Leitung eines großen Landes, Ausgleich zwischen unterschiedlichen Interessen und, was vielleicht auch nicht ganz schädlich ist für einen CDU-Vorsitzenden, auch schon mal eine Wahl gewonnen zu haben.“ Mit dieser Strategie dürfte Laschet einen Punktsieg erlangt haben. Schließlich stimmen am kommenden Samstag Delegierte über ihren Vorsitzenden ab – und das sind oft Parteifunktionäre und Abgeordnete, die Wahlchancen, an denen ihre Jobs hängen, fest im Blick haben.
Und Merz? Der bleibt überraschend blass. Selbst beim Thema innere Sicherheit, das die Rechten in der CDU gern nutzen, um Stimmung zu machen. Als ein CDU-Mitglied nach der Bekämpfung der Clankriminalität fragt, schlägt Merz vor, Autos einzuziehen: „Wenn diese Kerle morgens zu Fuß gehen müssen“, das treffe sie mehr als eine Haftstrafe. Und dann lobt er noch den NRW-Innenminister und Grün-Schwarz in Baden-Württemberg und betont die Rolle der Künstlichen Intelligenz, die durch den Einsatz von Bodycams viel zur Aufklärung von Gewalt gegen PolizistInnen beitragen könnte.
Merz, der Kandidat all jener ist, die sich einen Bruch mit dem Kurs Merkels wünschen und in den Umfragen vorne liegt, weiß, dass er unentschiedene Delegierte in der Mitte der CDU gewinnen muss, um nicht ein zweites Mal mit seiner Kandidatur für den Parteivorsitz zu scheitern. Möglicherweise lässt ihn das gebremst auftreten. Für den Sauerländer ist das ein Dilemma, denn nach Einschätzung vieler hat genau seine laue Rede auf dem Hamburger Parteitag Ende 2018 dazu geführt, dass er gegen Annegret Kramp-Karrenbauer bei der Wahl um den CDU-Vorsitz unterlag.
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