piwik no script img

Zukunft des Deutschland-TicketsDas Aus wäre eine Blamage

Kommentar von Wolfgang Mulke

Billiger Zugfahren, modernerer ÖPNV: Das Deutschland-Ticket ist ein Innovationstreiber. Eine Erkenntnis, die noch nicht überall durchgedrungen ist.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) möchte nicht mehr Geld für das Deutschland-Ticket zahlen

D as bundesweit geltende 49-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr ist ein großer Fortschritt. Er vereinfacht die Mobilität, verbilligt sie für viele Pendler und lockt neue Kunden an. Zehn Millionen Menschen besitzen mittlerweile ein Abo. Laut des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen sind acht bis zehn Prozent von ihnen Neueinsteiger. Einige mit Deutschland-Ticket in der Tasche verzichten sogar wirklich auf die Fahrt mit dem eigenen PKW.

Vor allem aber bringt die ein halbes Jahr zurückliegende Einführung des Deutschland-Tickets einen verkrusteten Markt in Bewegung. Diese Dynamik sollte zu einer generellen Modernisierung des Nahverkehrssystems genutzt werden. Denn auf lange Sicht ist ein Ausbau des öffentlichen Angebots auf den Straßen und Schienen für eine Verkehrswende unumgänglich. Eigentlich müssten die Beteiligten jetzt das viel zitierte Deutschland-Tempo für weitere Innovationen in Angriff nehmen. Davon ist leider wenig zu spüren.

Da sind zunächst Bund und Länder. Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat das Ticket angestoßen. Nun verweigert er sich der weiteren Mitfinanzierung. Das gefährdet das 49-Euro-Ticket am stärksten. Die Länder wiederum fordern die Hälfte des notwendigen Verlustausgleichs vom Bund, legen aber sonst keine ehrgeizigen Initiativen an den Tag, mit denen im Nahverkehr effizientere Strukturen aufgebaut werden könnten. So prallt Wissings Forderung nach einer deutlichen Verringerung der Zahl der Verkehrsverbünde bisher am Beharrungsvermögen dieser und der Länder ab. Nicht viel konstruktiver ist die Kritik von Klimaschützern, die das Ticket in Hinblick auf den geringen CO2-Effekt und das fehlende Verkehrsangebot auf dem Land madig machen. Da mag man schon mal in die Runde rufen, setzt euch zusammen, denkt nach vorne.

Manch gute Idee wird durch die Lust an Kritik zerredet. Mitunter sollen die skeptischen Diskussionsbeiträge auch nur gehörige Eigeninteressen verdecken. So könnte es auch mit dem 49-Euro-Ticket bald wieder vorbei sein. Das wäre eine gewaltige Blamage für Bund und Länder.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Das Deutschlandticket ist schön und gut aber es wurde alles falsch gemacht, was man falsch machen kann: man landet ungewollt in einer Abofalle, ohne Abo ist ein Kauf nicht möglich, was die ganze Sache unnötig verkompliziert, man kann das Ticket nur online kaufen, das verkompliziert es ebenfalls für viele Menschen, sollte der Handyakku mal leer sein steht man dumm da und leider hat sich an der Situation der Verspätungen und überfüllten Züge auch absolut nichts gebessert.....achja und vor kurzem wurde die Bahn App komplett überarbeitet, wie ich finde zum schlechten hin, unübersichtlicher und komplizierter, hätte man sich sparen können und das Geld besser an anderer Stelle investiert

  • Ein noch so billiger ÖPNV, der letztlich verlässlich nur noch auf dem Fahrplan stattfindet, aber nicht mehr in der Realität, ist wertlos.

    Besser wäre ein Ticket, bei dem die Verkehrsbetriebe für jeden Kilometer jeder Fahrt jedes Fahrgasts Geld verdienen, das aber für den Kunden auf 49€ begrenzt wäre, während alles über 49€ hinaus vom Staat bezahlt würde. Damit würde das gefördert, was gefördert gehört, nämlich viele, lange Fahrten.

    Dafür bräuchte man aber Technik, nämlich ein Ticket mit Check-In und Check-Out bei jeder Fahrt und genau das können wir einfach nicht. Da muss man ehrlich sein, das ist schwer.

    In NRW geht das übrigens. Da gibt es das Eezy-Ticket, das nach Kilometern abrechnet, von 0 bis maximal 49€. Aber nur in NRW, bescheuerterweise.

    DAS wäre eine Alternative bundesweit: Wer nur ab und zu mal fährt, zahlt nur wenig, wer viel fährt, zahlt maximal 49€. Und wenn der Bund das zahlt, was darüber hinaus anfällt, hätten die Verkehrsbetriebe die Motivation, Mobilität zu fördern anstatt sie zu bremsen.

    Denn eines ist klar: Die Betriebe müssen bezahlt werden für genau das, was sie leisten, nämlich die Beförderung von Fahrgästen und je mehr Fahrgäste sie befördern, desto mehr Geld müssen sie einnehmen. Alles andere geht einfach nicht.

  • "Das Deutschland-Ticket ist ein Innovationstreiber" Leider nein.



    Warum: Weil die Bahn noch weniger investieren kann, wenn fahren wegen des 49€ Tickets weniger Geld in die Kassen bringt. Schlichtweg weil ihnen heute schon das Geld hinten und vorne fehlt.



    Aber der Umkehrschluss ist auch falsch, mit Geld alleine ist die Bahn nicht zu retten.



    Da müsste man erst mal den Resetknopf drücken und ganz von vorne anfangen, ohne hunderte Firmen, ohne hunderte Wasserköpfe.