Zu viel Abhängigkeit von China: Habeck will Hafeneinstieg verbieten
Die Beteiligung von Chinas Staatskonzern Cosco an einem Hamburger Containerterminal belastet die Beziehungen mit Deutschland. Habeck ist dagegen.
Dabei ist eigentlich seit September vergangenen Jahres alles klar: Die Hamburger Hafen und Logistik AG und der chinesische Logistikriese Cosco hatten sich damals auf eine 35-Prozent-Beteiligung der Chinesen am Containerterminal Tollerort (CTT) geeinigt.
Doch dann überfiel Russland die Ukraine – und im Westen wurde noch deutlicher, dass man sich schleunigst auch von der anderen autoritären Supermacht unabhängig machen muss: China. Die Bundesregierung ist derzeit offenbar uneins, ob sie den Einstieg genehmigen soll: In den von den Grünen geführten Außen- und Wirtschaftsministerien gibt es eine klare Tendenz zum Nein, im Kanzleramt dagegen Vorbehalte.
Mit der Minderheitsbeteiligung sollte der CTT mit seinen vier Liegeplätzen für Riesencontainerschiffe zu einem „Preferred Hub“ in Europa, also einem bevorzugten Umschlagplatz für Cosco werden. Sowieso ist China seit Langem bei Weitem der wichtigste Kunde des Hamburger Hafens.
Einer von drei Containern kommt aus China
Jeder dritte Container, der an der Elbe umgeschlagen wird, kommt aus Fernost oder wird dorthin verfrachtet. Da viele der Riesencontainerpötte aus Shanghai kommen, unterhalten der Senat und die Handelskammer im weltgrößten Hafen seit 1986 eine „offizielle Vertretung“, eine Art Botschaft. Außerdem gibt es eine Städtepartnerschaft.
Mehr als 1,3 Millionen China-Container kamen allein im ersten Halbjahr 2022 in Hamburg an. Die Nummer zwei, die Vereinigten Staaten, bringt es nicht einmal auf 0,3 Millionen. Umgekehrt ist Hamburg für Chinas Exportwirtschaft das Tor nach Europa, hunderte Firmen haben hier ihre Niederlassung. Inzwischen gilt Hamburg außerdem als eine der wichtigsten Endstationen der „Neuen Seidenstraße“, mit der die Regierung in Peking langfristige strategische Ziele verfolgt.
Lange wurden in Politik und Wirtschaft die engen Beziehungen als Win-Win-Situation wahrgenommen. Nun erscheinen sie als Gefahr. Spätestens seit den militärischen Drohgebärden von Staatspräsident Xi Jinping gegenüber Taiwan klingeln die Alarmglocken: Was passiert, wenn China angreift – und sanktioniert wird?
Die Politik hat das Problem offenbar erkannt, die Wirtschaft noch nicht: Die deutschen Direktinvestitionsflüsse nach China waren im ersten Halbjahr des Jahres noch nie so hoch, zeigt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft. Auch die Importe aus der Volksrepublik und das deutsche Defizit im Handel mit China erreichen gerade ein Allzeithoch.
Für Minister Habeck scheint die Sache klar
Auf Anfrage der taz bestätigte ein Sprecher des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, „dass ein Investitionsprüfverfahren im Zusammenhang mit Cosco und HHLA durchgeführt wird“. Es sei aber noch nicht abgeschlossen. Für Minister Robert Habeck scheint die Sache aber klar: Vermeintlich kritische Infrastruktur wie ein Hafenterminal will er nicht mehr in chinesische Hände geraten lassen, auch nicht zu Teilen.
Das ist allerdings woanders längst geschehen. Cosco hat in den vergangenen Jahren mehrere Beteiligungen an Häfen in Europa erworben. 2016 hatte die Übernahme des griechischen Hafens von Piräus noch international für Kritik gesorgt. Mittlerweile hat sich Cosco auch an Terminals in Rotterdam und Antwerpen beteiligt, den großen Rivalen des Hamburger Hafens. Logistiker und Reedereien versprechen sich von solchen Beteiligungen eine reibungslose Abwicklung der Transporte und mehr Umsatz. So ist die HHLA ihrerseits in Tallinn, Triest und Odessa aktiv.
Für die Wirtschaft geht es bei der Entscheidung um weit mehr als um den Hamburger Hafen. So ist China für deutsche Autokonzerne der mit Abstand wichtigste Markt. Und „Seltene Erden“, ohne die Maschinen oder Flugzeuge nicht hergestellt werden können, beziehen deutsche Unternehmen fast ausschließlich aus dem Reich der Mitte.
Der Industrieverband BDI fordert daher von der Bundesregierung eine Politik, „welche die Risiken von zu großen Abhängigkeiten mit den Risiken einer zu konfrontativen Ausrichtung gut ausbalanciert“. Man dürfe sich „nicht von der Angst vor Repressionen leiten lassen.“
Die Bundesregierung plant derweil Zwangsmaßnahmen zur Reduzierung des China-Geschäfts. So sollen die üblichen Staatsgarantien für Aktivitäten in der Volksrepublik stark eingeschränkt werden. Darüber hinaus ist die Einführung einer Meldepflicht für Investitionen in China im Gespräch – und die Möglichkeit, diese zu untersagen.
Das Modell für diese protektionistische Industriepolitik liefern die USA. Die sind allerdings weit weniger abhängig von florierenden China-Geschäften als die deutsche Wirtschaft.
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