Zu den Parlamentswahlen in Spanien: Den Stier bei den Hörnen packen
Die spanischen Sozialisten könnten an der Macht bleiben. Dafür müssten sie die Vielfalt im Land repräsentieren. Es droht immer noch ein Rückschritt.

W enn das Wahlergebnis eines zeigt, dann das: Spanien ist gespalten. Die spanienweite Rechte vereint rund 45 Prozent der Stimmen auf sich. Der Rest geht an die bisherige Linkskoalition aus Sozialisten und Linksalternativen sowie mehrere regionale Parteien. Der eine Block steht für das traditionelle Spanien, für männliche Dominanz und für ein einheitliches monokulturelles Land – der andere Block ist die bunte Vielfalt, die Spanien heute tatsächlich ausmacht.
Ministerpräsident Pedro Sánchez, den alle Umfragen für tot erklärt hatten, wusste dies nur zu genau und nutzte es. Er hat die Wahlen vorgezogen. Der Wahlkampf fiel damit in die Zeit, in der die rechtskonservative Partido Popular (PP) seines Herausforderers Alberto Nuñez Feijóo mit der rechtsextremen VOX Regionalregierung und Bürgermeisterposten aushandelte.
Was dort in die Koalitionsabkommen geschrieben wurde, macht der Mehrheit Angst: Schluss mit LGTBI-Fahnen an öffentlichen Gebäuden, Schluss mit Programmen gegen Gendergewalt, Schluss mit der Förderung der regionalen Sprachen, Zensur überall dort, wo die beiden rechten Parteien traditionelle Werte verletzt sehen oder wo der Opfer der Franco-Diktatur gedacht wird, von der sich weder PP noch VOX jemals wirklich distanziert haben.
Nun hat Sánchez erneut die Möglichkeit, eine Regierung zu bilden. Leicht wird das nicht. Denn dazu muss er all das in Angriff nehmen, was jahrzehntelang versucht wurde, unter dem Deckel zu halten. Allem voran die Konflikte um Katalonien und das Baskenland. Dort ist der Wunsch nach Unabhängigkeit – das heißt, nach der Möglichkeit, darüber abzustimmen – nie verstummt. Er wird gar immer lauter.
Die Linkskoalition hat nur eine Wahl
Das vielfältige Spanien, das Sánchez erneut in den Regierungspalast La Moncloa hieven könnte, will Antworten, will respektiert werden, genau dafür würden sie erneut eine Sánchez-Regierung in Madrid unterstützen. Die Alternative im Falle eines Scheiterns ist ein gewaltiger Rückschritt und der – so zeigt das Wahlergebnis – lauert nur wenige Stimmen entfernt auf seine Chance. Die Linkskoalition hat nur eine Wahl: Den Stier bei den Hörnern zu packen. Für Sánchez wird es nicht leicht. Für Spanien wird es nicht leicht.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links