ZDF-Journalistin in der „Jungen Freiheit“: Reden mit den Rechten
Dunja Hayali gibt der rechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“ ein harmloses Interview. Außer dem Blatt hat davon niemand etwas.
„Sie können doch sicher auch verstehen, dass man als Journalist auch dahin geht, wo es weh tut?“ Mit diesem Satz begegnet die ZDF-Journalistin Dunja Hayali via Twitter dem Vorhalt, sie hätte besser nicht mit der Jungen Freiheit gesprochen. Hat sie aber. Und zwar ziemlich ausgiebig. Auf Seite 3 der Rechtspostille finden LeserInnen ihr Interview. Überschrift: „Wenn der Dialog endet, können wir alle einpacken“. Auf dem dazugehörigen Foto schaut sie herausfordernd in die Kamera, die Arme in der Lederjacke hat sie vor der Brust verschränkt. Guckt ruhig!, meint dieses Bild.
Und ja, es wird geguckt. Dunja Hayali, die Antirassistin, spricht mit der Jungen Freiheit. Das ist ein medialer Coup, den das Blatt clever zu verwerten versteht. Noch am Mittwochabend, zwei Tage bevor die Junge Freiheit am Kiosk liegt, fanden JournalistInnen – auch der taz – das Vorab-PDF in ihren Mails. Es soll nicht verhehlt werden, dass die Autorin dieser Zeilen beim Lesen des triumphierenden Pressetextes („… forderte Hayali zudem einen unvoreingenommenen Dialog über die politischen Grenzen hinweg“) vor allem eines fühlte: Enttäuschung. Aber so einfach ist es eben nicht.
Es ist nicht nur Hayalis Recht, sondern seit Langem ihr journalistisches Prinzip, Menschen offen zu befragen und deren Sicht medial Raum zu verschaffen. Als Reporterin des ZDF-„Morgenmagazins“ etwa ging sie 2015 zu einer AfD-Demonstration in Erfurt und befragte die TeilnehmerInnen nach ihren Motiven. Die Antworten boten sowohl einen sehr speziellen Einblick in den inneren Kosmos von Fremdenfeinden als auch einen Vorgeschmack auf das, was nach dem „Flüchtlings-Sommer“ noch kommen sollte: Herabwürdigungen, Einschüchterung und Gewalt. 2016 gewann Hayali für diesen Beitrag die Goldene Kamera, ihre Dankesrede wurde zum YouTube-Klickmonster. Bewunderung und Sympathie für sie waren groß. Und nun, im Frühling 2017, spricht sie mit der Jungen Freiheit.
Inhaltlich ist das JF-Interviews relativ harmlos. Man sollte auch mal „in den Schuhen des anderen wandeln“, begründet sie ihre Gesprächsbereitschaft. Auf den kaum verhohlenen Lügenpresse-Vorhalt antwortet sie lediglich, da habe sie „eine andere Wahrnehmung“. Und auf die Frage, warum sie nicht mal eine Reportage „über Ausgrenzung und Diskriminierung von Konservativen“ mache, hätte man sich statt ihrer devoten Antwort („Ein guter Hinweis“) einen kursiven (lacht lang und ungläubig)-Vermerk gewünscht.
Ihre Sache
Aber hey, das ist ihre Sache. Die Medien sind frei in diesem Land; ihre VertreterInnen karren eben nicht im Meinungs-Joch ihrer Auftraggeber. JournalistInnen können RassistInnen oder AntirassistInnen sein; sie können über Gesundheits- oder Rüstungsthemen schreiben. „Wir sind keine Übermenschen, wir machen Fehler“, hat Dunja Hayali bei ihrer Dankesrede 2016 gesagt.
„Der andere könnte recht haben“ – dieser Satz des Philosophen Hans-Georg Gadamer hat in diesen Zeiten härter werdender politischer Auseinandersetzungen Konjunktur. Es ist ein kluger Satz. Er fordert, die Argumente der Gegenseite zu würdigen und die eigenen kritisch zu hinterfragen. Möglicherweise hatte Hayali bei ihrer Interviewzusage Gadamer im Hinterkopf. Sich nur auf die eigenen Standpunkte zurückzuziehen bewirkt ja nichts. Aber muss es gleich die Junge Freiheit sein? Das Ganze erinnert ein wenig an die DDR, wo durchaus kluge Leute mit der Stasi redeten, in dem Glauben, auf diese Weise etwas zum Guten beeinflussen zu können. Das Ergebnis ist bekannt.
Es ist diesmal eben nicht so, dass eine Journalistin im Dienste ihrer Zuschauer einen Sachverhalt aufklärt oder darstellt. Durch die Interviewsituation hat sich Hayali in eine Rechtfertigungssituation gebracht. Sie habe „freunde gefragt“, schreibt sie ihren Kritikern auf Twitter, „mehrheit war dafür“. Reden mit den Rechten als private Demokratieübung – es soll vorgekommen sein, dass Mehrheiten nicht die klügere Entscheidung getroffen haben.
Schon jetzt kann man sagen, wer bei der Sache gewonnen hat. Die Junge Freiheit bringt sich mit ihrem Hayali-Interview ins Gespräch. Eine Wochenzeitung, die als Aufreger mal nicht mit Erika Steinbach oder Marcus Pretzell vorliebnehmen muss – so was wirkt fast schon normal.
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