piwik no script img

Wohnungssuche in StädtenKein Platz für Familien

Der Wohnungsmarkt ist überall leer gefegt. Große Wohnungen für Familien gibt es praktisch gar nicht. Große Ansprüche gibt es dafür kaum.

Ganz schön eng für eine fünfköpfige Familie Foto: Simon Battensby/imago images

W ir tun bald etwas total Mutiges und ziehen aus unserer bezahlbaren, hellen, großen, ruhigen 4-Zimmer-Altbauwohnung im Grünen mit U-Bahn in der Nähe aus. Wir brauchen keine Nach­mie­te­r*in­nen mehr, tut mir leid.

Aber ja, wir verlassen diese Wohnung, denn wir ziehen nach Wien. Eine Entscheidung, die wir aus mehreren Gründen getroffen haben. Einer davon ist, dass wir seit bald fünf Jahren Eltern sind und uns in Berlin das Netzwerk fehlt. Wir sind müde. Jedes Mal, wenn ich von anderen Eltern höre, dass die Kinder am Wochenende bei den Großeltern waren, möchte ich heulen. Jedes Mal, wenn ich höre, dass es Eltern gibt, die das alles alleinerziehend machen, möchte ich schreien.

In Wien gibt es Familie und auch Freund*innen, die sich in ähnlichen Lebensabschnitten befinden. Dass wir die in Berlin nicht haben oder kaum sehen, liegt auch daran, dass unsere Wohnung in einem Außenbezirk liegt. Innerhalb des Rings und knapp dahinter konnten wir uns nichts mehr leisten.

Was mir bei der Wohnungssuche in Wien nun wieder auffällt, ist, dass es kaum noch 4-5-Zimmer-Wohnungen gibt. In Berlin ist es ähnlich. Im Tagesspiegel habe ich mal gelesen, dass nur noch jede fünfte neu gebaute Wohnung fünf Zimmer oder mehr hat. Weil es ertragreicher ist, mehrere kleinere Wohnungen zu vermieten. Und um die wenigen großen Wohnungen konkurriert man oft mit insgesamt besser verdienenden WGs. Für Familien eine Katastrophe, denn man kann Kinder nur bedingt stapeln.

In Wien werden Neubauwohnungen oft nicht größer als 110 Quadratmeter gebaut. Das ist generell nicht wenig, aber als vier- oder fünfköpfige Familie dann doch. Vor allem wenn man, wie wir, ein Arbeitszimmer braucht, weil man auch zu unmöglichsten Zeiten in Ruhe schreiben können sollte.

Die Wohnungssuche als Familie ist ganz anders als früher. Man sucht nicht mehr nach Balkon, Stuck und Parkett. Also Balkon schon, aber nicht für morgens schön Sektfrühstück, sondern weil die 38 Wäscheständer, die man so hat, irgendwo hin müssen. Es sind banalere Dinge, die nun zählen. Ein Abstellraum, weil wohin mit den Windeln, den Schwimmsachen, den Jacken und dem ganzen anderen Zeug. Ein zweites Klo, denn mit einem steht immer, sobald man die Tür geschlossen hat, ein Kind zappelnd vor der Tür und brüllt: „Ich muss maaaaal.“ Und von all dem Kontrollverlust, den man als Elternteil erlebt, hat der Verlust des selbstbestimmten Klogangs einen Ehrenplatz. Es werfe den ersten Stein, wer noch nie durch eine geschlossene Tür gebrüllt hat: „Verdammt, kann ich denn nicht einmal in Ruhe kacken!“

Auch eine Badewanne ist ein Muss. Jeder, der schon mal versucht hat, ein Kind zu duschen, das Angst vor dem Duschkopf hat, wird wissen, wovon ich spreche. Aber am meisten brauchen Familien natürlich das, wovon es gerade am wenigsten gibt: bezahlbaren Wohnraum.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Saskia Hödl
Autorin
Jahrgang 1985, ist freie Autorin in Wien und schreibt über Politik, Medien und Gesellschaft. Ehemalige taz panter Volontärin, taz eins Redakteurin und taz2&Medien Ressortleiterin.
Mehr zum Thema

19 Kommentare

 / 
  • Übrigens, es gibt auch Menschen ohne Familie, darunter Männer, alleinstehend.



    Wann will man endlich auch mal was für die tun?

    • @cuba libre:

      Tinnihaus oder Zeltplatz oder Vagabund würde ich vorschlagen. Übrigens hängt das auch mit der Förderpolitik zusammen. Es werden Wohnobjekte gefördert, egal wie groß sie sind. Eine fünf Zimmerwohnung zu bauen rentiert sich für einen Bauträger schlichtweg nicht, wenn er Fördergelder will. Und private Vermieter wissen, dass keiner mit Großfamilien im Haus wohnen will. Ich selbst mußte, weil selbstverschuldet.Soviel zur Bevorteilung von Ein - Mann - Wohnungen.



      Wohnungsund Familienpolitik ist dank CDUCSU und SPD so schlecht wie die Politik im Personenverkehr. Tjha da fehlen jetzt weiterhin die Politiker*innen wie Spiegel, die wissen, dass Familie Verantwortung. bedeutet.

  • 4G
    47261 (Profil gelöscht)

    Ich werde immer ganz eifersüchtig, wenn ich die Kolumne von Frau Hödl lese. 110 Quadratmeter reicht nicht für 4 bis 5 Leute??? Jedes Mal sag ich mir: Lies das jetzt nicht. Diese Apfelschnittchen-Probleme der zu zweit Erziehenden gesunder Kinder machen schlechte Laune....

    • @47261 (Profil gelöscht):

      Die durchschnittliche Wohnfläche pro Person liegt in DE bei 48 qm. 110 qm / 4 = 27 qm pro Person. Wo sehen sie da ein Apfelschnittenproblem?

      • 4G
        47261 (Profil gelöscht)
        @Rudolf Fissner:

        Vielleicht ist es einfach das Umfeld, in dem ich mich bewege, in dem viele 4köpfige Familien auf 90 qm wohnen und sich sehr glücklich schätzen. (incl. ich). Mich stört an sich an diesen "Familienkolumnen", dass immer so auf "Die Familie an sich ist arm" gemacht wird. Da ich Singles kenne, die bei gut verdienenden Familien babysitten, putzen und gärtnern finde ich der Fokus sollte auf arm und reich und nicht auf Familie und nicht-Familie gelegt werden. Denn: Eine Familie gründen ist gerade bei Reichen sehr beliebt, bzw. gehört heute unbedingt dazu. Aus den DINK sind nach zwei Jahren oft Familien mit Kindern geworden und viele WGs werden in Familienwohnungen umgewandelt. Manche Familien sind arm, manche sind reich manche sind superreich. Probleme bei der Wohnungssuche haben in Berlin ausnahmelos alle, die nicht sehr reich sind. Während wir aber einen WBS beantragen konnten, konnte das mein Single-Kollege nicht. Er sucht bis jetzt.

    • @47261 (Profil gelöscht):

      Oft ist das problem nicht die Fläche, sondern der Schnitt.



      Drei Schlafzimmer, Wohnzimmer, Arbeitszimmer - So viele Zimmer haben viele Wohnungen einfach nicht.



      Man könnte gerne im wohnzimmer auf ein paar Quadratmeter verzichten, aber man kann trotzdem kein zusätzliches Zimmer draus zaubern.

  • Hm…ich verstehe ja dass das Wohnen in den großen Städten attraktiv ist…aber dann bitte konsequent: Mehr bauen! Höher bauen! Und: Schöner bauen! Die Altbauwohnungen mit den hohen Decken und Stuck sind ja nicht umsonst so attraktiv…das geht neu aber auch (Retro-Kitsch lasse ich als Gegenargument nicht gelten!), natürlich mit modernster Isolierung und Wärmerückgewinnung…und freie Flächen wie das Tempelhofer Feld könnten ja wenigstens zur Hälfte auch für sowas freigeben werden…

  • "Große Ansprüche gibt es dafür kaum."

    Groß ist relativ. Ich lese von 4-5 Zimmern, 2 Bädern, Badewanne, Balkon und Abstellkammer und frage mich, ob ich eine solche Mietwohnung in meinen knapp 40 Jahren überhaupt schon einmal gesehen habe.

  • Eigentlich sollte es in einem Land wie Deutschland bei einer Fertilitätsrate von 1,6 - und dies seit Jahrzehnten - mehr als genug Wohnungen geben. Und entsprechend billig.

    Städte sollten immer mehr Grünflächen aufweisen. Häuser auch für junge Familien finanzierbar.

    Leider ist es umgekehrt. Deutschland wird immer voller.

    Zudem werden jede Menge Immobilien von Investoren gekauft, die ihr Geld in Sachanlagen stecken möchten, bevor es durch die Inflation immer mehr an Wert verliert.

    Spätestens seit der Finanzkrise 2008/2009, als die EZB und diverse EU-Länder massiv eingreifen mussten um einen Total-Crash zu vermeiden, ist klar, dass diese Inflation kommen musste. Wenn soviel Billionen ins System geschüttet werden, kann Inflation nicht ausbleiben.

    Nun, aber all diese Immobilien bringen nichts, wenn die Nachfrage nicht besteht. Doch die ist gigantisch, insbesondere etwa ab 2012.

    www.zeit.de/gesell...stisches-bundesamt

  • Der allererste Umzug mit Familie steht auch mir im kommenden Jahr ins Haus, und es graut mir davor - zumal es nicht nach Wien geht, sondern in die völlig entgegengesetzte (und damit falsche) Richtung.

    In Wien hat es selbst mein Bruder, der das Kunststück vollbracht hat, sowohl in der SPÖ als auch beim ÖCV reihenweise Hawara zu haben, nur mit Ach und Krach zu einer 5-Zimmer-Wohnung gebracht. Ohne Stuckbalkonparkett, und wenn die Kinder ihn vor die Wahl stellen "Einzelzimmer oder Hungerspiele", dann ist auch das Arbeitszimmer perdü. Zu vermieten hätten wir leider nur Garçonnièren.



    In diesem Sinne wünsche ich alles Gute und viel Erfolg...



    In diesem Sinne

  • Hallo Frau Hödl,



    das klingt ja wirklich schrecklich was Sie da beschreiben und das meine ich wirklich ernst!



    Mir persönlich würde kein Grund einfallen warum man sich das freiwillig antun sollte vor allem da günstiger Wohnraum zur Zeit tatsächlich hin Hülle und Fülle zur Verfügung steht.



    Zugegeben vielleicht nicht gerade in Berlin oder Wien... aber wenn Sie sowieso vom Besuchen der Oma auf dem Lande Träumen habe ich einen Vorschlag für Sie.



    Kommen Sie doch zu uns aufs Land!



    200m² oder mehr zum Spottpreis? Kein Problem! Entweder Haus, Doppelhaushälfte oder zur Miete (inzwischen auch vermehrt auf Bauernhöfen die für eine Familie allein zu groß geworden sind)



    Eigener Garten mit dabei, Wäsche draußen aufhängen oder im Winter im Keller.



    Saubere Luft (zugegeben ab und zu mit leichter Tiernote) und kein langer Weg zum Spielplatz, der ist dann nämlich direkt im Garten oder im Wald dahinter.



    Und da Sie ja eh von zuhause aus Arbeiten (müssen?) kommt ihnen der zur Zeit stattfindende flächendeckende Glasfaserausbau hier bei uns sicher zu Gute.



    Zugegeben Mobilität ein wenig schiwerig, aber warum in die Ferne schweifen wenn das Gute so nah liegt?

    Also was hält Junge Eltern eigentlich so unbedingt in den teuren, überfüllten Städten?



    Soziale Kontakte? Der kurze Weg in die Kiezkneipe? Kultrelles Angebot?



    Zum wohl der Kinder macht man es wohl eher nicht.



    (Die Frage meine ich tatsächlich ernst, ich verstehe es nicht da ich hier schon aus mehreren Artikeln und Kommentaren herausgehört haben mit welchen Bürden das Stadtleben verbunden ist)



    Die Arbeit scheint ja bei Ihnen nicht der limitierende Faktor zu sein.

    Schönen Gruß und viel Erfolg in Ihrer neuen nicht mehr ganz so kleinen Wohnung.

    • @Teleshopper:

      "Also was hält Junge Eltern eigentlich so unbedingt in den teuren, überfüllten Städten?"



      Vermutlich auch die Einsicht, dass spottbilige 200m² (ungedämmt?) und mehrere PKW auf die man für wirklich jede Strecke 'angewiesen' ist, ein Modell sind, dass auch die Zukunft der eignen Kinder zerstört.

      • @Ingo Bernable:

        Nunja ich persönlich habe das Glück das meine Arbeitsstelle nur ca. 5km entfernt ist und brauche kein Auto. Meine Frau betreut als Therapeutin mehrere Jugend-Wohneinrichtungen und muss daher oft weitere Strecken fahren, sie hat also eines. Kinder fahren mit dem Bus zur Schule. Urlaub wird einmal im Jahr 130 km nördlich an der Nordsee gemacht.



        Ich glaube die Bilanz ist gar nicht so schlecht. (Ich weiß dass das hier sicher nicht auf alle zutrifft, aber man kann sein Leben ja auch ein bisschen darauf ausrichten)

        Zum Haus kommt es beim Bestandskauf natürlich drauf an wie viel man bereit ist selber zu machen (Handwerklich), aber auch sonst wird Energieeffizientes Sanieren zur Zeit recht gut gefördert.



        Bauen lässt sich ein "Klimaneutrales" Holzrahmenbauhaus von ca. 150 m² für 160.000 - 180.000€ (Wenn das Grundstück schon vorhanden und erschlossen ist. Bei einem durchschnittlichen Mietpreis von 15 € Berlin könnte man für 180.000€ in einer 150m² Wohnung für ca. 6,6 Jahre Wohnen und es gehört immer noch dem Investor....



        (15€ x 150 m² = 2250 €/Monat



        180.000€ : 2250€/Monat x 12Monate/Jahr = 6,6 Jahre)



        Ich weiß ist eine Milchmädchenrechnung und wäre inzwischen vielleicht etwas teurer (Holzpreise) aber dafür gehört es dann auch der eigenen Familie oder meinetwegen auch Genossenschaft.

        • @Teleshopper:

          160.000-180.000€ für einen Neubau? Das glaubt man aber auch nur, wenn man zu viele Fertighauskataloge durchgeblättert hat!

          Ein Haus inkl Baunebenkosten kommt ohne Grundstück auf ca 300.000€, mit Keller eher 350.000-400.000€. Selbst ein Fertighaus. Zumindest war das vor 5 Jahren so, heute wird es garantiert nicht günstiger sein

  • Und es liegt auch daran, dass zahlreiche dieser doch recht großen und familiengeeigneten Wohnungen von gutverdienenden (ohne Kinder hat man halt mehr Geld) DINK-Pärchen bewohnt werden (O-Ton Laternenzettel um die Ecke: Gutverdienendes kinderloses Stuttgarter Pärchen sucht Wohnung 4-5 Zimmer, 110 qm im Bötzowkiez, bis zu 2000 Euro nettokalt, 3000 Euro Belohnung (realer Zettel, Klischee kommt halt doch von irgendwoher)), während man als 4 oder 5 Personen Familie in 3 Zimmern auf 80 qm haust, weil es zum einen keine bezahlbare Wohnung mit mehr qm bzw. Zimmern gibt, zumindest nicht, wenn man nicht nach Marzahn bzw. Hinterbuxtehude in die 15-Geschoss-Legebatterie möchte... und halt, weil man mit zahlreichen anderen Familien oder WGs um den knappen, qm-reichen Wohnraum konkurriert. Da plädiere ich doch tatsächlich (und ich glaube, das gab es schon mal), eine Fehlbelegungsabgabe einzuführen, und wenn das nicht reicht, wie nach dem Krieg, Wohnungssuchenden "freien", d.h. nach der Fehlbelegungserfassung offensichtlich fehlgenutzten Wohnraum, zuzuweisen. Ich könnte wetten, das Wohnungsproblem in Berlin wäre im Handumdrehen gelöst...

    • @Max Weber:

      Die Fehlbelegungsabgabe tritt nur bei öffentlich geförderten Wohnraum ein (den es quasi nicht mehr gibt) und eine Nutzung von 110 qm durch 2 Personen stellt wohl keine offensichtliche Fehlnutzung des Wohnraumes dar.

      Und selbst wenn man dann mal wieder auf die Idee kommen sollte, die Miete zu deckeln, welchen Bewerber würde der Vermieter dann wohl nehmen?

  • Wien ist doch immer das große Vorbild für bezahlbaren Wohnraum gewesen.

    • @Hans Wurst:

      Es ist immer noch so, aber der Unterschied ist nicht mehr so deutlich wie früher. Das liegt unter anderem daran, daß Nachverdichtung, Brachen-Bebauung usw. nicht mehr in dem Maße möglich sind, wie dies bis in etwa die 90er Jahre der Fall war. Die Seestadt Aspern ist ein ziemlich großes laufendes Projekt, aber schon recht weit draußen.

  • Das Problem ist doch lediglich, dass zu viele Menschen in die Städte ziehen und immer weniger Menschen aus den Wohnungen ausziehen. Da hilft keine Enteignung, kein gesetzlicher Anspruch und nur sehr bedingt der Wohnungsneubau.

    Letzten Endes muss man dann halt in die Provinz und entsprechend lange pendeln.