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Wirtschaftswachstum in DeutschlandRezession wieder vorbei

Mit der Wirtschaft geht es bergauf: Es wird gebaut und exportiert. Die Bevölkerung profitiert jedoch bislang kaum, der private Konsum sinkt weiter.

Hurra, es wird wieder gebaut, die Wirtschaft wächst! Bloß: Bei wem kommt das an? Foto: Sven Hoppe/dpa

Wiesbaden dpa/taz | Die Deutsche Wirtschaft hat nach der Flaute 2023 zu Beginn des laufenden Jahres wieder zugelegt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) – also die Gesamtheit aller hierzulande produzierten Waren und erbrachten Dienstleistungen – stieg im ersten Quartal 2024 im Vergleich zum letzten 2023 um 0,2 Prozent. Das teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag anhand einer ersten Schätzung mit.

Viele Volkswirte glauben, dass Europas größte Volkswirtschaft damit das Schlimmste überstanden haben könnte. Auch die Bundesregierung sah in ihrer jüngsten Prognose zunehmend Anzeichen für eine Trendwende. Dass die Konjunktur bald so richtig anzieht, erwartet aber niemand.

Zum Jahresende 2023 war die Wirtschaftsleistung im Quartalsvergleich nach allen Bereinigungen um 0,5 Prozent gesunken. Im Gesamtjahr 2023 kam so ein leichter Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von minus 0,2 Prozent zustande. Gründe dafür waren die weltweit schlechtere Lage der Weltwirtschaft, von der Deutschland als Exportnation besonders abhängig ist, die zeitweise hohen Energiepreise sowie die angehobenen Zinsen, die Investititionen verteuern.

Dass die Wachstumskurve nun wieder nach oben weist, hat damit zu tun, dass nach dem Einbruch im vergangenen Jahr und dem Winter nun wieder mehr gebaut wird. Auch die Exporte laufen wieder besser, zumal sich andere Länder schneller erholten. Bei den Menschen sind bislang aber weder die wirtschaftliche Erholung noch die steigenden Hoffnungen der Wirt­schafts­ma­che­r:in­nen auf mehr Umsatz und Gewinn angekommen. Auch vom Aufschwung am Bau haben sie wenig zu erhoffen. Der private Konsum ging sogar weiter zurück.

Mit Schuldenbremse geht nichts

Die Bundesregierung hat ihre Konjunkturprognose schon in der vergangenen Woche leicht angehoben. Sie erwartet nun 0,3 Prozent Wachstum im laufenden Jahr, 0,1 Prozentpunkt mehr als zunächst. Ein Wachstum von 0,3 Prozent sei natürlich „nichts, mit dem wir zufrieden sein können“, räumte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ein, der auch für die Klimapolitik verantwortlich ist. Es gebe aber „positive Entwicklungen“. Beispielsweise habe die Inflation schneller nachgelassen als erwartet.

Bei einer Veranstaltung der Zeitung HNA in Kassel sprach Habeck sich nun für ein „kurzfristiges“ und „wuchtiges“ steuerliches Entlastungsprogramm für die Wirtschaft aus. Dazu müsse jedoch die Schuldenbremse reformiert werden. Mehr Flexibilität würde es erlauben, mehr zu tun für die Bauwirtschaft und für mehr Investitionen der Firmen, sagte Habeck. Tatsächlich würde sie es ganz konkret auch erlauben, in die sozialökologische Transformation zu investieren – und soziale Ungleichbelastungen abzufedern, die aus dieser entstehen.

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12 Kommentare

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  • Hach, dann können manche nicht mehr so wohlfeil über den Untergang des Abendlands durch die bösen Grünen fantasieren. Herzliches Beileid!

    Denken wir aber auch weiter. Sollten wir nicht zeugs-effizienter werden, also mit weniger Zeugs auch glücklicher werden, um einfacher und nachhaltiger Armut und Umweltkrisen bekämpfen zu können? Damit der Wachstums-Kapitalismus nicht mit Vollkrise verbleicht, sondern sanfter umgebaut wird.

  • Wenn irgendwer gehofft hat, dass in dieser Lage deutlich wird, dass Deutschlands Abhängigkeit von der Exportwirtschaft und besonders von energiefressender Produktion ein Problem ist, das dringend überwunden werden muss, sieht sich getäuscht. Sogar die Grünen halten es für gottgegeben oder den natürlichen Zustand der Welt, dass „wir“ Exportweltmeister sind.



    Das einzige, was den sogenannten Experten dazu einfällt, ist die unsinnige Trickle-Down-, oder besser noch „Pferdeapfel“-Theorie: Der Staat soll „der Wirtschaft“, d.h. der umwelt- und klimazerstörenden von fossiler Energie abhängigen Exportindustrie mehr Geld geben, damit deren Aktionäre sich neben ihren Dividenden auch mal zu Investitionen herablassen, und wenn diese Zugpferde nur genug futtern, bleibt am Ende auch was für die Schmeißfliegen übrig.



    Ob unser Klimaschutz(!)-Minister wirklich glaubt, dass es so grünes Wachstum und sozialen Ausgleich geben wird?

  • Leider ist das 'Wachstum' eine Milchmädchenrechnung, schließlich werden Preiserhöhungen von z.B. LIDL, Rewe & Co auch als 'Wachstum' auch angerechnet und trifft vor allem die Ärmsten. Beispiele: Zucker 80% teurer, Milchprodukte bis zu 100 %, Obst und Gemüse haben auch neue Preise. Oder deutsche Autos: Da die automatisierten Fliessbänder über einen langen Zeitraum abgeschrieben werden



    müssen, wurden die Modelle bis zu 30 % teurer, inzwischen werden die meisten Neufahrzeuge nur noch verleast (das dicke Ende kommt spätestens, wenn die Karossen auf dem Gebrauchtmarkt Richtung Osteuropa nicht mehr wie früher abgenommen werden, weil chinesische Neufahrzeuge günstiger werden). So steigern VW & Co die Profite, obwohl sie weniger Fahrzeuge verkaufen, aber es wird als 'Wachstum' angerechnet. Inzwischen sinken die Preise wieder, weil der Binnenmarkt schrumpft, junge Leute kaufen weniger Fahrzeuge. Leider nur Taschenspielertricks und Schöngerede.



    Allein heute wieder neue Insolvenzen in der Möbelbranche oder bei einem Hersteller, der für ALDI günstigen Brotaufstrich herstellte. 'Wirtschaftsminister' ist ein ziemlich hoffnungsloser Job heutzutage, insbesondere in Deutschland.

  • 0,2% Wachstum und schwuppdiwupp die Rezession ist vorbei, sagen "viele Volkswirte".

    Na dann.

    Da könnte man doch glatt auf den Gedanken kommen, die Schuldenbremse auszusetzen, um den Wirtschaft gleich nochmal mit wunderbaren Investitionen eine Superbooster zu verpassen.

    Oh Mann.

  • Steigender Verbrauch, sichert Arbeitsplätze, Umsatz und Gewinn. Wer sich jetzt kein drittes Auto, dritten Fernseher, drittes Smartphone ... zweiten Magen und zweite Leber anschafft, der gefährdet unseren Wohlstand und unsere Wirtschaft!



    Steigender Verbrauch = steigendes Wirtschaftswachstum, garantiert steigende globale Temperaturen. So sparen wir Geld für die Heizkosten, dass wir für die klimabedingt höheren Versicherungsprämien, Staatshilfen und Unternehmenssubventionen ausgeben können.



    Einen schönen 1. Mai!

  • Schade, nur ein Rückgang der Industrieproduktion und Konsum von von überflüssigen Produkten (E-Scooter) würde uns aus der Klimakatastrophe retten!



    Weniger ist mehr!

  • taz: "Mit der Wirtschaft geht es bergauf."

    Ein Glück, denn ich hatte schon befürchtet, dass das klimaschädliche Wirtschaftswachstum sich dem Ende neigt und der Klimawandel nicht mehr genug CO2 bekommt, damit er auch in den nächsten Jahren 'groß und stark' werden kann.

  • Die Bundesregierung macht halt das schlimmste was eine Regierung in einer Rezession machen kann... Knausern... Weil die Weltlage schlecht ist könnte der Staat die freieWirtschaftskraft für staatliche Aufträge nutzen... Das würde für ordentlich Anschub sorgen...nebenbei durch die Wahl der Infrastrukturprojekte die Verkehrs und Energiewende anschieben und die Digitalisierung/Netzabdeckung 5G an jeder Milchkanne.... ES IST ZUM HEULEN!!!!

  • War alles nur wieder neoliberale heiße Luft um auf Kosten der Steuerzahler Gewinne zu maximieren und Verluste der Allgemeinheit aufs Auge zu drücken. Gewerkschaften und Arbeitslose werden an den Pranger gestellt, beim Mindestlohn wird nur rumgeeiert und Anleger freuen sich über Traumrenditen. Die Politik steht zu diensten damit das alles läuft, während ansonsten alles den Bach runter geht. Über Begriffe wie Gemeinwohl lachen die sich tot. Nach dem ideologiegetriebenen Turbokapitalismus kommt dann der Faschismus der vom Kapital zum Selbsterhalt zunehmend unterstützt wird.

    • @Andreas J:

      "Nach dem ideologiegetriebenen Turbokapitalismus kommt dann der Faschismus der vom Kapital zum Selbsterhalt zunehmend unterstützt wird."

      Inwiefern wird der Faschismus vom Kapital unterstützt?

      Haben Sie sich um Jahrhundert vertan?

      Neben dem BDI warnen auch andere Vertreter der Arbeitgeber vor der AfD.

      Wussten Sie das nicht?

      • @Jim Hawkins:

        Musk, Peter Thiel, Koch Industries, der Millionär der die AFD mit Spenden unterstützt hat, die Anwesenheit von Wirtschaftsvertretern beim den geheimen Treffen der AFD bei denen über Remigration gesprochen wurde. Die zahlreichen wohlhabenden Unterstützer von Trump usw. Das sind vor allem Investoren weniger die Arbeitgeber und ihre Interessenvertretungen. Es gibt auch rechte neoliberale Think-Tanks deren Finanzierungen schleierhaft sind und die versuchen Einfluss auf die Politik zu nehmen. Auch in Brüssel. Alles ziemlich aktuell. Wussten sie das nicht? Das Internet schafft Abhilfe.

  • Kaum haben Klimaminister Habeck und das Statistische Bundesamt, das der SPD-Innenministerin zugeordnet ist ein geschätztes Mini-Wachstum von 0,2 % verkündet , ist die Rezession schon vorbei !

    "Viele Volkswirte glauben, dass Europas größte Volkswirtschaft damit das Schlimmste überstanden haben könnte. "

    Da ist der Glaube stärker als die ökonomische Vernunft !



    Erst wenn der private Konsum wieder relevant anzieht ( Binnennachfrage! ) , der Export , der Wohnungsbau und die Steuereinnahmen lässt sich von einer konjunkturellen Erholung sprechen , die dann auch statistisch erhoben werden kann und nicht einem Glauben unterliegt.

    0,2% Wachstum ist kaum messbar , bei einer Gehaltserhöhung von einem Gehalt von 5000 Euro wären das 10,--Euro, die Arbeitnehmer sagen danke !