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Wiederaufbaukonferenz für die UkraineEin Akt der Verzweiflung

Tanja Tricarico
Kommentar von Tanja Tricarico

Die Wiederaufbaukonferenz hat ein Thema, das die wirklichen Probleme nicht löst: Waffenlieferungen.

Bevorzugte Ziele russischer Angriffe: Zi­vi­lis­t*in­nen und zivile Infrastruktur Foto: Valentyn Ogirenko/reuters

W er die Bilder aus der Ukrai­ne von zerstörten Kraftwerken, ausgebombten Häusern, zerstörten Spielplätzen und Straßen sieht, für den ist kaum vorstellbar, wie Wiederaufbau funktionieren soll. Die russische Armee attackiert verstärkt die zivile Infrastruktur, schneidet Versorgungswege ab. Angesichts des drohenden Winters eine Katastrophe für die Menschen in der Ukraine.

Kanzler Olaf Scholz will sich dennoch in Sachen Wiederaufbau an die Spitze der Weltgemeinschaft setzen: „Es geht darum, dass wir jetzt ein Zeichen der Hoffnung setzen, mitten im Grauen des Krieges, dass es wieder aufwärtsgeht.“

Aus diesen Sätzen spricht Solidarität, die lange, ziemlich sicher über Jahrzehnte anhalten soll. Aber aus ihnen spricht auch die Verzweiflung, das Wissen, dass ein Ende des Krieges nicht absehbar ist. Verhandlungen scheinen derzeit unmöglich, Sanktionen gegen Putins Regime stagnieren oder greifen nur langsam, die Belastungen für die Bevölkerung in den Unterstützerländern nehmen zu und sorgen für Unmut.

Ganz zu schweigen von den andauernden Forderungen, schweres Kriegsgerät zu liefern. Auch und vor allem an die Bundesregierung gerichtet, die sich schwertut mit schnellen Zusagen. Kri­ti­ke­r:in­nen der Scholz’schen Zögerlichkeit hätten sicher lieber ein rasches Machtwort in der Causa Waffenlieferungen als wohlfeile Solidaritätsbekundungen und schöne Konzepte für langfristige Hilfen.

Natürlich muss die Weltgemeinschaft an die Zukunft denken. Aber einfach munter die Infrastruktur im Kriegsland wiederaufbauen, obwohl deren Zerstörung innerhalb kürzester Zeit droht? Die Bundesregierung muss sich diese Frage gefallen lassen.

Wenn die Welt in Sachen Wiederaufbau in den kommenden zwei Tagen nach Deutschland blickt, braucht es Antworten auf Maßnahmen, zu denen auch Waffenlieferungen und diplomatische Verhandlungen zählen. Und sie muss kräftig Geldzusagen einsammeln in der Staatengemeinschaft. Denn zumindest eines ist sicher: Der Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes wird viele, viele Milliarden kosten.

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Tanja Tricarico
wochentaz
Schreibt seit 2016 für die taz. Themen: Außen- und Sicherheitspolitik, Entwicklungszusammenarbeit, früher auch Digitalisierung. Leitet derzeit das Politik-Team der wochentaz. Privat im Einsatz für www.geschichte-hat-zukunft.org
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22 Kommentare

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  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    Die Veranstaltung und Übergabe des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an Serhij Zhadans, den Rimbaud des 21. Jahrhunderts, war ein highlight und das beste und beeindruckenste was ich in den letzten Wochen seit dem 24. Februar erlebt habe.

    Gleichermassen beeindruckend war die Laudatio der Berliner Schriftstellerin Sasha Marianna Salzmann - welche nicht nur die literarische Kraft Zhadans wiederspiegelte sondern auch, wie ich finde, den scheinbaren Wiederspruch von Waffenlieferungen und Friedensbemühungen auflöste.

    Ohne zusätzliche Waffenlieferungen an die Ukraine wird es keinen Frieden geben - so weit - so klar.

    siehe



    www.ardaudiothek.d...2-kultur/12036065/

    Russland hat den Krieg gegen Afghanistan nach 10 Jahren beendet - das sind die Zeiträume, auf die sich der Westen einstellen sollte.

    Und dazu gehören nicht nur wohlfeile Worte aus dem Westen - sondern neben Waffenlieferungen auch Lieferungen und Planungen für den Wiederaufbau der Ukraine. Die Ukraine braucht eine Perspektive - und der sofortige Beginn des Wiederaufbaus erklärt mehr als 1.000 Worte.

    Zhadan ist derjenige, der parallel zum grausamen Krieg der rechtsextremen nationalistischen Russen für den Weiterbestand der Kultur in der Ukraine kämpft - gegen die Forderung, das nun jeder Kulturschaffende in den Krieg ziehen müsse.

    Dafür braucht es zivile Infrastruktur - mal ganz abgesehen für die elementaren Grundbedürfnisse der Ukrainer im Winter - und deswegen ist der Wiederaufbau -- und zwar jetzt die richtige Entscheidung.

    Kommentar gekürzt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    Die Moderation

  • Ich beobachte die Welt schon länger, und mir persönlich sind die allgemeinen Betrachtungsweisen zu oberflächlich - der aktuelle Krieg, der Putsch, die ständigen Sanktionen und Embargos gegen Russland haben für mich alle den gleichen Ausgangspunkt, soll der dafür bezahlen.

    Wir sind nach langer Geschichte endlich soweit, dass wir eine ständige Welt in Frieden und gutem Miteinander erschaffen können, womit wir Alles, vom Klima, über Umwelt, Menschenrechten, Hunger, Armut usw. weltweit verbessern können - damit sollten wir nach meiner persönlichen Einschätzung endlich anfangen !

    • @felix :

      Gute Idee, holen Sie Putin, Raisi, Xi Ji Ping, Bin Salman und Erdogan mit ins Boot und los geht's!

  • Je effektiver die militärische Unterstützung, also v.a. je mehr und bessere der benötigten Waffen geliefert werden, desto früher kann ein Wiederaufbau beginnen und desto weniger wird er kosten. Das sollte doch zu verstehen sein. Ganz "nebenbei" würde dadurch das Leiden der ukrainischen Bevölkerung verringert.

    • @dites-mois:

      Ganz meine Meinung. Natürlich befinden wir uns in einem hybriden Krieg mit Putin und seiner Entourage. Und natürlich ist auch Besonnenheit ganz extrem wichtig. Aber bei den Ukrainern geht es um das nackte Überleben. Und wenn wir uns ansehen, was dieses tapfere und mutige Volk bisher hinbekommen hat kann ich nur sagen: Chapeau!

      Es geht darum, ein diktatorisches und revisionistisches Regime in die Schranken zu weisen. Gebt den Ukrainern, was sie brauchen und umso schneller ist der Krieg vorbei. Wie sagte einst Churchill: "Give us the tools and we will finish the job."

  • " Aber einfach munter die Infrastruktur im Kriegsland wiederaufbauen, obwohl deren Zerstörung innerhalb kürzester Zeit droht? Die Bundesregierung muss sich diese Frage gefallen lassen."



    Die Antwort auf diese Frage lautet: Natürlich müssen Schäden an der Energieinfrastruktur, an Krankenhäusern etc. sofort behoben werden, auch wenn das Risiko erneuter Angriffe per Drohne/Cruise Missile besteht.



    Die Autorin verkennt außerdem, dass ein großer Teil der Zerstörungen, die zu beheben sind, nicht durch Raketenangriffe, sondern durch Artilleriebeschuss im Zuge des Vormarsches der russischen Truppen entstanden ist, sowie durch Sabotage, z.B. gezielte Brückensprengungen aus taktischen Gründen (z.T. durch die Ukrainer selbst), und durch Plünderungen in industriellem Außmaß - z.B. Demontage ganzer Solarparks, Diebstahl von Landwirtschaftsmaschinen, Diebstahl von medizinischem Gerät aus Krankenhäusern. Verminung von Gebäuden und Agrarflächen.



    Es ist natürlich absolut sinnvoll, überall dort, wo die russischen Truppen vertrieben worden sind, mit der Behebung dieser Schäden zu beginnen, und genau das tun die Ukrainer ja bereits seit Monaten. In Kyiv und Chernigiv werden bereits Wohnhäuser wieder aufgebaut, im Charkiver Gebiet ist man noch in der Phase der Minenräumung.



    Es gibt also bereits jetzt viel Wiederaufbauarbeit, die getan werden kann und finanziert werden muss.



    Ich sehe auch nicht, wieso man auf einer Wiederaufbau- und Geberkonferenz über Waffen reden sollte - dafür gibt es die Rammstein-Konferenzen als etabliertes Format, und das Lend-Lease Programm der USA.

  • Eine schnellere, bessere und umfangreichere militärische Unterstützung der Ukraine hätte einen schnelleren Kriegsgewinn der Ukraine befördert. Die aktuelle Zerstörung der Infrastruktur in d jetzigen Ausmaß hätte verhindert werden können, und die Anzahl der Geflüchteten wäre dramatisch kleiner gewesen. Ich bin gespannt, wie Deutschland mit den deutlich zunehmenden Geflüchteten wegen des Wintereinbruchs und der kaputten Energieversorgung umgehen wird. Das wird meines Erachtens mehr politischen Sprengstoff liefern, als die schnelle und hilfreiche Aushändigung benötigter Kriegsmittel verursacht hätte.

  • Den leeren Versprechungen gegenüber der eigenen Bevölkerung folgen nun die an Andere.



    Es gibt nichts zu gewinnen, weder für den Aggressor, noch die Verteidiger. Was funktioniert, sind Waffenlieferungen.



    Wer mal die Neubautätigkeiten bei uns beobachtet, liest von Mangel bei bestimmten Baustoffen, exorbitanten Preissteigerungen, fehlendem Personal.



    Damit wollen wir aufbauen?



    Es muss Nüchternheit in die Debatte. Die ja auch bei einigen Politikern schon einkehrt. Wie z.B. Mützenich/SPD.



    Verhandlungen sind das einzige Mittel der Wahl.



    Militärisch, gibts für keinen der Beteiligten ein absehbares Ergebnis. Ausser Tod millionenfachem Leid, Zerstörung ganzer Landesteile.



    Das "Minsker Abkommen" wäre ein Sockel. Das haben beide ja mal unterschrieben.

    • @Hans Jürgen Langmann:

      jap und das minsker abkommen haben die russen immer wieder gebrochen. mal abgesehen davon, dass sie die probleme erst geschaffen haben.

    • @Hans Jürgen Langmann:

      Stimme Ihnen zu.



      Das Minsker Abkommen als Ausgangspunkt eines Friedensprozesses.



      Mehr Waffen werden keinen Frieden bringen, das sieht man jeden Tag aufs Neue.

      • @Mee:

        minsker abkommen.....? man gibt also putin, was er will? ans minsker abkommen i und ii hat sich putin nie gehalten. DEBALZEWE!

    • @Hans Jürgen Langmann:

      Stimme Ihnen zu. Aber der Ruf nach außerkriegerischen Lösungsversuchen kommt nirgends an. Die Situation ist total festgefahren - niemand will als "Schwächling" dastehen.

      • @resto:

        Dabei würde derjenige weltweit - Stärke zeigen, der als diplomatischer, intelligenter Regierender - den ersten Schritt zu Friedensverhandlungen macht. Das zöge internationale Anerkennung, nach sich. Mal sehen wer, diese Chance zu nutzen, in der Lage sein wird.

        • @Alex_der_Wunderer:

          Wovon träumen Sie nachts?



          Beim Leningrader Hinterhofschläger hilft nur Stärke.



          Was Verhandlungen mit Russland wert sind, zeigt Debalzewe: Minsker Abkomnen unterschrieben, UN-Resolution beschlossen, und keine drei Tage später die nächste Eroberung.

  • Wiederaufbau? Da sollte erst einmal der Blick darauf gerichtet sein diesen Krieg zu beenden. Dazu bedarf es Verhandlungen und Gespräche. Wenn der russische Verteidigungsminister anruft, dann ist hier zumindest ein Hoffnungsschimmer.

    • @Genderer:

      weswegen hat er denn angerufen? und was hat er so alles vor dem krieg erzählt, der ja nie stattfinden sollte? mit jemaden verhandeln, der nicht mal zugibt, dass er drohnen aus dem iran verwendet?

    • @Genderer:

      "Wenn der russische Verteidigungsminister anruft, dann ist hier zumindest ein Hoffnungsschimmer."



      Schojgu hat am Wochenende einen Telefonmarathon gestartet und gefühlt jedem zweiten westlichen Regierungschef persönlich mitgeteilt, dass "nach Erkenntnissen des russischen Geheimdienstes" die bösen Ukrainer auf ihrem eigenen Territorium eine schmutzige Atombombe zünden wollen. Bei Ihnen löst das scheinbar Hoffnung aus. Worauf?

      • @Barbara Falk:

        Ach, was Sergei Kuschugetowitsch Schoigu den Angerufenen alles mitteilte, wissen Sie? Dann erzählen Sie mal. Ich weiß es nicht. Alleine, dass jemand Gespräche sucht, macht Hoffnung. Auf jedenfall besser, viel besser, als keifend alle zwei Tage zu verkünden was man noch so alles an schwere Waffen liefern will und das 10., 11. oder gar schon das 12. Sanktionspaket beschließt.



        Mir machen Gespräche Hoffnung. Anderen die Bomben und schweren Waffen. Da bin ich eher bei Frau Margot Käßmann. Es führt kein Weg an Verhandlungen vorbei.

        • @Genderer:

          das können sie der presse entnehmen, was er erzählt hat und seinem brief an die un.



          und vor dem krieg haben alle versucht mit putin zu sprechen. aber der hat die ganze welt versucht zu belügen.



          und waffen liefern die russen in die ukraine um ihre verbrechen zu begehen. wie stehen den angegriffenen bei, wenn sie das noch nicht kapiert haben!

        • @Genderer:

          👍👍

        • @Genderer:

          Das Minsker Abkommen hatte auch mal Hoffnungen bereitet. Drei Tage später war Debalzewe erobert.



          Erinnern Sie sich eigentlich noch ans Budapester Memorandum?

          • @Carsten S.:

            Klar erinnere ich mich an das Minsker Abkommen II. Und wer hat es nicht umsetzen wollen? Kiew, genau.