Widerstand gegen höheren Mindestlohn: Angst vor teurem Spargel
Auch wenn Bauern 12 Euro Mindestlohn zahlten, gäbe es Gemüse und Obst aus Deutschland, sagen Gewerkschafter. Der Bauernverband sieht das anders.
Damit reagierte der Gewerkschafter auf Äußerungen von Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied. „Mit einem 12-Euro-Mindestlohn können wir im europäischen Wettbewerb nicht bestehen“, zitierte die Bild-Zeitung den Landwirt. Sollte die Erhöhung doch kommen, sei zu befürchten, „dass es bald keine Erdbeeren, Äpfel oder Spargel mehr aus Deutschland gibt“. Denn: „Dann werden wir die Erzeugung noch mehr ins Ausland verlagern müssen.“
Gewerkschafter Schaum dagegen sagte: „Ich halte es für ziemlich unwahrscheinlich, dass dann keine Erdbeeren mehr in Deutschland wachsen.“ Schon jetzt zahlten manche Betriebe Löhne nahe 12 Euro. Deutscher Spargel etwa würde nur unwesentlich teurer, wenn der Arbeitslohn um 2 Euro stiege. „Wenn einer in der Stunde nur 10 Kilogramm Spargel sticht, bin ich bei 20 Cent, die das Kilo Spargel teurer würde“, rechnete Schaum vor. Geübte Spargelstecher würden mehr Kilogramm pro Stunde stechen, sodass bei ihnen die Mehrkosten noch geringer seien.
Gerade Bauern, die ihre Ernte direkt an Verbraucher verkaufen, würden bei einer so geringen Differenz keine Probleme bekommen. „Für Verbraucher ist es ein echtes Argument: Da wird keiner ausgebeutet. Die sind auch bereit, 20 Cent mehr zu zahlen“, so Schaum. Schwieriger wäre die Erhöhung für Großbetriebe, die vor allem Supermarktketten beliefern. Aber statt den höheren Lohn abzulehnen, solle der Bauernverband mit Gewerkschaftern sprechen, wie die Marktbedingungen zu verändern sind, sagte Schaum.
SPD, Grüne und FDP haben die Mindestlohnerhöhung in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Dagegen wehrt sich auch zum Beispiel der Handel, der sich aber nicht so stark wie die Landwirtschaft von Konkurrenz aus dem Ausland bedroht sieht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen