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Weiter Streit bei Asklepios in HamburgKündigung nach Kritik

Der Hamburger Klinikkonzern Asklepios will einer Pflegerin kündigen. Die hatte zuletzt Missstände in einem Krankenhaus öffentlich angeprangert.

Hier wird zwischen Konzern und Beschäftigten gestritten: Asklepios-Klinik St. Georg Foto: Malte Christians/dpa

Hamburg taz | Der Kampf zwischen dem Hamburger Krankenhauskonzern Asklepios und seinen Beschäftigten im medizinischen Pflegebereich geht in eine weitere Eskalationsrunde: Wegen öffentlich geäußerter Kritik will der Konzern einer Pflegerin aus dem St.-Georg-Krankenhaus kündigen.

Die Pflegerin hatte vor zwei Wochen in einem Interview im „Hamburg Journal“ des NDR von kata­strophalem Personalmangel im Asklepios-Krankenhaus im Stadtteil St. Georg berichtet. Pfleger:innen seien überlastet und müssten auch noch Reinigungsarbeiten übernehmen, weil es auch dort an Personal fehle. Dies führe dazu, dass Patient:innen lange auf Versorgung warten müssten. „Und leider ist nicht immer eine menschenwürdige Sterbebegleitung möglich“, sagte sie dem NDR.

Die Hamburger Krankenhausbewegung, ein Zusammenschluss von Pflegekräften, ist empört. Die Gekündigte ist Sprecherin des Bündnisses. „Der Versuch, unserer Kollegin zu kündigen, wird auf den Stationen als durchsichtiger Einschüchterungsversuch wahrgenommen und sorgt für Wut“, teilt die Krankenhausbewegung mit. Die Pflegerin sei aus Verantwortung für die Patient:innen an die Öffentlichkeit gegangen.

Asklepios widersprach den Vorwürfen vehement, aber auch weitere Beschäftigte bestätigten die Missstände. Die angestrebte Kündigung hält der Konzern für gerechtfertigt.

Asklepios verteidigt die Kündigung, die Linke ist wütend

„Bei allem Verständnis für teils berechtigte Kritik am Gesundheitssystem ist es gleichwohl nicht hinnehmbar, dass Mitarbeiter aus ideologisch-politisch motivierten Gründen gegenüber Medien wissentlich Falschinformationen verbreiten oder Ausnahmesituationen als Regelfälle darstellen“, sagt ein Asklepios-Sprecher der taz.

Die Pflegerin würde mit den Aussagen ihren Arbeitgeber und ihre Kolleg:innen öffentlich in Misskredit bringen und das Vertrauen der Hamburger Bevölkerung in eine gute und verlässliche Krankenhausversorgung erschüttern.

Die Linke reagiert empört auf die Nachricht. „Es ist eine Sauerei: Asklepios will offenbar ein Exempel statuieren und Beschäftigte mundtot machen, wenn sie die Öffentlichkeit auf die Folgen der Personalnot in den Asklepios-Kliniken aufmerksam machen“, sagt der gesundheitspolitische Sprecher der Linksfraktion, Deniz Celik.

Er sieht den Hamburger Senat nun in der Pflicht. Da die Stadt bei Asklepios Mitgesellschafterin ist, solle sie die Kündigung verhindern.

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7 Kommentare

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  • Wenn die Sache sich in China abspielen würde, würde man in Deutschland keine Zeitung aufschlagen können, ohne einen ausführlichen Bericht über den Fall zu lesen.

  • „Bei allem Verständnis für teils berechtigte Kritik am Gesundheitssystem ist es gleichwohl nicht hinnehmbar, dass Mitarbeiter aus ideologisch-politisch motivierten Gründen gegenüber Medien wissentlich Falschinformationen verbreiten oder Ausnahmesituationen als Regelfälle darstellen“

    Ich finde dieses Statement durch entgegenkommend oder Kritik akzeptierend. Was erwartet man hier eigentlich?

    Arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen sind nie schön, es ist nicht zu erwarten, dass beide Seite zufrieden aus der Sache rausgehen. Von daher ist immer Vorsicht geboten, wenn man eine Seite glaubhafter darstellen will.

    Pflegekräfte können sich derzeit ihre Arbeitsstellen aussuchen. Dass diese und andere Pflegekräfte trotz der dramatischen Zustände bei diesem Arbeitgeber bleiben wollen, hat sehr wahrscheinlich gute Gründe. Ist es das Gehalt, welches Asklepios zahlt?

    Das Problem, dass Asklepios (fast) alle Krankenhäuser in Hamburg gekauft hat, hat sich doch die Politik selbst gestrickt. Monopole sind auch in der Marktwirtschaft nicht gut.

  • Die Kündigung wird vor keinem Arbeitsgericht Bestand haben.

    Öffentliche Kritik am Arbeitgeber ist ausdrücklich erlaubt. Was nicht erlaubt ist ist "Schmähkritik", also wüstes Beschimpfen ohne jede Grundlage.

    Wir leben nicht in einer Feudalgesellschaft,

  • es ist beinahe normal, dass man als verantwortungsvolle pflegekraft beim stellen von überlastungs/gefährdungsanzeigen massiven ärger mit den vorgesetzten bekommt, bis hin zu mobbing und dem "versauen" von frei-wünschen und urlauben. es wundert mich nicht, dass hier ebenfalls versucht wird, unbequeme pflegekräfte mundtot zu machen. und wieder einmal ist es einfach nur traurig, dass das in unserem land möglich ist. das profit über allem steht. wenn ich mir ansehe,wie wir mit unseren alten und hilfebedürftigen seit jahrzehnten umgehen, wundert es mich, dass wir nun milliarden in die lufthansa und andere unternehmen pumpen und die wirtschaft lahm legen, aber niemand mit einem großen und wirklich sinnvollen vorschlag um die ecke kommt, was in der zeit nach corona passieren wird mit unserem maroden gesundheitssystem. die nächste pandemie mag kommen, während viele meiner kollegen und ich den pflexit vollziehen, weil das gesndheitssystem die pfleger,ärzte und patienten krank macht. in der reha waren 70% pflegekräfte, grob von mir geschätzt.

  • Die wollen halt Profit machen und wenn der Herr große Broermann sagt, schmeißt sie raus, dann wird es gemacht. Alles kleine Erbsenzähler-BWLer in der Chefetage.

  • 6G
    65522 (Profil gelöscht)

    Dieses Vorgehen durch die Konzernleitung entspricht in der Denkweise dem Umgang mit Sorge und Einsatz für andere und zerstört durch den Umgang mit Menschlichkeit das Vertrauen in die Demokratie, Stück für Stück. Was sagen eigentlich unsere demokratisch legitimierten Vertreter zu solchen Vorgängen. Immerhin geht es hier nicht nur um ein Krankenhaus, sondern darum wie wollen wir zusammenleben.

  • Da sind sie wieder, die schrägen Vögel, die nach besten Kräften in ihre Behausung kacken und anschließend jede*n, der das öffentlich zu thematisieren wagt, als Nestbeschmutzer bezeichnen.

    Nein, die Pflegerin hat mit ihren Aussagen nicht das Gesundheitssystem als Ganzes kritisiert. Und schon gar nicht hat sie ihre Kolleg:innen in Misskredit gebracht. Es ist schließlich nicht Aufgabe der Pflegekräfte dafür zu sorgen, dass genügend Personal eingestellt wird in einem Krankenhaus. Es ist Aufgabe der Klinikleitung. Wenn also ein Vertrauen leidet unter dem Bericht, dann ist es das Vertrauen der Hamburger in einen Krankenhausbetreiber, dem hohe Gewinne und monetäre Wettbewerbsvorteile offenbar wichtiger sind als Leben und Gesundheit der Patienten.

    Im Übrigen kann ich die „ideologisch-politisch motivierten Gründen“, von denen da die Rede ist, von hier aus nicht erkennen. Mitgefühl und das Streben nach Gerechtigkeit sind weder politisch noch eine Ideologie. Sie sind schlicht menschlich. Ideologisch und politisch ist es nur, der Legislative Untergrenzen einzureden, die mit einem Versorgungsauftrag nichts, mit Gewinnstreben aber alles zu tun haben - nur um sie anschließend nicht einmal einzuhalten, sondern die traurige Regel zur seltnen Ausnahme zu erklären. Und das auch noch mit Duldung der (am Gewinn beteiligten) Exekutive.

    Nein, BWLer schwören keinen Eid darauf, dass sie das Leben schützen wollen. So wenig, wie Verwalungsleute einen schwören. Und selbst wenn - was ist ein Schwur denn heute wert? Kaum einen Vogelschiss, nicht wahr?

    Wie einst im Mittelalter ist Gesundheit zur käufliche Ware verkommen, die allenfalls „Besserverdienern“ sicher ist. Die Deutschen waren schon mal weiter, will mir scheinen. Rein menschlich, meine ich. Allerdings waren sie auch noch nie so reich wie grade heute. Zumindest einige wenige unter ihnen.