Wasserstoff aus Afrika: Warnung vor neuem Kolonialismus
Wasserstoffexporte können der Entwicklung in Afrika auch schaden, heißt es in einer Studie. Doch klare Vorgaben für Investoren können das verhindern.
Der künftige Bedarf an Wasserstoffimporten, da sind sich die meisten Szenarien einig, wird gewaltig sein. Als Grundstoff und Energiequelle für bestimmte Industrieprozesse wird Wasserstoff ebenso benötigt werden wie für Flugzeuge und Schiffe und zur Stromerzeugung bei Wind- und Sonnenmangel. Im Jahr 2030 werden allein in Deutschland mindestens 80 Terawattstunden Wasserstoff benötigt, bis 2045 wird mit über 400 Terawattstunden gerechnet. Selbst bei einem extrem starken Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland könnte diese Menge aber nur zu einem kleinen Teil im Inland produziert werden. Die meisten Szenarien gehen davon aus, dass 70 bis 80 Prozent importiert werden müssen.
Eine wichtige Rolle sollen dabei afrikanische Staaten spielen. Deren Kapazitäten zur Wasserstoffproduktion seien 1.500-mal so hoch wie der Bedarf Deutschlands, hatte die frühere CDU-Forschungsministerin Anja Karlicek im vergangenen Jahr betont. Doch es gibt nicht nur Zweifel, ob solche großen Mengen tatsächlich produziert und transportiert werden können. Fraglich ist auch, inwieweit die potenziellen Exportländer davon tatsächlich profitieren.
Auch die neue Studie stellt zwar das große Potenzial dar, das die Wasserstoffproduktion für die Länder des Südens theoretisch bieten kann. Dieser biete „eine bedeutende Entwicklungschance für die Länder des Globalen Südens und insbesondere für Afrika, indem sie den lokalen Bedarf decken, Arbeitsplätze schaffen und kontinuierliche Einnahmen aus der Teilnahme an den Energiemärkten als Exporteure erzielen“, schreiben die Autor*innen. Doch das gilt nur, wenn die richtigen Bedingungen erfüllt werden. Anderenfalls könne der Wasserstoffexport „bestehende oder neue Praktiken des ‚wirtschaftlichen Kolonialismus‘ fortsetzen“ und „auf Kosten der nationalen Bemühungen zur Erreichung nationaler Entwicklungsziele“ gehen.
Um das zu verhindern, setzt die nationale Wasserstoffstrategie der Bundesregierung auf das „Zusätzlichkeitsprinzip“: Dieses besagt, dass der Strom zur Wasserstoffherstellung nicht aus bestehenden, sondern aus neu gebauten Ökostromkraftwerken stammen soll. Das langt den Studienautor*innen und der Rosa-Luxemburg-Stiftung aber nicht. Denn auch wenn für die Wasserstofferzeugung zusätzliche Ökostromkapazitäten geschaffen werden, dürften diese die besten verfügbaren Standorte belegen – und diese stehen dann für die klimafreundliche Deckung des lokalen Energiebedarfs nicht mehr zur Verfügung. Ein ähnlicher Konflikt droht auch beim Trinkwasser, das für die Wasserstoffproduktion ebenfalls benötigt wird.
Zusätzliche Kapazitäten für den lokalen Bedarf
Gegen eine solche Entwicklung empfiehlt das Gutachten ein Konzept, das „Zusätzlichkeit 2.0“ genannt wird. Investoren würden dabei verpflichtet, nicht nur ausreichend Strom und Wasser für die Wasserstofferzeugung zu produzieren, sondern zusätzliche Mengen zur produzieren, die lokal genutzt werden. Nur wenn dies sichergestellt werde, sei der Wasserstoffimport sowohl ökologisch als auch fair.
Ähnliche Kriterien hatte in der Vergangenheit auch das Öko-Institut angeregt. Inwieweit die Bundesregierung diese aufgreift, ist offen. Die Nationale Wasserstoffstrategie soll noch in diesem Jahr überarbeitet werden. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu lediglich: „Beim Import von Wasserstoff werden wir die klimapolitischen Auswirkungen beachten und faire Wettbewerbsbedingungen für unsere Wirtschaft sicherstellen.“
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