Warnstreiks im öffentlichen Dienst: Baden und Protestieren
Im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes wird in mehreren Ländern gestreikt. Mit dabei sind Unikliniken in NRW und Beamte in Hamburg.
Mit ihrem Sprung in die Alster wolle sie ein Zeichen setzten, sagte die Vorsitzende der dbb-Jugend, Karoline Herrmann. „Das Wasser steht uns sprichwörtlich bis zum Hals.“ Mit der Einkommenserhöhung müsse die Attraktivität des öffentlichen Dienstes auch mit Blick auf die Nachwuchsgewinnung erhöht werden. Schon jetzt blieben Ausbildungsplätze unbesetzt, sagte Herrmann, die zusammen mit knapp einem Dutzend weiteren Kundgebungsteilnehmern ins Wasser ging.
„Der öffentliche Dienst hat es mit Personaldefiziten im sechsstelligen Bereich, einer ausgesprochen angespannten Angebotslage auf dem Arbeitsmarkt und demografischen wie technischen Mega-Herausforderungen zu tun, und den Arbeitgebern fällt nichts Besseres ein als das Zelebrieren von Tarifritualen“, sagte dbb-Vize Friedhelm Schäfer. Deshalb würden die Gewerkschaften weiter Druck machen.
Für Montag kommender Woche hat Verdi die Mitarbeiter der Hamburger Bezirksämter zum Warnstreik aufgerufen. Weitere Arbeitsniederlegungen soll es laut Gewerkschaft in den darauf folgenden Tagen an Schulen und Hochschulen sowie im sozialen Bereich geben.
Warnstreiks an Unikliniken in NRW
Im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes der Länder verlangen die Gewerkschaften Einkommenssteigerungen von sechs Prozent – mindestens aber 200 Euro mehr im Monat. Die Tarifgemeinschaft der Länder lehnt dies ab, hatte bei der zweiten Verhandlungsrunde in der vergangenen Woche aber noch kein eigenes Angebot vorgelegt. Daher haben nun am Dienstag auch in Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen Warnstreiks begonnen. Am Mittwoch sollen in Berlin Kitas und Schulen geschlossen bleiben.
In Nordrhein-Westfalen gibt es am Dienstag Warnstreiks an Unikliniken, Hochschulen und Landesbehörden. Mitarbeiter mehrerer Unikliniken sind in einen ganztägigen Warnstreik getreten. An den Kliniken in Köln, Bonn, Düsseldorf und Essen legten die Beschäftigten mit Beginn der Frühschicht die Arbeit nieder, wie Sprecher der Gewerkschaft Verdi sagten. „An den Kliniken Köln und Bonn rechnen wir damit, dass sich heute jeweils rund 200 Kolleginnen und Kollegen beteiligen“, sagte Volker Wenner von der Gewerkschaft Verdi.
In Düsseldorf ging seine Kollegin Stephanie Peifer ebenfalls von einer hohen Beteiligung aus: „Wir rechnen in Düsseldorf insgesamt mit bis zu 800 Beschäftigten.“ Allein an der Uniklinik werde die Beteiligung sehr groß sein. Hinzu kämen Mitarbeiter der Universität, Hochschule und verschiedener Landesbehörden. „Und dann schauen wir, ob heute ein Stück Erkenntnis bei den Arbeitgebern reift“, erklärte Peifer weiter.
In Bayern traten etwa 120 Beschäftigte im Straßenbau, in Flussmeisterstellen und Bauämtern in den Ausstand, sagte Robert Metzger von Verdi Rosenheim. Ihm zufolge sollte die Aktion aber keine Auswirkungen auf den Verkehr haben. Auch der Winterdienst sei gewährleistet. Von Mittwoch an sollen ganztägige Warnstreiks in Würzburg und in der Oberpfalz folgen. In Würzburg sei auch die Uniklinik betroffen, und es sei eine Demonstration mit anschließender Kundgebung geplant, teilte Verdi mit. Am Donnerstag soll es auch in München Warnstreiks geben.
Am Mittwoch bleiben in Berlin Kitas geschlossen
Am Mittwoch sollen in Berlin kommunale Kitas, Schulen, Horte und womöglich einige Behörden geschlossen bleiben. Die Gewerkschaften haben außerdem zum Streik in Hochschulen, bei der Feuerwehr und der Polizei aufgerufen. Am stärksten wird der Warnstreik voraussichtlich Kindertagesstätten und Schulen betreffen. „Zahlreiche Schulen und Kitas werden voraussichtlich komplett geschlossen bleiben“, erklärte die GEW-Vorsitzende Doreen Siebernik. An anderen Schulen werde Unterricht nur mit großen Einschränkungen stattfinden können. Die Einrichtungen seien aber verpflichtet, eine Notbetreuung zu gewährleisten.
Die Tarifverhandlungen für die Angestellten der Länder hatten Ende Januar begonnen und waren bei einer zweiten Runde in dieser Woche in Potsdam ohne Ergebnis geblieben. Es geht dabei um rund eine Million Beschäftigte. Verdi und der Beamtenbund dbb fordern für die Beschäftigten der Länder außer Hessen sechs Prozent mehr Geld, mindestens aber 200 Euro mehr im Monat bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Darüber hinaus erwarten sie strukturelle Verbesserungen in der Eingruppierung. Die Länder, deren Verhandlungsführer Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) ist, halten das für nicht bezahlbar. Eine dritte Verhandlungsrunde ist für den 28. Februar und 1. März angesetzt. Vor diesem Hintergrund wollen die Gewerkschaften den Druck bundesweit erhöhen.
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