Warnstreik bei der Frankfurter Rundschau: Es geht um die Zukunft
Die Löhne bei der „Frankfurter Rundschau“ sind zu niedrig: Mitarbeitende streikten. Doch die Geschäftsführung zeigt sich uneinsichtig.
„Aufgrund eines Warnstreiks in unserer Redaktion erscheint die Zeitung mit verminderter Aktualität und Seitenzahl“, schrieb die Belegschaft der Frankfurter Rundschau (FR) in die Samstagsausgabe der Zeitung. Über die Hälfte der Mitarbeitenden legte am vergangenen Freitag für bessere Arbeitsbedingungen und einen Tarifvertrag ihre Arbeit nieder.
Am Streik beteiligten sich knapp 50 der insgesamt 85 Beschäftigten, davon 30 vor Ort. Sie versammelten sich vor dem Redaktionsgebäude und zogen in einem Protestmarsch zum Gewerkschaftshaus des DGB. Unterstützt von den Gewerkschaften Verdi und DJV wollen sie die Arbeitgeber zu Verhandlungen bewegen.
„Wir haben es vorher mit anderen Mitteln versucht, aber die Geschäftsführung redet mit uns nicht über Gehaltserhöhungen“, erklärt ein Redaktionsmitglied der taz. Erst am Freitagmorgen wurde der Streik angekündigt. Die Chefredaktion der Zeitung brachte daraufhin eine Notausgabe heraus.
Vorausgegangen war ein Brief des Aktivenausschusses der FR im September an den Geschäftsführer der Mediengruppe Frankfurt, Max Rempel, sowie an die Zeitungsgruppenverleger. Die FR gehört zu 90 Prozent zur Zeitungsholding Hessen (ZHH), die wiederum gehört zur Ippen Verlagsgruppe und zu 20 Prozent der Mittelhessischen Druck- und Verlagsgesellschaft.
Die Mitglieder des Ausschusses forderten im Brief einen einheitlichen Tarifvertrag. Es sei untragbar, dass aktuell einige Kolleg*innen mit alten Verträgen Flächentarif bekommen, während andere bis zu 1.500 Euro unter dem Tarif bezahlt werden, so ein Redaktionsmitglied. Die Folge: Viele, vor allem junge Redakteur*innen, können sich das Leben im Rhein-Main-Gebiet nicht leisten und verlassen die Zeitung.
Der Geschäftsführer Rempel äußerte sich am Freitag in der FR. Ein Warnstreik sei „unverständlich und kontraproduktiv“. Er vermisse das Bewusstsein in der Belegschaft, dass Gehälter erwirtschaftet werden müssen. In seiner Stellungnahme rechnet Rempel vor, dass die Gehälter seit Mitte 2022 um etwa 13 bis 17 Prozent erhöht worden seien.
Selbstausbeutung für guten Journalismus
Das reiche nicht aus, kritisieren Beschäftigte. Die Geschäftsführung und die Gesellschafter würden zudem nicht transparent machen, wie viel sie mit der FR überhaupt verdienen. Stattdessen werde behauptet, die Beschäftigten besser zu bezahlen, würde die Zeitung wirtschaftlich ruinieren. „Wir geben uns nicht damit zufrieden, wenn wir die Zahlen nicht wenigstens gesehen haben“, sagt ein Redaktionsmitglied dazu. „Wir sind immer noch Journalisten.“
Der Streik ist für die Belegschaft aber nicht nur ein Kampf für faire Löhne, sondern auch einer für die Zukunft der Zeitung und einen Journalismus mit Haltung. „Die FR wird bundesweit wegen ihrer guten Geschichten zitiert. Viele davon kommen durch Selbstausbeutung zustande. Wir möchten diesen Journalismus weitermachen, aber zu fairen Bedingungen“, erklärten die Streikenden gegenüber der taz. Auch der Regionalgeschäftsführer des Gewerkschaftsbundes DGB, Philipp Jacks, betonte am Freitag: „Ihr kämpft für eine bessere Welt für alle.“
Nach dem Streik stehe die Belegschaft unter immensem Druck, teilte ein Redaktionsmitglied der taz mit. Bereits im Vorfeld des Streiks hätten die Geschäftsführung und die Gesellschafter mit Arbeitsverlust und sogar einer Zerschlagung der Zeitung gedroht, heißt es aus der Belegschaft. Wenn sich der Geschäftsführer aber in der kommenden Woche weigert, in Verhandlung zu treten, werden weitere Streiks folgen, gaben die Mitarbeitenden bekannt. Der Geschäftsführer Rempel ließ eine Anfrage der taz mit dem Verweis, dass sich die FR extern nicht zu diesem Thema äußere, unbeantwortet.
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