Ulrich Schulte über die inhaltliche Leere der CDU
: Die neue Dagegenpartei

Ältere werden sich daran erinnern, dass die CDU die Grünen früher gerne als Dagegenpartei beschimpfte. Der ehemalige Generalsekretär Hermann Gröhe präsentierte 2011 sogar stolz eine Website, die Projekte auflistete, die die Grünen verhindern wollten – neue Straßen, neue Kraftwerke, solche Sachen. Nun ließe sich viel dazu sagen, wie unterkomplex diese Art der politischen Etikettierung ist. Gegen Unfug zu sein und ihn politisch zu verhindern ist ja äußerst klug.

Aber wenn es heute noch eine Dagegenpartei gibt, ist es ohne Zweifel die CDU. Nahezu ununterbrochen ist sie damit beschäftigt zu sagen, was sie nicht will: keine Aufweichung der Schuldenbremse, keine höheren Steuern, keinen Sozialismus à la Grün-Rot-Rot. Generalsekretär Paul Ziemiak wirft in seiner Verzweiflung mit abgedroschensten Sprachschablonen um sich, es ist ein Best-of der 90er. Die Grünen planten eine linke Republik, sie wollten Menschen bevormunden, ihr Programm sei wie ein Fliegenpilz, es – hihi! – sehe schön aus, sei aber ungenießbar. Wow. Kommt da noch was? Die CDU-Kampagne müffelt wie ein Haufen kalter Zigarettenasche. Damit wird es eng gegen den gut gelaunten Pragmatismus einer Annalena Baerbock.

Man kann den Plan der Grünen für ein klimaneutrales Deutschland kritisieren, ihn für zu weitgehend halten oder für zu ängstlich, aber wenigstens haben die Grünen einen Plan. Sie vermitteln erfolgreich den Eindruck, eine Idee von einer guten Zukunft zu haben. Hinter der Phrasendrescherei der CDU-Spitze wabert hingegen nur Leere. Eine dicke Steuersenkung für Spitzenverdiener, aber bitte keine Schulden, und in letzter Minute Klimaschutz machen, ohne zu wissen, wie genau? Würde Baer­bock eine solch hanebüchene Strategie vertreten, würde sie zu Recht auseinandergenommen.

Zugegeben, für die CDU waren die Inhalte nie so entscheidend wie für Parteien links der Mitte. Der Konservatismus begnügt sich per definitionem mit dem gemächlichen Weiter-so. Aber eine grobe Idee, etwas mehr Dafür, das wäre dann doch hilfreich. Für die drölfzigste Grüne-Socken-Kampagne sind die Zeiten ein bisschen zu ernst.