Wahl in Großbritannien: Schottland stimmt für Europa
Die Scottish National Party gewinnt bei der Wahl in Schottland deutlich. Das befeuert die Diskussion rund um ein neues Unabhängigkeitsreferendum.
Für die im Rest Großbritanniens siegreichen Tories war in Schottland hingegen nichts zu holen. Sie verloren 7 ihrer 13 Sitze und erreichten 25,1 Prozent. Labours Leiden in England setzte sich auch nördlich der Grenze fort: Die Partei gewann lediglich 18,6 Prozent und konnte gerade mal eines ihrer 7 Mandate verteidigen.
Richard Leonard, der schottische Labour-Chef, lehnte seinen Rücktritt dennoch ab. Er bestritt außerdem, dass Jeremy Corbyn schuld an dem katastrophalen Ergebnis in Schottland sei, wie viele in der Partei meinen. Corbyn sah sich einer bösartigen Medienkampagne ausgesetzt, sagte Leonard, und offenbar sei manches davon hängen geblieben.
Für die Liberalen Demokraten war es ebenfalls kein guter Tag. Zwar kamen sie erneut auf vier Sitze, aber ihre Parteichefin Jo Swinson verlor ihr Mandat in East Dumbartonshire und damit auch ihren Job als Chefin der Liberalen. Sie ist das prominenteste Opfer des SNP-Aufschwungs.
Weder Brexit noch Boris Johnson
Die SNP-Chefin und schottische Premierministerin Nicola Sturgeon sagte: „Boris Johnson hat ein Mandat, England aus der EU zu führen, aber er muss einsehen, dass ich ein Mandat habe, Schottland eine alternative Zukunft zu bieten.“ Beim Brexit-Referendum hatte Schottland mit deutlicher Mehrheit für den Verbleib in der EU gestimmt. Die SNP war deshalb mit zwei Themen in den Wahlkampf gegangen – gegen den Brexit und für ein neues Unabhängigkeitsreferendum.
Das funktionierte offensichtlich. In Glasgow gewann die SNP sämtliche Sitze. Der deutliche Wahlsieg sei ein Beweis, dass Schottland weder den Brexit noch Boris Johnson als Premierminister wolle, sagte Sturgeon, fügte aber hinzu: „Ich räume ein, dass nicht alle, die für die SNP gestimmt haben, auch die Unabhängigkeit wollen, aber es ist zumindest ein klares Votum für Schottlands Verbleib in der EU.“
Nicola Sturgeon, SNP-Chefin
Sturgeon will bereits nächste Woche ihren Plan für ein neues Unabhängigkeitsreferendum vorlegen. Sie werde einen „detaillierten demokratischen Weg“ für die Übetragung der Macht aufzeigen. „Es geht nicht darum, Boris Johnson oder iregndeinen anderen Westminster-Politiker um Erlaubnis zu bitten. Es ist vielmehr eine Geltendmachung des demnokratischen Rechts des schottischen Volkes, seine eigene Zukunft zu bestimmen“, sagte sie.
Der britische Premier hat allerdings schon erklärt, dass er ein solches Referendum nicht zulassen werde. Die Schotten hätten das Recht, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen, entgegnete Sturgeon. „Es ist die Sache des schottischen Parlaments, nicht einer Regierung in Westminster, zu sagen, ob und wann es ein neues Referendum geben sollte“, sagte sie. „Es geht nicht darum, Boris Johnson um Erlaubnis zu fragen.“
Die Tories sollten das Wahlergebnis „sorgfältig analysieren“, riet Sturgeon. „Die schottischen Konservativen haben die Ablehnung eines neuen Unabhängigkeitsreferendums zum zentralen Punkt ihres Wahlkampfes gemacht.“ Deshalb sei das Wahlergebnis für sie eine Katastrophe. Man könne Schottland nicht gegen den Willen der Schotten im Vereinigten Königreich festhalten.
Im September 2014 hatten die Schotten noch mit 55 Prozent für den Verbleib im Vereinigten Königreich gestimmt, doch die Zeiten haben sich aufgrund des Brexits und der Unbeliebtheit des britischen Premiers in Schottland geändert. Sturgeons Stellvertreter Keith Brown sagte: „Das genaue Datum für ein Referendum steht noch nicht fest, aber es wird kommen.“
London könne das nicht verweigern, sagte Brown. Auch juristische Experten meinen, dass die schottische Regierung das Recht hätte, ein Referendum abzuhalten. Aber sie dürfte ein Ergebnis für Unabhängigkeit nicht umsetzen.
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