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Wahl in GroßbritannienSchottland stimmt für Europa

Die Scottish National Party gewinnt bei der Wahl in Schottland deutlich. Das befeuert die Diskussion rund um ein neues Unabhängigkeitsreferendum.

Die Schotten stimmen gegen den Brexit – und wollen in der EU bleiben Foto: dpa

DUBLIN taz/dpa | Die Scottish National Party (SNP) ist neben den konservativen Tories die große Gewinnerin der Parlamentswahlen vom Donnerstag. Die Partei gewann 48 von 59 Sitzen – 13 mehr als bei den Wahlen 2017 – und kam auf 45 Prozent der Stimmen.

Für die im Rest Großbritanniens siegreichen Tories war in Schottland hingegen nichts zu holen. Sie verloren 7 ihrer 13 Sitze und erreichten 25,1 Prozent. Labours Leiden in England setzte sich auch nördlich der Grenze fort: Die Partei gewann lediglich 18,6 Prozent und konnte gerade mal eines ihrer 7 Mandate verteidigen.

Richard Leonard, der schottische Labour-Chef, lehnte seinen Rücktritt dennoch ab. Er bestritt außerdem, dass Jeremy Corbyn schuld an dem katastrophalen Ergebnis in Schottland sei, wie viele in der Partei meinen. Corbyn sah sich einer bösartigen Medienkampagne ausgesetzt, sagte Leonard, und offenbar sei manches davon hängen geblieben.

Für die Liberalen Demokraten war es ebenfalls kein guter Tag. Zwar kamen sie erneut auf vier Sitze, aber ihre Parteichefin Jo Swinson verlor ihr Mandat in East Dumbartonshire und damit auch ihren Job als Chefin der Liberalen. Sie ist das prominenteste Opfer des SNP-Aufschwungs.

Weder Brexit noch Boris Johnson

Die SNP-Chefin und schottische Premierministerin Nicola Sturgeon sagte: „Boris Johnson hat ein Mandat, England aus der EU zu führen, aber er muss einsehen, dass ich ein Mandat habe, Schottland eine alternative Zukunft zu bieten.“ Beim Brexit-Referendum hatte Schottland mit deutlicher Mehrheit für den Verbleib in der EU gestimmt. Die SNP war deshalb mit zwei Themen in den Wahlkampf gegangen – gegen den Brexit und für ein neues Unabhängigkeitsreferendum.

Das funktionierte offensichtlich. In Glasgow gewann die SNP sämtliche Sitze. Der deutliche Wahlsieg sei ein Beweis, dass Schottland weder den Brexit noch Boris Johnson als Premierminister wolle, sagte Sturgeon, fügte aber hinzu: „Ich räume ein, dass nicht alle, die für die SNP gestimmt haben, auch die Unabhängigkeit wollen, aber es ist zumindest ein klares Votum für Schottlands Verbleib in der EU.“

Ich habe ein Mandat, Schottland eine alternative Zukunft zu bieten

Nicola Sturgeon, SNP-Chefin

Sturgeon will bereits nächste Woche ihren Plan für ein neues Unabhängigkeitsreferendum vorlegen. Sie werde einen „detaillierten demokratischen Weg“ für die Übetragung der Macht aufzeigen. „Es geht nicht darum, Boris Johnson oder iregndeinen anderen Westminster-Politiker um Erlaubnis zu bitten. Es ist vielmehr eine Geltendmachung des demnokratischen Rechts des schottischen Volkes, seine eigene Zukunft zu bestimmen“, sagte sie.

Der britische Premier hat allerdings schon erklärt, dass er ein solches Referendum nicht zulassen werde. Die Schotten hätten das Recht, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen, entgegnete Sturgeon. „Es ist die Sache des schottischen Parlaments, nicht einer Regierung in Westminster, zu sagen, ob und wann es ein neues Referendum geben sollte“, sagte sie. „Es geht nicht darum, Boris Johnson um Erlaubnis zu fragen.“

Die Tories sollten das Wahlergebnis „sorgfältig analysieren“, riet Sturgeon. „Die schottischen Konservativen haben die Ablehnung eines neuen Unabhängigkeitsreferendums zum zentralen Punkt ihres Wahlkampfes gemacht.“ Deshalb sei das Wahlergebnis für sie eine Katastrophe. Man könne Schottland nicht gegen den Willen der Schotten im Vereinigten Königreich festhalten.

Im September 2014 hatten die Schotten noch mit 55 Prozent für den Verbleib im Vereinigten Königreich gestimmt, doch die Zeiten haben sich aufgrund des Brexits und der Unbeliebtheit des britischen Premiers in Schottland geändert. Sturgeons Stellvertreter Keith Brown sagte: „Das genaue Datum für ein Referendum steht noch nicht fest, aber es wird kommen.“

London könne das nicht verweigern, sagte Brown. Auch juristische Experten meinen, dass die schottische Regierung das Recht hätte, ein Referendum abzuhalten. Aber sie dürfte ein Ergebnis für Unabhängigkeit nicht umsetzen.

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15 Kommentare

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  • Stimmen gegen Brexit können ja als Stimmen für die EU interpretiert werden, aber um Stimmen für die EU als Stimmen für "Europa" zu interpretieren, muss man sich dann doch ein bisschen verrenken.

  • RS
    Ria Sauter

    Wünsche den Schotten viel Glück.

  • Aye, es wird langsam Zeit, die Folgen von Culloden zu beseitigen :-)

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Schottland ist dem UK aus purer Not beigetreten, nach dem Fehschlag mit der eigenen Kolonie war man faktisch pleite und die Engländer haben die Schulden übernommen.

      • @Sven Günther:

        Ja. Allerdings hat man das Geld später wieder durch Plünderungen reingeholt.

  • Naja, das hier in der TAZ jetzt selbst Nationalisten abgefeiert werden, zumindest ein bisschen, finde ich schon befremdlich. Für was stehen denn die Nationalisten sonst noch so (proeuropäisch hin oder her, wohl sowieos nur wegen der Marktzugänge Öl ud Gas)? Finde ich leider keine Infos.

    • @Tom Farmer:

      Die SNP ist zwar gegenüber Großbritannien ablehnend, aber allen Ausländern wohlgesonnen, so dass Ausländer dort sogar wählen dürfen. Das unterscheidet sie kategoriell von üblichen "Nationalisten"Sie ist EU-freundlich und progressiv und sitzt im EU-Parlament (bis zum Brexit) in der Fraktion der Grünen

  • Ich kann nur hoffen, daß die sich abspalten.

  • Ich sach's mal so: „Wenn man Wahlen ständig mit Dingen verknüpft, die dabei gar nicht zur Wahl stehen, darf man sich nicht wundern, wenn der Igel immer schon im Ziel ist, bevor der Hase losläuft.

  • Die Schotten hatten in der britischen Militärgeschichte öfter das Glück, die erste Reihe zu bilden. Das hat zu einer gewissen Skepsis gegenüber den Engländern geführt.



    Da sie lieber selbst entscheiden, wo sie in Themen stehen, wählen sie jetzt auch so.

  • Es bleibt also spannend. Supi..

  • Man sollte das ruhig relativieren - Die SNP ist innerhalb Schottlands sicher sehr erfolgreich gewesen , allerdings haben nur 3,9 % (1.242.372) der Wahlberechtigten im Vereinigten Königreich die SNP gewählt.

    • @Karolos:

      Da es im Britischen Wahlssystem nicht nach %tualer Stimmenverteilung geht, ist dieser Einwand wumpe. 0% der Waliser und 0% der Nordiren und sogar 0% der Engländer haben auch nicht SNP gewählt. Dafür haben 0% der Schotten DUP, Plaid Cymru oder gar Sinn Féin gewählt.

      Wenn es nach absoluten Stimmen ginge, wäre das UK seit Jahrzehnten von Labour regiert worden.

    • @Karolos:

      Es ist sinnlos, den Wert auf das ganze UK zu beziehen - die SNP tritt nur in Schottland an und kann nur dort gewählt werden.



      Sogesehen: Die Konservativen haben nur 13,941,200 von 7 758 296 452 (Weltbevölkerung) Stimmen bekommen, also nur 1,8 Promille.

      • @flipmar:

        :-) *daumen hoch*