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Vorwurf der VergewaltigungAnklage gegen Dieter Wedel

Der Regisseur Dieter Wedel muss sich bald vor Gericht verantworten. 1996 soll der heute 80-Jährige eine Schauspielerin vergewaltigt haben.

Nun angeklagt: Bislang streitet Regisseur Dieter Wedel die Vorwürfe ab Foto: Swen Pförtner/dpa

Berlin taz | Die Ermittlungen dauerten drei Jahre an, jetzt erhebt die Staatsanwaltschaft München 1 Anklage gegen den Regisseur Dieter Wedel. Vor 25 Jahren soll er die Schauspielerin Jany Tempel, damals 26 Jahre alt, vergewaltigt haben, als sie in seinem Hotelzimmer wegen einer Rolle vorgesprochen hatte. Der heute 80-jährige Wedel bestreitet die Vorwürfe.

Die Staatsanwalt geht von einem Tatverdacht aus, der vor Gericht noch bewiesen muss. „Zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt zwischen Juni und Oktober 1996, vermutlich Ende Oktober 1996, soll die Geschädigte, eine Schauspielerin, den Angeschuldigten in seinem Zimmer in einem Luxushotel in München für ein Vorstellungsgespräch aufgesucht haben“, heißt es in einer Pressemitteilung der Behörde.

Wedel soll, heißt es weiter, die junge Frau „lediglich mit einem Bademantel bekleidet empfangen und anlässlich des gemeinsamen Lesens einer erotischen Szene eines Drehbuchs den Entschluss gefasst haben, Geschlechtsverkehr mit der Geschädigten zu vollziehen und dabei etwaigen Widerstand gegebenenfalls mit Gewalt zu überwinden“.

Als sich Tempel gewehrt habe, soll Wedel sie auf das Bett geschleudert und vergewaltigt haben. Aus Angst vor weiterer Gewalt soll sie sich nicht gewehrt haben.

Tempel und zwei weitere Opfer hatten die Vorwürfe gegen Wedel bereits 2018 erhoben. Die Wochenzeitung Die Zeit hatte damals breit darüber berichtet. Die Offenbarung der Frauen, die es als erste Opfer sexueller Gewalt gewagt hatten, den prominenten Namen eines mutmaßlichen Täters öffentlich zu machen, belebte die sogenannte MeToo-Debatte in Deutschland.

Im Oktober 2017 hatte sich im Zuge des Skandals um den US-amerikanischen Filmproduzenten Harvey Weinstein, der vielfacher Vergewaltigung beschuldigt worden war, das Hastag #MeToo in den sozialen Netzwerken viral verbreitet. Dadurch war eine globale Debatte um Gewalt gegen Frauen angestoßen worden. Seitdem wird auch in Deutschland intensiver denn je über sexuelle und Partnerschaftsgewalt sowie Femizide diskutiert. In der Filmbranche gründete sich eine Beschwerdestelle.

Frauen am Set benachteiligt

In der Filmbranche sind Frauen benachteiligt, stellte Monika Grütters, Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, erst im vergangenen Dezember fest. So werden etwa 62 Prozent der Männer im Bereich Regie als Experten gelabelt, während das bei nur 38 Prozent der Frauen der Fall ist. Nun lässt sich über die Kategorisierung Expertentum heftig streiten, in der Kunst ist Qualität nicht mathematisch messbar, sondern hängt vielfach vom Geschmack ab.

Aber seit 2018, seit der „Causa Wedel“, ist verstärkt von strukturellen Benachteiligungen von Frauen am Set die Rede. Damals hatten bei nur etwa zehn Prozent der Film- und Fernsehproduktionen ausschließlich Frauen die Entscheidungshoheit. Bei gut einem Fünftel führten Frauen allein Regie. Hinter der Kamera standen neun Prozent Frauen, die Tontechnik bedienten drei Prozent. Nur bei den Kostümen rangierten Frauen mit 80 Prozent weit vorn.

Seitdem ist #MeToo Gesprächsstoff in Redaktionen, Unternehmen, Organisationen. Immer mehr Fälle körperlicher und sexueller Gewalt kommen ans Tageslicht, im Theater, im Sport, bei Menschenrechtsorganisationen, selbst bei Opferschutzverbänden.

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe war Wedel, der unter anderem mit TV-Mehrteilern wie „Der König von St. Pauli“ berühmt geworden war, seinerzeit als Intendant der Bad Hersfelder Festspiele zurückgetreten. Zwischenzeitlich lag er im Krankenhaus – vermeintlich wegen der gegen ihn erhobenen und ihn krank machenden Vorwürfe.

Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in dem Strafverfahren gilt für Wedel die Unschuldsvermutung.

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2 Kommentare

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  • Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in dem Strafverfahren gilt für Wedel die Unschuldsvermutung, heißt es im Bericht ganz zum Schluß.



    Der Mann ist "verbrannt". Um sich gegen falsche Anschuldigungen zu wehren, braucht es einen langen Atem, siehe damals Jörg Kachelmann.

  • Man darf sicher sein, dass sich der Tatvorwurf auch nach 25 Jahren noch zweifelsfrei klären lässt.