Vorschläge für soziale Verkehrswende: Dienstwagen teurer, Bus billiger
Klimaschutz im Verkehr darf nicht zulasten Ärmerer gehen. Nabu und Sozialverband Deutschland legen Ideen vor, wie das gelingen soll.
Die Vizepräsidentin des Sozialverbands Deutschland, Ursula Engelen-Kefer, pflichtet ihm bei: „Die Faktenlage wird verkannt, wenn behauptet wird, dass ein umwelt- und klimafreundliches Mobilitätssystem zulasten der Ärmsten ginge.“ Die beiden berufen sich auf eine neue Studie, die das Ökoinstitut im Auftrag des Nabu gemacht hat – Titel: „Impulse für mehr Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit in der Verkehrspolitik“.
Im Schnitt ist demnach jede und jeder Deutsche am Tag 38 Kilometer unterwegs. Doch das Einkommen macht einen Unterschied, bei den Reicheren sind es 50 Kilometer. Und: Das Gros der Haushalte in den oberen Einkommensklassen (2.500 Euro netto pro Person und mehr) hat zwei oder mehr Pkws, von jenen in den untersten Einkommensklassen besitzen hingegen mehr als 40 Prozent gar kein Auto. So profitieren Besserverdienende finanziell besonders von steuerlichen Vorteilen für Dienstwagen, von der Entfernungspauschale oder von Kaufprämien für Neuwagen.
Letztlich eine Umverteilung nach oben
Ruth Blanck und die anderen Autoren der Studie schreiben: „Es kommt letztlich zu einer Umverteilung von unten nach oben.“ Das wollen sie umkehren, zum Beispiel mit der Dienstwagenbesteuerung. Man sollte „auch die private Fahrleistung besteuern“, sagt Blanck. Zweites Beispiel: die Entfernungspauschale. Wer ein niedriges Einkommen hat, bekommt kaum etwas bei der Steuererklärung zurück und geht bei der Entfernungspauschale eher leer aus. Anders ist das bei jenen mit gutem Einkommen. Vorschlag: „Die Entfernungspauschale im Falle der Pkw-Nutzung halbieren – es sei denn, man benötigt mit dem öffentlichen Verkehr 60 Minuten länger als mit dem Pkw“, sagt Blanck. In Norwegen und Schweden sind schon heute Fahrtkosten mit dem Pkw nur absetzbar, wenn die Nutzung des öffentlichen Verkehrs 120 Minuten länger dauert.
Was sonst noch besser zu machen wäre? In München sind die Preise für eine ÖPNV-Monatskarte laut Studie zwischen 2003 und 2017 um 74 Prozent gestiegen, der Preis für eine Stunde Parken sei aber gleich geblieben. Das müsse sich ändern, Parken müsse teurer werden. Zudem solle es ein Bonus-Malus-System beim Kauf neuer Wagen geben – je klimaschädigender, desto teurer die Zulassung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen