Vorfall bei israelischer Airline El Al: Airline setzt Passagierinnen um
Vor dem Flugstart weigert sich ein orthodoxer Jude, neben zwei Frauen zu sitzen. Die Crew gab nach – und ignorierte damit ein Gerichtsurteil.
Der jüdisch-orthodoxe Passagier gab an, er könne nicht direkt neben den beiden Frauen sitzen und weigerte sich gemäß des Augenzeugenberichts auch mit ihnen zu reden. Die Crew widersprach ihm zunächst, gab nach mehr als einer Stunde aber seiner Forderung nach. Flugbegleiter*innen fragten männliche Fluggäste in anderen Sitzereihen, ob diese mit den beiden Frauen die Plätze tauschen könnten. Nachdem dies geschehen war, hob die Maschine ab. Zu den zwei Frauen ist bis jetzt nichts weiteres bekannt.
Der Passagier berief sich auf das sogenannte „shomer negiah“, übersetzt „verbotene Berührung“. Verfechter dieses Grundsatzes führen als Begründung zwei Stellen aus dem dritten Buch Mose an. Auch wenn aus ihnen kein absolutes Berührungsverbot zwischen Männern und Frauen hervorgeht, hat sich diese Vorgabe in einem kleinen Kreis des streng orthodoxen Judentums etabliert.
Flugzeugcrew setzt sich über voriges Urteil hinweg
Der Vorfall in der Maschine von El Al ist brisant, denn es war nicht das erste Mal, dass eine Passagierin ihren Sitz wechseln musste: Schon 2017 hatte die 83-jährige Renee Rabinowitz geklagt, nachdem sie in einem Flug aus demselben Grund umplatziert wurde. Über ihre Motivation, gerichtlich dagegen vorzugehen, äußerte sie: “Für mich ist das nicht persönlich. Es ist intellektuell, weltanschaulich und rechtlich. Ein Mann sagt, dass ich nicht neben ihm sitzen darf. Warum?“
Renee Rabinowitz gewann den Fall vor einem Jerusalemer Gericht mit Unterstützung der liberalen jüdischen Organisation Religious Action Center. Die zuständige Richterin urteilte, dass gemäß des israelischen Antidiskriminierungsrechts niemand aufgrund des eigenen Geschlechts gezwungen werden darf, den Sitzplatz zu wechseln.
Auf Anfrage der Jerusalem Post teilte El Al mit: „Jegliche Diskriminierung gegenüber Fluggästen ist streng verboten. El-Al-Crew-Mitglieder tun alles, um einer großen Vielfalt von Passagieren guten und zuvorkommenden Service anzubieten. So können die Flugzeuge pünktlich abheben und Fluggäste mit höchster Sicherheit und Komfort an ihr Ziel zu bringen“. Nach dem Urteil 2017 hatte El Al versprochen, seine Mitarbeiter*innen diskriminierungssensibel auszubilden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül