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Vor der MinisterpräsidentenkonferenzFetisch Obergrenze

Ab Mittwoch treffen sich die Re­gie­rungs­che­f*in­nen der Bundesländer. Das ist eine Gelegenheit für die Union, Asylforderungen aus der Mottenkiste auszupacken.

Für weitere Verschärfung des Asylrechts: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) Foto: imago

Berlin taz | Gerade erst hat die Ampel-Koalition zum wiederholten Male das Asylrecht verschärft, da fordert die Union schon die nächsten Verschärfungen. Und setzt damit den Ton für die am Mittwoch beginnende Jahreskonferenz der Mi­nis­ter­prä­si­den­t*in­nen in Leipzig.

Seit Oktober hat Sachsen den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) inne. Der Freistaat folgt damit turnusgemäß auf Hessen. Am Vortag des Jahrestreffens nutzte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) die Gelegenheit, klar zu machen, wo die Union hin will. Das Grundrecht auf Asyl sei zwar ein „zentraler Pfeiler“ des Grundgesetzes, sagte Kretschmer im Tagesspiegel – es müsse aber an die aktuelle Situation angepasst werden.

Kretschmer wiederholte in diesem Zuge auch seine Forderung, die Zahl Asylsuchender auf 30.000 pro Jahr. Im März hatte er noch 60.000 genannt, im Mai hatte die Union noch 200.000 gefordert. Man solle sich „den Asylkompromiss aus den Neunzigern zum Vorbild nehmen“, sagte Kretschmer nun – „mit umfassenden Zurückweisungen an den Grenzen“.

Auf der MPK, bei der Migrations- und Asylpolitik einer der Schwerpunkte sein wird, dürften diese Forderungen für Krach sorgen. Denn die Bundesregierung hat das Asylrecht in dieser Legislatur schon mehrfach verschärft, zuletzt erst in der vergangenen Woche mit dem sogenannten „Sicherheitspaket“, dass den kompletten Leistungsentzug für sogenannte Dublin-Geflüchtete vorsieht – für Menschen also, für deren Asylantrag eigentlich ein anderer EU-Staat zuständig ist.

Mehr, mehr, mehr

Den asylpolitischen Teil dieses Gesetzespakets ließen die Unionsländer im Bundesrat zwar passieren. Einem zweiten Teil zu mehr Befugnissen für Sicherheitsbehörden scheiterte aber im Bundesrat. Das dürfte nicht zuletzt am beginnenden Bundestagswahlkampf liegen, der sich auch in der Länderkammer bemerkbar macht.

Ähnliches gilt für die asylpolitischen Forderungen, die die Union nun zum wiederholten Male auf den Tisch legt, obwohl diverse bereits entschiedene Verschärfungen gerade erst oder noch nicht mal in Kraft getreten sind – seien es die Leistungsstreichungen für Dublin-Fälle oder das massiv verschärfte EU-Asylrecht.

Wie die SPD zu den Forderungen steht, ist derweil bekannt. CDU-Chef Friedrich Merz hatte im September bereits gefordert, diese für drei Monate zu testen. Bundeskanzler Olaf Scholz wie auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatten das mit Verweis auf internationales Recht abgelehnt. „Heiße Luft“ seien solche Forderungen, so Scholz. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hatte erklärt, es sei schlicht nicht möglich, die Regeln für Geflüchtete probeweise auszusetzen. „Das ist nicht vorgesehen im Rechtsstaat.“

Die Zahlen sinken

Auch die schon seit Jahren diskutierte Forderung nach einer „Obergrenze“ für Asylsuchende ist nicht mit geltendem internationalen Recht vereinbar – etwa der Genfer Flüchtlingskonvention oder der Europäischen Menschenrechtskonvention. Das individuelle Asylrecht habe „keine Obergrenze“, hatte schon im Dezember etwa Integrationsstaatsministerin Reem Alabali-Radovan (SPD) erklärt.

Klar ist: Weniger als ein Jahr vor der Bundestagswahl setzt die Union aufs Thema Asyl. Ende August hatte Merz gar von einer „nationalen Notlage“ gesprochen. Die bisherige Entwicklung der Asylzahlen lässt diese Analyse allerdings kaum zu. So wurden in diesem Jahr bis Ende September 179.212 Erstanträge auf Asyl gestellt – 23 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Nicht enthalten sind in dieser Zahl Menschen, die seit Ende Februar 2022 aus der Ukraine geflüchtet sind.

Weiterer Schwerpunkt auf der MPK wird der umstrittene Reformstaatsvertrag sein. Darin geht es um Vorschläge für eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die soll unter anderem Geld sparen, und sieht das Zusammenlegen, Streichen und Kürzen verschiedener Kanäle und Sparten vor. So sollen beispielsweise im Radio mindestens 16 Programme wegfallen, oder die Sender 3sat und Arte zusammengelegt werden. Auch geht es um die Höhe des Rundfunkbeitrags.

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18 Kommentare

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  • Wie Herr Jacob berechtigt feststellte hat die Ampel das Asylrecht nicht verschärft sondern alten Wein in neuen Schläuchen präsentiert.



    Man sollte sich btw. die vielzitierte Genfer Flüchtlingskonventions mal tatsächlich ansehen. Da stehend spannende Sachen drin, wie z.B. dass Flüchtlinge nachzuweisen haben, dass sie auch tatsächlich verfolgt werden. Schon allein darauf abstellend wären ein Großteil der Asylbewerber gar keine, weil die meisten mangels Ausweisen nicht mal ihre Identität und Herkunft belegen können. Außerdem sieht die Konvention den Verlust des Flüchtlingsstatus bei Begehen schwerer Straftaten vor. Alles in allem ist das deutsche Asylrecht aktuell wesentlich Flüchtlingsfreundlicher als es die internationalen Verträge vorschreiben.

    • @Samvim:

      Die Genfer Flüchtlingskonvention ist eine Vereinbarung zwischen Staaten, nicht zwischen Staat und Flüchtling. Geregelt wird dementsprechend wie Staaten die diese Konvention ratifiziert haben, mit Flüchtlingen verfahren.

      Zum Asylrecht nur soviel, Flüchtlinge ohne Identitätsnachweis erhalten bis zur Klärung ihrer Identität bestenfalls subsidären Schutz. Das ist etwas anderes als ein anerkannter Asylbewerber.

      Leider entspricht auch der Rest ihrer Ausführungen nicht den Fakten, besonders ihre rechtlichen Interpretationen hinsichtlich des deutschen und internationalen Asylrechts.

  • Na ja, die Linke möchte auch nicht darüber sprechen was machbar ist. Ich habe das Gefühl, dass von Links keiner eine Unterscheidung zwischen dem was man leisten möchte und den was man leisten kann, machen möchte.

  • Das sind alles Kotaus vor den Faschos - und Brandbeschleuniger für deren Erfolg. Alle !!!! Experten sind sich einig, dass solche durchsichtigen Mätzchen allein den Rechtsextremen nutzen - die Menschen wählen das Original, nicht die Kopie, Stupid!!

  • Das die Asylzahlen in diesem Jahr zurück gehen, ist nicht zu bestreiten. Allerdings ist es eben nicht so, dass diese Asylbewerber aus diesem Jahr bildlich gesprochen auf quasi leere Asylbewerberheime stoßen. Diese sind nämlich zu großen Teilen noch von den Ankömmlingen der Vorjahre belegt.



    Es funktioniert ganz offensichtlich nicht, jedes Jahr mehrere Hunderttausend Menschen in Deutschland zu integrieren, weder gesellschaftlich, noch finanziell, noch job- und wohnungsmäßig.



    Nicht umsonst fordert der Ministerpräsident von RP mehr Geld vom Bund für Integration. Ansonsten könnte man da ja auch sagen, die Zahlen sinken um 25%, wieso brauchst du mehr Geld?

  • Es ist doch höchst bedaurerlich, dass ausgerechnet in der taz eine Sachlage mit dem Wort "Fetisch" negativ konnotiert werden soll. Ich finde nichts schlimmes an einem Fetisch und jeder soll seinen ausleben wie er möchte. Die angeblich so weltoffene taz hätte weiter sein sollen.

    • @DiMa:

      Bei der taz kennt mensch halt noch Marx und seine Kritik an dem rückständigen Anbeten von handfesten Fetischen bei gewissen Gesellschaften und eben auch in der Moderne übertragen von Begriffen und Denkkonzepten.



      Da wird das Objekt geliebt, die Ersatzbefriedigung überhöht und nicht mehr in Frage gestellt. In diesem Sinne ist ein Fetisch leider nicht positiv.

      Im auch gängigen Sinn von sexueller Variante wäre ich wieder bei Ihnen: chacun a sa façon! Da dürften irgendwelche "Fetische" die Regel sein.

  • Klar ist vor allem: Eine Mehrheit der Bevölkerung in Europa ist gegen Einwanderung, insbesondere aus Afrika und dem Nahen Osten. Ob das gegen geltendes Recht verstößt oder nicht, wenn man den Teil der demokratischen Idee, dass nämlich das Volk der Souverän ist, ernst nimmt, wird man dem Willen nachkommen müssen. Oder man nimmt der Demokratie ihre Legitimation.

    • @fleischsalat:

      Oder man nimmt der Demokratie ihre Legitimation

      Kern einer jeden Demokratieform ist das Gleichheitsprinzip.

      In einer repräsentativen Demokratie entscheidet die Mehrheit gar nichts. Sie legt durch ihr Wählervotum lediglich die Sitzverteilung in den Parlamenten fest. Selbst Regierungsbildungen repräsentieren nicht grundsätzlich den Wählerwillen.

      Ihre Auffassung, dass das Recht sich dem Volkeswillen zu beugen hat, ist gelinde gesagt bedenklich.

    • @fleischsalat:

      Ja und nein.



      Die Grundrechte & das Völkerrecht grenzen eine zügellose Demokratie bewusst so konstruiert ein.



      Aus Erfahrung.

      Eine Mehrheit der Bevölkerung ist ansonsten sicher _nicht dagegen, dass der Arzt aus Syrien sie behandelt und so das deutsche Ausbildungssystem kompensiert.

    • @fleischsalat:

      "Klar ist vor allem: Eine Mehrheit der Bevölkerung in Europa ist gegen Einwanderung"

      Blödsinn

      • @Kaboom:

        Haben Sie mal in den letzten Jahren Umfragen zur Kenntnis genommen? Nach dem aktuellen Deutschlandtrend der ARD sind 75% für eine grundlegend andere Asylpolitik, Selbst 48% der Grünenwähler sahen das so. Würde hier dezidiert nach Afrika und dem Nahen Osten gefragt, würde ich mal auf Ergebnisse um die 90% tippen. Selbst meine türkischen und arabischen Kollegen im Berliner Büro sind alle dagegen. In meiner Heimat hier in Ostsachsen gab es dafür sowieso noch nie eine Mehrheit. Sie glauben ernsthaft sie bekämen derzeit in Westdeutschland noch eine Mehrheit für mehr Migration ausgerechnet aus diesen beiden Regionen? Bitte hier nicht die Stimmung in den Redaktionen mit der in der Bevölkerung verwechseln.

  • Kretschmer sollte froh sein, dass überhaupt mal wer nicht gen Rhein & Isar aus dem Erzgebirge flüchtet, sondern kommt.



    Auch wenn ungute Behandlung gleich die nötigen internationalen Fachkräfte mit vergrätzt, die schon lange nicht mehr Lust auf Bahnfahren mit Dynamo-"Fans" haben.

    Das slawisch durchwirkte Sachsen im Dreiländereck sollte Grenzen-Überwinden doch gelernt haben. Hat es auch, aber Kretschmer unterschätzt seine Leute und schiebt sie sogar in die falsche, rechtsrabiate Richtung.

  • Die Union ist auf der Rutsche nach unten, in mehrfacher Hinsicht. Wenn man so weitermacht will man nicht nur eine 0-Zuwanderung, sondern verlangt die massive Ausbürgerung von Deutschen, ist ja irgendwann keiner mehr zum Abschieben da.



    Nicht dass man sich noch realen Problemen stellen muss, das AfD-Kopfkino regiert, auch die Union.

  • Was heißt Mottenkiste? Die Zahlen überfordern das Land. Und die Statistik nennt nur die halbe Wahrheit. Unterschlagen wird der Familiennachzug. Im letzten Jahr rd 140000, insgesamt kamen also fast 1/2 Mio, und das ohne Ukrainer. Gesamtausgaben schon jetzt über 50 Mrd. Die Staatsräson verlangt einen Stopp. Das will auch die große Mehrheit. Zu machen wahrscheinlich nur über eine Änderung des Grundgesetzes.

  • "Klar ist: Weniger als ein Jahr vor der Bundestagswahl setzt die Union aufs Thema Asyl."



    Damit ist sie nicht allein, das Thema bespielen alle Parteien. Interessant wird, ob sich die Grünen einen turn around trauen und gegen die Verschärfungen, die sie selbst mitgetragen haben, im Wahlkampf dann Position beziehen.



    "Das individuelle Asylrecht habe „keine Obergrenze“, hatte schon im Dezember etwa Integrationsstaatsministerin Reem Alabali-Radovan (SPD) erklärt."



    Alles hat eine Grenze. Ob CO2 in der Luft, Sitzplätze im Bus, Frischwasser, Nahrungsmittel, egal - jedes System hat ein Limit.



    Uns fehlen hunderttausende Wohnungen, zigtausende Lehrer, Erzieher, Sozialarbeiter und Psychologen um Ankommende adäquat betreuen und integrieren zu können.



    Insofern ist die Grenze längst erreicht.



    Kann man natürlich auch so weiterlaufen lassen wie bisher, Menschen wie Vieh in Turnhallen auf Ewigkeit parken, jahrelang in der Schleife auf Kurse warten lassen etc, bis uns endgültig der Laden um die Ohren fliegt und AfD und BSW auch im Bund ein Regieren ohne sie unmöglich machen so wie jetzt schon im Osten.



    Auch im Bund liegen die zusammen mittlerweile bei bereits 30% - gleichauf mit der Ampel... 🫣

  • >Das individuelle Asylrecht habe „keine Obergrenze“<

    Das ist das Problem. Kaum jemand will alle Menschen aufnehmen, die aus Afghanistan, Syrien, Pakistan, Bangladesh, etc. fliehen wollen oder müssen. Die Frage ist, ob man gegenüber schutzbedürftigen Flüchtlingen das Recht hat, Nein zu sagen.