Vor dem Spiel Türkei gegen Niederlande: Wolfsgrüße sorgen für Fanmarsch-Aus

Türkeis Präsident Erdoğan wird im Berliner Olympiastadion anwesend sein, die Berliner Polizei bricht wegen „massiver“ Wolfsgrüße einen Fanmarsch ab.

Präsident Erdogan auf den Rängen eines halbleeren Stadions. Er hält sich die rechte Hand an die Brust

Hält sich gerne im Stadion auf: Präsident Recep Tayyip Erdoğan beim EM-Vorrundenspiel Türkei – Wales am 16. Juni 2021 in Baku, Aserbeidschan Foto: dpa/Turkish Presidency

ISTANBUL/BERLIN dpa/afp | Vor dem EM-Viertelfinale in Berlin haben Anhänger der türkischen Fußball-Nationalmannschaft bei ihrem Fanmarsch zum Olympiastadion laut Polizei „massiv“ den rechtsextremen Wolfsgruß gezeigt. AFP-Fotos vom Breitscheidplatz bestätigen am Samstag entsprechende Szenen. Einsatzkräfte hätten den Fanmarsch deshalb angehalten und die Fans aufgefordert, „das Zeigen dieses Zeichens zu unterlassen“, schrieb die Polizei am Samstagnachmittag bei X. „Ein Fanwalk ist keine Plattform für politische Botschaften.“

Die Partie am Samstagabend gegen die Niederlande wurde im Vorfeld wegen der Wolfsgruß-Debatte von Sicherheitsbedenken und diplomatischen Verstimmungen zwischen Deutschland und der Türkei überschattet. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei rief am Samstag die Fans in Deutschland auf, auf das Zeigen des Wolfsgrußes zu verzichten. Dieser gilt als Symbol der rechtsextremen türkischen Organisation Graue Wölfe. Der Gruß ist gleichwohl in Deutschland nicht verboten.

Erdogan-Ankunft in Berlin kurz vor Viertelfinale der Türkei

Inmitten des Wolfsgruß-Eklats reist der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan für einen Kurzbesuch zum EM-Viertelfinalspiel der Türkei gegen die Niederlande nach Berlin. Derweil hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) die Fans zum Verzicht auf die umstrittene Geste aufgefordert.

Präsident Erdoğan werde kurz vor dem Fußball-Spiel ankommen und noch am selben Abend wieder abreisen, sagte das Büro Erdoğans. Bisher seien keine weiteren Termine in Deutschland geplant.

Erdogan hat sich noch nicht zur Zwei-Spiele-Sperre des türkischen Nationalspielers Merih Demiral durch die Europäische Fußball-Union geäußert. Demiral hatte im Achtelfinalspiel gegen Österreich den Wolfsgruß gezeigt. Der türkische Präsident hatte aber die Kritik an der Geste abgetan, der Spieler habe damit nur sein „Begeisterung“ ausgedrückt.

In der Türkei hatte die Entscheidung der UEFA, Demiral zu sperren, teilweise Empörung ausgelöst. Als „Skandal“ bezeichnete der türkische Sender TRT die Entscheidung, der Präsident des Fußballverbands, Mehhmet Büyükeksi, nannte sie „inakzeptabel, illegal und politisch“.

Auch war es wegen der Torjubel-Affäre schon zu diplomatischen Verstimmungen zwischen Berlin und Ankara gekommen. Am Mittwoch hatte die türkische Regierung den deutschen Botschafter in Ankara einbestellt, nachdem die Bundesregierung Kritik an Demirals Wolfsgruß-Geste geäußert hatte. Das Auswärtige Amt bestellte darauf am Donnerstag seinerseits den türkischen Botschafter in Deutschland ein.

Türkische Fußball-Ultras riefen die Fans auf, im Berliner Olympiastadion den Wolfsgruß zu zeigen. Vor diesem Hintergrund sei es dringend notwendig zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen diese Geste verboten werden könne, forderte GdP-Chef Kopelke am Samstag. Auch müssten aufgebrachte türkische Fans Maß finden. Kopelke sprach von einem „Hochrisiko-Spiel“ für die Polizei.

„Politik hat keinen Platz auf dem Spielfeld“, erklärte Kopelke. Dies gelte erst recht, „wenn in ihrem Zentrum menschenverachtende Symbolik zum Ausdruck gebracht wird.“

Der Wolfsgruß drückt in der Regel die Zugehörigkeit oder das Sympathisieren mit der türkischen rechtsextremen Ülkücü-Bewegung und ihrer Ideologie aus. In der Türkei wird er etwa von der ultranationalistischen Partei MHP genutzt, die Partner der Regierung unter Erdogan ist.

Kurdische Gemeinde fordert Verbot der Grauen Wölfe

Die Kurdische Gemeinde in Deutschland hat unterdessen ein Verbot der ultranationalistischen Organisation Graue Wölfe gefordert. Er erwarte von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) „dass die Grauen Wölfe und ihre Symbole in Deutschland verboten werden“, sagte der Bundesvorsitzende der Kurdischen Gemeinde, Ali Ertan Toprak, am Samstag im Deutschlandfunk. Dies mache die Bundesregierung aber offenbar nicht, weil sie „keinen Ärger mit der Türkei“ wolle.

„Ich habe große Sorge und Befürchtungen, dass Erdoğan heute provozieren wird“, sagte Toprak. „Er lebt immer von solchen Konflikten. Und ich gehe auch davon aus, dass er irgendwann auch diesen Wolfsgruß zeigen wird.“

„Wir müssen endlich auch den türkischen, migrantischen Rechtsextremismus in Deutschland wahrnehmen und auch bekämpfen“, forderte Toprak. Die Grauen Wölfe würden „vor allen Dingen die Jugend hier gegen Deutschland aufladen mit Nationalismus“. Toprak verwies darauf, dass der Bundestag schon Ende 2020 in einer von Union, SPD, FDP und Grünen unterstützten Entschließung das Bundesinnenministerium aufgefordert hatte, ein Verbot der Grauen Wölfe zu prüfen.

Laut Bundesverfassungsschutz werden den Grauen Wölfen in Deutschland in verschiedenen Gruppierungen rund 12.500 Anhänger zugerechnet. Größte Vereinigung ist demnach die Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e.V., die als Ableger der mit Erdogan verbündeten MHP gilt.

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