Vor Konferenz zur atomaren Abrüstung: Leere Versprechen
Die Erklärung der fünf offziellen Atomwaffenstaaten, eine Welt ohne Atomwaffen zu erreichen, ist irreführend. Das Gegenteil passiert.
Wir wollen mit allen Staaten zusammenarbeiten, um das endgültige Ziel einer Welt ohne Atomwaffen zu erreichen und bekennen uns zu unserer Verpflichtung aus dem Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag (NPT), Verhandlungen über ein Ende des atomaren Rüstungswettlaufs und ein Abkommen zur vollständigen Abrüstung zu führen.“
Das behaupten die fünf offiziellen Atomwaffenstaaten und ständigen Vetomächte des UNO-Sicherheitsrates, USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien (P5) in einer gemeinsamen Erklärung, die am Montag, dem Vorabend der 10. NPT-Überprüfungskonferenz, in New York veröffentlicht wurde. Die zitierte Behauptung ist ebenso irreführend und unwahr, wie das Bekenntniss der fünf Atomwaffenmächte zur „Stärkung von Stabilität und Vorhersehbarkeit“.
Die an sich völlig richtige Feststellung, dass „ein Nuklearkrieg nicht gewinnbar ist und niemals geführt werden darf“, erinnert an Walter Ulbrichts absurdes Versprechen: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“ Denn tatsächlich verweigern und boykottieren die P5 bislang jegliche multilaterale Verhandlung zu atomarer Abrüstung.
Stattdessen betreiben sie mit großem Aufwand und gigantischen Geldsummen die von allen Seiten stets als „Modernisierung“ verharmloste Aufrüstung ihrer atomaren Arsenale. Dabei werden immer mehr Waffensysteme entwickelt, die zerstörungsstärker, zielgenauer, schneller und flexibler einsetzbar sind als ihre Vorgänger und damit gefährlicher und unberechenbarer für den Gegner.
Das gilt für die geplanten Nachfolgesysteme der US-Atombomben in der Eifel, für deren Einsatz auch die Ampelkoalition neue Kampfflugzeuge anschaffen will, ebenso wie die von Russland entwickelte Hyperschallrakete „Zirkion“, die mit einer Geschwindigkeit von 10.000 Stundenkilometern dem anvisierten Gegner jede Vorwarnzeit und Abwehrchance nimmt.
Derartige Waffen senken die Schwelle zum Einsatz und bewirken das Gegenteil der von den P5 angeblich angestrebten „Stabilität und Vorhersehbarkeit“. Noch führen die USA und Russland den atomaren Aufrüstungswettlauf an. Doch China zieht inzwischen gewaltig nach. Die Erklärung der P5 dürfte kaum ausreichen, den wachsenden Unmut der 186 Vertragsstaaten des NPT, die auf atomare Waffen verzichtet haben, zu beruhigen.
Daher wäre ein erneutes Scheitern der New Yorker Überprüfungskonferenz wie schon 2015 keine Überraschung. Zumal auch der Beschluss zur Durchführung einer UNO-Konferenz über eine massenvernichtungswaffenfreie Zone im Nahen und Mittleren Osten, mit dem die NPT-Konferenz 2010 gerettet werde konnte, wegen des Widerstandes Israels und der USA bis heute nicht umgesetzt wurde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen