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Von der SPD zu den Grünen in HannoverClaudia Bax geht mit einem Knall

Die bildungspolitische Sprecherin der Rats-SPD wechselt zum Ex-Koalitionspartner – auch weil der Koalitionsbruch nicht vorab diskutiert worden sei.

In Hannovers Rat von der SPD zu den Grünen übergelaufen: Claudia Bax

Hannover taz | Sie geht, aber nicht ohne die Tür zu zuknallen: Claudia Bax (57), bis dato schulpolitische Sprecherin der SPD-Ratsfraktion in Hannover, ist zur Grünen-Fraktion übergelaufen. Vorher schreibt sie ihren Ex-Genossen aber noch ein paar ziemlich unangenehme Bewertungen ins Abgangszeugnis: Von Machostrukturen ist die Rede und davon, dass die SPD ein Problem mit allzu selbstständig denkenden Frauen habe. Dabei hat man sie vor etwas mehr als sechs Jahren gezielt angeworben.

Bax, Lehrerin an der Leonore-Goldschmidt-Gesamtschule und schon länger in der Schulpolitik aktiv, holte für die SPD ein Direktmandat in ihrem Stadtteil und wurde schulpolitische Sprecherin. Doch schon nach zwei Wochen sei sie das erste Mal zu einem Disziplinargespräch, einem gezielten und geplantem Abkanzeln vor Zeugen, einbestellt worden – so zumindest hat sie das wahrgenommen.

Auch mit dem Ortsverein sei sie nie richtig warm geworden und der nicht mit ihr. Als die SPD im Herbst die grün-rote Koalition im Rathaus platzen ließ, hat sie das kalt erwischt. Eine Information vorab, geschweige denn eine Diskussion, habe es nicht gegeben, sagt sie.

Für die Grünen im Rat ist die künftig parteilose Bax nicht der erste Neuzugang seit dem Koalitionsbruch. Unmittelbar danach hatten sich schon Joana Zahl (Volt), Juli Klippert (Die Partei) und Bruno Adam Wolf (Piraten) der Fraktion angeschlossen. Mit nunmehr 22 Ratsmitgliedern ist die grüne Fraktion die stärkste.

Der rot-grüne Bruch in Hannover verschärft sich

Das nützt allerdings wenig: Allein bekommen sie keine Mehrheit zu Stande und die SPD scheint sich vorgenommen zu haben, die Grünen – und damit auch ihren Oberbürgermeister Belit Onay – kaltzustellen. Obwohl die SPD angekündigt hatte, künftig mit wechselnden Mehrheiten arbeiten zu wollen, gebe es keine Gesprächsebene mehr, wie die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Elisabeth Clausen-Muradian und Daniel Gardemin bei der Pressekonferenz zu Bax’ Übertritt noch einmal beklagten.

Für die selbst- und sendungsbewusste Bax könnte das auf eine weitere Geduldsprobe hinauslaufen. Sie verkündet zwar, sie wolle neben der bildungspolitischen Sprecherin der Grünen Eva Vögtle für einen „Doppelwumms in der Bildungspolitik“ sorgen. Doch für so ehrgeizige Pläne wie Gewaltpräventionsprogramme, einen Sozialindex, datenbasierte Schulpolitik oder eine Reform der Schulplatzvergabe dürften sich bis zur nächsten Kommunalwahl 2026 kaum Mehrheiten finden.

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2 Kommentare

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  • Für Außenstehende ist der Bruch der SPD mit den Grünen auf kommunaler Ebene in Hannover kaum zu verstehen.



    Neid in Bezug auf die überregionale Aufmerksamkeit für den grünen Oberbürgermeister?



    Die SPD, Meister darin, fortschrittliche politische Optionen im Umweltschautz zu torpedieren, will nicht begreifen, dass angesichts ihrer Umfragewerte Demut angesagt ist.

    Wo sind die Nachhaltgkeitsexperten innerhalb der SPD, die dem vom eigenen Ego getriebenen führenden provinziellen kommunalen SPD-Politikern erklären, was fortschrittliche nachhaltige Verkehrspolitik im Herzen einer Großstadt, z. B. Paris, zum Image einer Stadt wie Hannover beitragen könnte, die überregional als verbaute häßliche Autostadt kaum Anziehungskraft hat?

    Junge Studenten, die zum Thema Nachhaltigkeit im Bauen und Verkehr an der Universität Hannover forschen, werden sich mit Grausen von dieser SPD-Politik abwenden.



    Ein Paris an der Leine in der Verkehrspolitik, diese Vision ist einfach zu viel für knochentrockene visionslose vom eigenen Ego getriebene Sozialdemokraten.

  • Vorgemacht, wie man sich mit Retro-Auto rasch unter die 5 % bringt, hat es die FDP doch bereits. Die SPD muss keine Grünen II, sollte es auch nicht sein. Aber Argumenten zugänglich sein sollte jede und jeder in der Kommunalpolitik.