Volksabstimmung in Australien: Rassismus ist stärker als Liebe
Australien entscheidet sich mehrheitlich dagegen, die Diskriminierung der Aborigines abzubauen. Gegen Hass hat Liebe einfach keine Chance.
G egen Hass hat Liebe keine Chance – nicht in der Politik. Der Versuch der Befürworter einer stärkeren „Stimme im Parlament“ für australische Ureinwohner, mit rationalen Erklärungen, mit Geduld und – nach deren eigenen Aussagen – „Liebe“ das Volk zu überzeugen, ist am Samstag mit dem „Nein“ zur entsprechenden Vorlage spektakulär gescheitert.
Die Kampagne der Gegner, angeführt von der konservativen Koalition unter Oppositionsführer Peter Dutton, war derart vernichtend negativ, dass sie den Befürwortern am Schluss den Atem verschlagen hatte. „Ich weiß nicht, was ich noch sagen kann. Hass zu schüren ist so viel einfacher, als mit Fakten zu überzeugen“, so eine Aktivistin unter Tränen. Sie reagierte auf Meldungen, wonach rassistische Angriffe auf Indigene und Befürworter der Vorlage deutlich zugenommen hätten.
Laut Medienberichten wurde die Strategie der „Nein“-Seite durch Berater der ultrakonservativen Rechten in den USA umgesetzt, die dem Lager von Donald Trump angehörten. Sie ist ebenso simpel wie wirkungsvoll: Man überflutet die Medien über Monate mit Halbwahrheiten, Falschheiten, ja nackten Lügen. Irgendwas bleibt hängen.
Slogans, die auf Ängste vor Rassismus (gegenüber den Weißen!) zielten, vor einer Spaltung der Gesellschaft warnten, vor Landverlust und höheren Steuern, ja vor „rassisch bedingten Sonderrechten“ für Ureinwohner, wurden in den Medien täglich wiedergekäut – allzu oft, ohne von den Journalisten hinterfragt zu werden. Selbst die absurde Behauptung, die Entrechtung und der versuchte Völkermord an den Ureinwohnern seit der britischen Invasion 1788 hätten keine Folgen für Aboriginal heute, wurde kaum kritisiert. Obwohl das Gegenteil der Fall ist: Indigene sterben im Durchschnitt acht Jahre früher als nicht-Indigene, sind schlechter ausgebildet, kommen häufiger in Polizeigewahrsam um, und sind Ziel von Rassismus. Die konservative Politikerin Jacinta Price, selbst Aboriginal und eine der wenigen indigenen, aber wichtigen Stimmen der Gegner, behauptete, Ureinwohner hätten der Kolonialisierung „Strom und regelmäßiges Essen“ zu verdanken.
Australierinnen und Australier sind politisch generell wenig interessiert. Bestünde nicht Stimm- und Wahlpflicht, würden viele am Samstag wohl eher zum Rugbyspiel gehen als zur Wahlurne.
Es wäre aber falsch, das „Nein“ auf Desinteresse, Naivität oder Leichtgläubigkeit zurückzuführen. 10 Minuten Zeit und ein Klick auf Google hätten gezeigt, dass von der „Stimme“ nichts zu befürchten gewesen wäre.
Trotzdem folgten Millionen Menschen bewusst dem ebenso simplen wie wirksamen Schlachtruf der Gegner: „If you don’t know, vote No“ – Wer nichts (über die Vorlage) wisse, solle Nein stimmen. Dieser Deckmantel der Ignoranz erlaubte vielen, das Monster freizulassen, das seit über 200 Jahren tief in der Seele des nicht-indigenen Australien schlummert: Rassismus und Ablehnung gegenüber den ersten Bewohnern des Kontinents. Oder Gleichgültigkeit. Gegenüber ihrer Diskriminierung, ihren Benachteiligungen und – seit Samstag – ihrer erneuten Hoffnungslosigkeit.
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