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VfB OIdenburg nach AufstiegKein Stadion für die Dritte Liga

Nach 24 Jahren Abstinenz vom Profifußball ist der VfB Oldenburg in die Dritte Liga aufgestiegen. Doch das Stadion ist für den Betrieb nicht geeignet.

Gut genug für Aufstiegspartys, aber nicht für die Dritte Liga: das Oldenburger Stadion Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Bremen taz | Gute zwei Stunden Anfahrt zum eigenen Heimspiel – das müssen die Fans des VfB Oldenburg in der kommenden Saison wahrscheinlich das eine oder andere Mal auf sich nehmen. Denn das heimische Marschweg-Stadion darf bei Abendspielen nicht genutzt werden: Die Flutlichter könnten auf der angrenzenden Autobahn blenden. Doch mit der langen Anfahrt nach Hannover werden sich die Fans zumindest erst einmal arrangieren, denn es bedeutet, dass ihr Verein zurück im Profifußball ist.

Der VfB Oldenburg macht das diesjährige Comeback von Traditionsklubs aus dem Norden komplett: Werder Bremen ist wieder erst-, Eintracht Braunschweig wieder zweit- und der VfB Oldenburg immerhin wieder drittklassig. Aber niemand war zwischenzeitlich so in der Versenkung verschwunden wie die Oldenburger. Bis in die Fünfte Liga und die Insolvenz ging es in den 1990er-Jahren.

Dabei hatte gerade dieses Jahrzehnt so verheißungsvoll begonnen: Der frischgebackene Zweitligist war gerade vom Stadion am Donnerschwee, das den Ruf der „Hölle Nord“ genoss, ins städtische Marschweg-Stadion umgezogen. An die erste Spielzeit 1991/1992 dort erinnerte Anfang 2021 eine NDR-Dokumentation. Sie zeigt, wie der staksige Spielertrainer Wolfgang Sidka die Mannschaft mitriss, Manager-Legende Rudi Assauer an der Seitenlinie Davidoff paffte und Stimmungsmacher Klaus Baumgart vom Party-Duo Klaus & Klaus als Präsident in Ballonseide Sprüche klopfte.

Der VfB wäre sogar in die 1. Liga aufgestiegen – wenn der FC St. Pauli im letzten Spiel gegen Bayer Uerdingen gewonnen hätte. Die Enttäuschung saß tief, ein Jahr später folgte der Abstieg aus der 2. Liga.

Spielertrainer Sidka wird zum Präsidenten

In Folge des NDR-Films fragten die Verantwortlichen des VfB bei Wolfgang Sidka an, ob er nicht Lust hätte, neuer Präsident zu werden. Der Ex-Werder-Profi, der nach seiner Zeit in Oldenburg unter anderem Werder Bremen, zwei Klubs in Katar und die Nationalteams aus Bahrain und dem Irak trainiert hatte, sagte zu.

Gemeinsam mit Sportdirektor Sebastian Schachten, der ebenfalls als Profi in der Bundesliga spielte, Geschäftsführer Michael Weinberg und Trainer Dario Fossi führte er die Mannschaft von seinem Wohnort Berlin aus nach jahrelangem Mittelmaß zur überlegenen Meisterschaft in der Regionalliga-Nord.

Das reichte, anders als für die Regionalliga-Meister aus dem Westen, Südwesten und Bayern, nicht zum direkten Aufstieg. Aufgrund einer von vielen als ungerecht empfundenen Regelung müssen die Meister aus dem Norden und Nordosten am Saisonende noch den vierten Aufsteiger untereinander ausspielen. Dabei setzte sich Außenseiter Oldenburg knapp gegen den BFC Dynamo Berlin durch und brachte beim Rückspiel auch das Marschweg-Stadion zum Beben.

Der Anteil von Sidka am Erfolg besteht hauptsächlich darin, ein „leistungsförderndes Klima“ geschaffen zu haben, wie er das selbst nennt. „Ich habe den Trainer und die Leistungsträger gefragt, was wir verbessern können“, sagte er im NDR. „Wir haben jetzt eine Küche, wir kümmern uns um Athletiktrainer, die Plätze sind besser.“ Er sei felsenfest davon überzeugt, das mit der Wertschätzung auch die Leistung steige.

Diese Wertschätzung erhofft sich Sidka nun auch von der Stadt für den Fußball insgesamt. Denn für die Dritte Liga braucht es ein neues Stadion. „Die Frage ist, ob Fußball in Oldenburg gewollt wird“, sagt er und vergleicht dessen Bedeutung für die Menschen mit der des Horst-Janssen-Museums oder des Stadttheaters.

Im Raum stehen etwa 40 Millionen Euro. Klar ist, dass die öffentliche Hand den größten Teil tragen muss

Umfragen zeigen, dass eine große Mehrheit der Bevölkerung in Oldenburg für den Neubau eines Stadions ist, das auch anderen Veranstaltungen ein hochwertiges Umfeld bietet. Seit einem Monat gibt es auch einen Bebauungsplan für das von Verein und Stadt favorisierte Gelände an der Weser-Ems-Halle. Im Hintergrund laufen Gespräche über Finanzierungskonzepte, im Raum steht eine Zahl von etwa 40 Millionen Euro. Klar ist, dass die öffentliche Hand den größten Teil tragen muss.

Bis es so weit ist, muss das Marschweg-Stadion mit einer Rasenheizung und einer mobilen Flutlichtanlage so aufgerüstet werden, dass zumindest der größte Teil der Heimspiele dort ausgetragen werden kann. Ab 18.30 Uhr sind wegen der Blendungsgefahr allerdings keine Spiele möglich. Nach Ausweichspielorten wurde auch in Wilhelmshaven, Bremen und Lotte gesucht – die dortigen Spielstätten kamen aus unterschiedlichen Gründen nicht infrage, sodass die Wahl auf die Arena in Hannover fiel.

„Ich könnte mir vorstellen, dass die Oldenburger Fans ein- bis zweimal neugierig sind und einen Ausflug in die Landeshauptstadt Hannover machen“, sagte Sidka der Bild-Zeitung. „Aber dann wird es nachlassen. Deshalb muss ein neues Stadion in Oldenburg her, um hier mittelfristig Profifußball realisieren zu können.“

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1 Kommentar

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  • Der DfB schreibt seinen Vereinen sehr detailliert vor wie die Stadien für die jeweilige Liga im Detail auszusehen haben.



    Dabei geht es insbesondere um die Vermarktungsfähigkeit der dort auszutragenden Spiele.



    Das gesamte Kostenrisiko bleibt bei den Vereinen vor Ort und oftmals muss die Politik mit Millionenspritzen aushelfen da die Vereine das nicht ohne immense Verschuldung stemmen können. Und wenn sich die lokalen Vorstände weigern dieses Risiko zu schultern (und das schlimmstenfalls auch mit dem Privatvermögen) wird vom DfB ein Vorstand "platziert" der nach deren Pfeife tanzt.

    Das die Gewinne selbstredend 1:1 an den DfB gehen braucht hier nicht erwähnt werden.