Stadionkritiker über Neubau in Oldenburg: „Keine Vorteile für den Fußball“
Weil der VfB Oldenburg in die 3. Fußball-Bundesliga aufgestiegen ist, soll ein neues Stadion her. Die Bürgerinitiative Stadionbau hält das für falsch.
taz: Herr Dabisch, ist Ihre Bürgerinitiative gegen Fußball?
Joachim Dabisch: Nein, auf gar keinen Fall. Wir gratulieren dem VfB Oldenburg zu seinem Aufstieg in die Dritte Liga und sind voll auf Seiten des VfB. Es geht lediglich um den Standort eines Stadions.
Warum sind Sie gegen den Bau eines drittligatauglichen Stadions im Stadtteil Donnerschwee für den VfB?
Es sind einige Probleme, die wir sehen. Einmal die Kostenfrage. Es gibt eine alte Machbarkeitsstudie von 2017 und dort wurden die Kosten schon auf 38 Millionen festgesetzt. Wir müssen erst einmal die neue Machbarkeitsstudie abwarten, aber da muss man mit einer gewissen Steigerungsrate rechnen, sodass wir heute von rund 40 oder 50 Millionen ausgehen können.
Eine Menge Geld.
Das ist für eine Stadt wie Oldenburg eine gewaltige Ausgabe. Vor allen Dingen muss man sehen, dass die Stadt klimaneutral werden möchte. Das bedeutet eine Investition von rund 390 Millionen Euro.
Was hat das mit dem Stadion zu tun?
Das ist eine ganz große Frage, wie das zu finanzieren ist, denn der VfB wird wahrscheinlich keine Eigenmittel dazu beibringen können. Dann haben wir einen zweiten Punkt, dass natürlich auch die CO2-Belastung noch einmal steigt, weil das Stadion ja im Innenstadtbereich aufgebaut werden soll. Umweltaspekte müssen wir berücksichtigen. Die Verkehrssituation ist sehr schwierig dort, die An- und Abfahrt nur mit langer Staubildung bis zur Autobahn möglich. Die Lärmsituation für die Anlieger muss auch berücksichtigt werden. Insgesamt hätte das Stadion keine Vorteile für den Fußball in Oldenburg.
73 Jahre, lebt selbst in Oldenburg-Donnerschwee. Er ist Lehrbeauftragter an der Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg, war Lehrer und ist nun einer von vier Sprechern der Bürgerinitiative Stadionbau.
Auch nicht als Aufgreifen der historischen Spielstätte des VfB, der „Hölle des Nordens“?
Die historische Bedeutung sollte man nicht so hoch anrechnen. 1897 ist der Verein gegründet worden und dort hatte man auf einem freiliegenden Feld das Sportfeld gegründet. Das hat sich bis vor 30 Jahren gehalten, aber es war völlig aus der Zeit geraten. Aus Kostengründen, da war die Insolvenz des Vereins die Ursache, ist dann dieses Gelände verkauft worden. Heute ist dort ein ansprechendes Stadtteilzentrum entstanden und Donnerschwee ist kein Außenbezirk mehr.
Sie wollen also gar kein Stadion bauen?
Das kann man so nicht sagen. Wir haben ja ein Fußballstadion am Marschweg. Und dieses müsste auf jeden Fall erneuert und verbessert werden. Neue Flutlichter zum Beispiel, mehr Plätze. Die Polizei hat auch einige Punkte zur Sicherheit angebracht. Falls der VfB dann in die 2. Liga aufsteigt, könnte man viel besser über einen Neubau reden. Jetzt diskutiert man einen Neubau für die Dritte Liga und wenn sie in die Zweite Liga aufsteigen, reicht die Platzkapazität wieder nicht.
Wie gehen Sie damit um, dass viele Leute für den Stadionbau und damit gegen Sie sind?
Ich möchte zuerst einmal infrage stellen, dass viele Leute für einen Neubau sind. Es gibt vermutlich sogar mehr Gegner als Befürworter. Wir haben allerdings eine Lokalzeitung hier, die sehr viel Stimmung für ein neues Stadion macht und somit den Eindruck erweckt, dass es eine Mehrheit für einen Neubau gibt. Und das ist ganz klar, dass einige Leute über die Facebook-Seiten dann aufspringen und sich gegen unsere Initiative stellen. Aber wir sind politisch orientiert und wollen mit dem Stadtrat sachlich diskutieren und haben dann ja sehr gute Gründe anzuführen.
Was sind Ihre nächsten Schritte?
Wir haben uns erst vor vier Wochen gegründet, wir sind also noch in einer Findungsphase. Wir haben dann erste Gespräche mit einzelnen Stadtratsmitgliedern, die auch sehr skeptisch sind mit der Situation. Aus den Reihen der SPD ist das der Fall, aber auch die Grünen sind wie wir für den Ausbau des Marschwegstadions. Das ist noch nicht ausdiskutiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett