Versorgung von Geflüchteten: Ein Amt ist verzweifelt
Die Versorgung von Geflüchteten mit Unterkünften wird immer schwieriger. Die Hangars in Tempelhof werden ab Freitag wieder Notunterkunft.
Aber Harms braucht sie, wieder einmal, wie schon Anfang März, als der Ukrainekrieg losging und Tag für Tag tausende Flüchtlinge in die Stadt kamen – und Berlin sie nur dank tausender privater Gastgeber*innen unterbringen konnte. „Wir schaffen es nicht alleine, wir brauchen die Stadtgesellschaft, die Initiativen“, sagt Harms am Montag.
Für was genau, sagt sie nicht, aber im Verlauf des Gesprächs wird klar: Die Initiativen sollen helfen, die schlechten Umstände, unter denen nun Geflüchtete untergebracht werden (müssen), so erträglich wie möglich zu machen. Mit der Organisation von Kleiderspenden, Bildungsangeboten, Beratungen – und der Organisation möglichst vieler privater Unterkünfte.
Hintergrund des verklausulierten Hilferufs sind die rasant steigenden Zugangszahlen: Täglich kommen rund 70 Asylbewerber*innen nach Berlin sowie etwa 100 Ukrainer*innen, die kein Asyl beantragen müssen. In den regulären Unterkünften des LAF – 30.000 Plätze gibt es inzwischen (ein Jahr zuvor waren es noch 6.000 weniger) – ist quasi nichts mehr frei, darum braucht die Stadt immer mehr Notunterkünfte. Rund 3.500 sind es schon im Ankunftszentrum Tegel, bis Jahresende sollen dort noch einmal 3.200 in „Leichtbauhallen“, etwas besseren Zelten, entstehen.
Und am 23. Dezember, diesen Freitag, sollen auch die Hangars 2 und 3 in Tempelhof wieder als Notunterkunft in Betrieb genommen werden. 850 Plätze werde es dort geben, so Harms, „etwas besser als 2015/16“, weil dieses Mal in den riesigen Hallen Container aufgestellt werden, wo je zwei Doppelstockbetten reinkommen. Dann hätten die Menschen wenigstens „etwas Privatsphäre“, hofft Harms. Die eigentliche Hiobsbotschaft geht dabei etwas unter: dass nämlich Notstrukturen wie Tempelhof und Tegel fürs Erste zur Dauereinrichtung werden, wo Menschen nicht nur wenige Tage, sondern Wochen und Monate leben werden – weil es nichts anderes für sie gibt.
„Karren aus dem Dreck“
Dabei hagelt es schon jetzt Kritik an den Zuständen in Tegel. Georg Classen vom Flüchtlingsrat berichtet von einer Frau mit krankem Kind, die seit acht Wochen in einem Zelt vor Terminal C lebe – ohne Privatsphäre, ohne Hilfe, bei Kälte und Enge. Nicht einmal besuchen könne man sie, alle Zugänge zum Gelände seien gesperrt: „ein Nicht-Ort, wo Zivilgesellschaft keinen Zutritt hat“, moniert er. Harms hört zu, nickt.
Eine andere Kritik formuliert Diana Henniges von Moabit hilft: Es sei schön, dass man wieder ins Gespräch komme, aber die Initiativen wollten nicht wieder nur den „Karren aus dem Dreck“ ziehen. Sie fordert einen festen Ansprechpartner beim LAF für die Initiativen, die tausende Geflüchtete in allen Lebenslagen „betreuen, weil die Behörden das nicht können“. Damit man akute Fragen – etwa ein Wohnungsangebot, das weg ist, wenn das Amt nicht schnell zustimmt – unbürokratisch ösen könne.
Einig waren sich alle Initiativen, dass Berlin zu wenig tut, um private Gastgeber*innen zu unterstützen – und bei der Stange zu halten. „Warum gibt es keine Energiekostenpauschale für Hosts? Andere Städte haben das“, fragt etwa Anne-Marie Braun von Schöneberg hilft. Private Gastgeber*innen hätten zudem große Probleme, Mietkostenübernahmen zu bekommen oder überhaupt bei Ämtern Gehör zu finden. „Immer mehr springen ab, dabei ist alles besser als Zelte und Hangars.“ Harms nickt wieder.
Aber ob sie das ändern kann?
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