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Verlängerung der MietpreisbremseWohnungssuche darf nicht vom Kapitalmarkt geregelt werden

Jasmin Kalarickal
Kommentar von Jasmin Kalarickal

Mit der Mietpreisbremse einigen sich CDU und SPD auf den Status quo – es ist dasselbe Rezept, das seit zehn Jahren schon nicht funktioniert.

Wohnen ist ein Menschenrecht – die Menschen wünschen sich einen fairen Wohnungsmarkt Foto: snapshot/imago

D er Bundestag hat beschlossen, die Mietpreisbremse bis 2029 zu verlängern. Nicht mehr, nicht weniger. Die SPD hätte sie gern verbessert, die Union wollte sie abschaffen. Der Kompromiss lautet nun: Status quo. Die Bremse wurde 2015 von einer schwarz-roten Regierung eingeführt, um den Mietenanstieg besser zu begrenzen. Seither sind die Angebotsmieten in den 14 größten Städten um 50 Prozent gestiegen. Eigentlich ausreichend Beleg für ein Scheitern. Trotzdem versuchen es SPD und Union – zehn Jahre später – mit genau demselben Rezept.

Die Mietenkrise trifft viele Menschen, unabhängig von ihrer Parteipräferenz. Das größte Versagen dürfte deshalb sein, dass es der gesellschaftlichen Linken nicht gelingt, eine überparteiliche breite Mehrheit für eine stärkere Mietenbegrenzung zu organisieren. Wer möchte, dass Mieten nicht weiter steigen, deckelt sie. Doch Konservative und Liberale haben einen solchen Schritt so lange als radikal-sozialistische Quatschidee verkauft, dass viele Menschen lieber auf die üblichen Marktmechanismen vertrauen. Aber Mieten sinken nicht, indem man sie weiter steigen lässt.

Auch das ständig vorgebrachte Argument, eine verschärfte Mietpreisbremse verhindere den Neubau, ist falsch. Der Neubau war von je her davon ausgenommen. Und allein der Bau von neuen Wohnungen entspannt nicht die Lage. Ja, es braucht neue Wohnungen. Aber sie müssen bezahlbar sein. Private Investoren bauen nur nicht an den Bedürfnissen der Menschen orientiert, sondern das, was lukrativ ist. Das können sie tun, weil der Wohnungsmarkt kein Markt wie jeder andere ist. Wenn Erdbeeren zu teuer sind, dann können Kon­su­men­t*in­nen darauf verzichten. Nicht zu wohnen, ist aber keine Option. Diese Verletzlichkeit der Wohnungssuchenden darf nicht den Regeln des Kapitalmarkts unterworfen werden.

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Wohnen ist ein Menschenrecht. Das muss zum Ausgangspunkt politischen Handelns werden. Vielleicht findet sich dann auch eine Regierung, die den Mut hat, das Naheliegende zu tun: Mieten besser zu regulieren und mit allen verfügbaren Mitteln, gemeinnützige Akteure zu stärken.

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Jasmin Kalarickal
Redakteurin
Jahrgang 1984, ist Redakteurin im Parlamentsbüro der taz.
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10 Kommentare

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  • Seit rotgrüner Deregulierung unseres Finanzmarktes im Gefolge Einführung des € 2002 orchestriert mit Agenda 2010 Arbeitsmarktreform 2003 öffnete Bundesregierung deutschen Wohnungsmarkt für Investoren, Hedge-, Pensions-, Staatsfonds Kapital in diesen Markt zu importieren um so deutsche Exportüberschüsse zulasten Mehrheitsgesellschaft Binnenkaufkraft kompensiert, den USA u. a. hochkapitalisierten Welthandelspartnern Wind aus Segeln ihrer Kritik zu nehmen, Dass ausgerechnet 2015, dem Jahr als Bundesregierung mit AWACS Airlinern an Seite der USA in Syrienkrieg eintrat, VW Dieselabgasbetrug in USA aufflog, Million Geflüchteter aus dem Syrienkrieg in Europa Zuflucht suchte, rotschwarze Bundesregierung Mietpreisbremse aus der Taufe hob, Bundeskanzler Angela Merkels Wort „Wir schaffen das“ zu dementieren, ohne das kenntlich machen zu wollen, um ja nicht aus Feigheit vor Frenden EU Massenzustromrichtlinie 2000 nach Jugoslawienkrieg 90ziger Jahre aktivieren zu müssen



    Was bringt Mietpreisbremse, die von Ausnahmen Indexmieten, möblierten Wohnungen u. u. durchlöchert ist, gleichzeitig Binnenkaufkraft sinkt?



    www.change.org/p/f...l-zur%C3%BCckgeben

  • Vielleicht ist der Markt eher das kleinere Problem. Schließlich hat der theoretisch auch Stärken bei Verteilungen. Wenn es teurer wird, geht man endlich effizienter damit um, widmet endlich Parkplätze wieder produktiv um oder baut neu etc. - in einem funktionierenden Markt,

    Ist es nicht eher die jähe Ungleichheit plus Finanz-Schwarzgeld von innen und außen, warum die Wenigen bedient werden und kaum noch die Vielen?



    Ist es nicht auch die Inanspruchnahme des öffentlichen Raums durch Blech und Kommerz, der Kinder nicht mehr wie früher ganz normal draußen spielen lässt?



    Brauchen wir nicht mehr Parks, Wald, Freibad für die Vielen und weniger Geldzuschaufeln an die Privatpoolisten und Golfplätze?

    Markt braucht halbwegs gleichverteilte Machtverhältnisse, sonst quetschen die einen die anderen locker raus, und das bei einem Gut (das gebe ich sofort zu), wo zumindest ein Dach über dem Kopf, Bett, Waschbecken unverzichtbar ist.

    Beginnen mit der überfälligen Steuerreform - Friede den Hütten!

  • Auch das ständig vorgebrachte Argument, eine verschärfte Mietpreisbremse verhindere den Neubau, ist falsch. Der Neubau war von je her davon ausgenommen.

    Eine Immobilie muss sich refinanzieren, frueher war das in einer Zeitspanne von 25 - 30 Jahren ueblich, heute kann man froh sein es nach 35 - 40 Jahren geschafft zu haben. Durch Einfuehrung der Mietpreisbremse verkuerzt sich diese Zeitspanne bei Mietobjekten auf die Zeitspanne in der der Neubau von der Mietpreisbremse befreit ist. Aus 35 bis 40 Jahren werden also zB 10 bis 15. Dementsprechend hoch muss die Miete in diesen 10 bis 15 Jahren sein.



    Wer das am Markt nicht durchsetzen kann baut erst garnicht, das gilt vor allem fuer Privatvermieter. Die die es koennen, meist grosse Konzerne mit unlauteren Methoden, schaffen dieses 1. nur im Luxussegment und 2. treiben sie den Durchschnittsmietpreis in die Hoehe.

    Ergebnis: Die Mietpreisbremse fuehr zu weniger Neubau, Neubau nur noch im Luxussegment und Mietpreissteigerungen von 50% ueber 10 Jahre. Lustigerweise sind das genau die 3 Hauptprobleme ueber die sich die Anhaenger der Mietpreisbremse immer beschweren.

    • @elektrozwerg:

      Das Problem daran ist doch, dass keiner einschätzen kann, wie lange ein Neubau als Neubau gilt. Wenn Sie heute ein Gesetzt erlassen, welches Neubauwohnungen (agen wir mal alles seit 2020) ausnimmt, wer kann da schon schier stellen, dass im Faller einer turnusmäßigen Revision des Gesetzes die Baujahresgrenze nicht auch einfach angehoben wird. Dann hatten Sie möglicherweise fünf Jahre lang hohe Mieten und bekommen dan einen auf den Deckel. Bereits dieses politische Risiko wird zu einem Einbruch des Neubaus führen.

  • "Wohnen ist ein Menschenrecht"



    Aber trotzdem können nicht alle am gleich Ort wohnen.

    Jeder kann sich selber ausrechnen, was es kostet heute zu bauen. Daraus läßt sich die Miete erreichnen. Und die liegt über dem, wass die meisten zahlen können oder wollen.



    Und Substanzerhaltung kostet ähnlich. Klimagerechte Sanierung ebenso.



    Also wie soll das Problem gelöst werden?

  • Natürlich hilft Neubau. Auch wenn man teure Wohnungen baut. Wenn mehr Wohnungen da sind als Mieter, fallen die Preise im ganzen Markt. So einfach ist das.

  • Nehmen wir mal an, die Mieten würden reguliert und wie auch immer gebremst werden. Nach welchen Kriterien würde sich ein Vermieter den Bewerber wohl aussuchen und wer würde die Wohnung dann wohl bekommen. Mein Tipp, die Kriterien wären die gleichen wie jetzt und auch der gleiche Bewerber würde den Zuschlag erhalten (in der Regel Single mit hohem Einkommen oder reichen Eltern). Für diesen wird es allenfalls etwas günstiger.

  • Die Mieten müssen gedeckelt werden und dann muss es - gerne mit Sondervermögen! - massive öffentliche Wohnbauanstrengungen geben.

    So wurde bisher jede Wohnungskrise gelöst. Dass es bisher nicht passiert ist, zeigt einfach nur das Ausmaß, in dem Immobilienlobbyisten die Politik bestimmen.

    Wählt einfach die Richtigen, bestraft die Anderen. Solange, bis sie es begreifen.

  • Man kann hinzufügen: Die Mieten zu deckeln wäre ein Förderung der kleinteiligen Wirtschaft, die den Staat nichts kostet, sondern ihm sogar noch etwas bringt. Jeder Euro, der nicht über die Wohnungsmiete irgendwohin zu externen Eigentümern (u.a. auf Konten in Steueroasen) fließt, könnte als Nachfrage im lokalen Gewerbe wirksam werden, und ein Teil flösse über Steuern an den Staat zurück.

  • Wer soll das bezahlen?



    "Mieten besser zu regulieren und mit allen verfügbaren Mitteln, gemeinnützige Akteure zu stärken."



    Mit einer ganzen Kolumne sind sie auf die Probleme eingegangen. Für eine mögliche Lösung aber blieb nur ein wenig sagender Satz übrig.



    Daher meine Frage an sie: Wer soll das bezahlen? Denn jegliche Förderung bedeutet, dass Mieter mit ihren Steuern nochmals für die Mietwohnungen anderer mitbezahlen. Finden Sie das gerecht? Ich nicht.



    Das Problem sind schlichtweg viel zu wenige Wohnungen, weshalb die Mieten dauernd steigen. Wir brauchen Wohnungen, Wohnungen, Wohnungen, und diese möglichst bezahlbar.