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Verkehrsforscher über Sprache„Die Straße war mal für Kinder“

Berichte über Verkehrsunfälle halten die Schuld häufig von Autofahrern fern. Laut Dirk Schneidemesser prägt das unser Bewusstsein.

Junge spielt alleine Fußball auf der Straße Foto: imago/blickwinkel
Anja Krüger
Interview von Anja Krüger

taz: Herr Schneidemesser, Sie sagen, Sprache hält die Mobilitätswende auf. Wieso?

Dirk Schneidemesser: Die Sprache spiegelt die Einstellung zum öffentlichen Raum und zum Auto wider. Wir haben seit fast einem Jahrhundert über die Sprache die Daseinsberechtigung des Autos verinnerlicht und tief in uns verankert. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Straße ein Ort, wo Kinder gespielt haben, wo man seinen Nachbarn begegnet ist, wo man auch Handel getrieben hat. Es gab Verkehr, aber das war eine von vielen Aktivitäten. Heutzutage haben wir die Vorstellung, die Straße ist da für einen einzigen Zweck, und das ist sogar verankert in unserer Gesetzgebung: den motorisierten Verkehr.

Die Straße ist also ausschließlich fürs Auto da?

Genau. Wenn man in die Geschichtsbücher schaut, ist es dazu durch eine konzertierte Aktion von Menschen gekommen, die meinten, das Auto ist die Zukunft, wir müssen unser Land, unseren öffentlichen Raum nach den Bedürfnissen des Autos ausrichten. Daraus folgte die Überzeugung: Wir müssen in Kauf nehmen, dass Menschen verletzt oder gar getötet werden. Die müssen wir von der Straße weghalten, damit der Autoverkehr nicht gestört wird. Nehmen wir das Beispiel Spielplatz: Ein Spielplatz ist im Grunde genommen ein Ort, wo wir Kinder hinschicken können, damit wir sie nicht an der Leine haben müssen, wo sie ungefährdet sind, spielen können. Spielplätze haben wir, weil die Straße unsicher wurde für Kinder.

Haben die Menschen anders gesprochen, als das Auto die Straße noch nicht dominierte?

Ja. Das kann man noch hören, wenn man ältere Menschen fragt. Ein Bekannter von mir hat erzählt, dass seine Mutter früher zu ihm und seinem Bruder sagte: „Geht runter und spielt auf der Straße.“ Die Kinder waren um die fünf Jahre alt. Diesen Satz würde heute wahrscheinlich niemand zu so kleinen Kindern sagen. Denn „die Straße“ hat eine andere Bedeutung.

Wie blockiert die Sprache die Verkehrswende?

Wir reden zum Beispiel von einer gesperrten Straße, wenn ganz vielfältige Aktivitäten dort passieren. Unser Institut, das IASS Potsdam, hat im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem Bezirks­amt in Berlin Friedrichshain-Kreuzberg einen Prototyp für eine temporäre Spielstraße entwickelt. Das ist eine für einen Tag pro Woche autofreie Straße. In Coronazeiten brauchen die Menschen mehr Raum, wenn sie nicht in die überfüllten Parks gehen sollen. Diese Straßen wurden oft beschrieben als „gesperrte Straße“. Da haben wir ganz schön gezuckt. Denn genau das Gegenteil ist der Fall: Wir haben die Straße geöffnet, damit die Menschen dort Sport machen, sich auf der Straße aufhalten, etwas essen können.

privat
Im Interview: Dirk Schneidemesser

ist Verkehrsforscher am Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) Potsdam.

Auch wenn das Auto stillsteht, wird ihm viel öffentlicher Raum zugestanden.

Das Parken an sich ist ein absurdes Phänomen. Stellen wir uns mal vor, wir lagern etwas anderes im öffentlichen Raum: Ich montiere ein Schloss an meinen Kühlschrank und stelle ihn an den Straßenrand. Das klingt absurd, aber das ist eine ähnliche Praxis. Autos werden im öffentlichen Raum gelagert. Das Wort „parken“ normalisiert dieses Verhalten. Wir hinterfragen diese Praxis nicht. Dabei ist das die Privatisierung des öffentlichen Raumes. Ein Parkplatz kostet bei der Einrichtung bis zu 5.000 Euro, im Unterhalt bis zu 300 Euro im Jahr in urbanen Räumen. Die Anwohnerparkgebühren spiegeln diese Kosten nicht wider. Der öffentliche Raum ist viel zu wertvoll, um Privatautos gratis oder nahezu gratis dort abzustellen.

Sie kritisieren die Beschreibung von Unfällen. Was ist falsch an: „Radfahrer:in prallt gegen Auto“?

Wir wissen aus den Unfallstatistiken, dass die überwiegende Mehrheit der Kollisionen vom motorisierten Verkehr verursacht werden. Aber in Polizeiberichten oder in der Berichterstattung der Presse wird das oft so dargestellt, als ob die Radfahrenden oder die zu Fuß Gehenden falsch gehandelt haben, dass sie an einem Ort waren, an dem sie nicht hätten sein sollen. Das ist keine böse Absicht, aber wir haben uns so daran gewöhnt, dass die Straße für den Autoverkehr da ist, dass wir denken: Da war ein Fußgänger, was hatte der da überhaupt zu suchen?

Spiegelt das die Machtverteilung im Verkehr?

Ja. Die Sprache zeigt, wer berechtigt ist, Platz für sich in Anspruch zu nehmen. Das ist der Kern der Machtfrage. Wir sagen: „Die Fußgängerin wurde angefahren“ statt „Die Autofahrerin fuhr die Fußgängerin an“. Oft werden Autos und Autofahrende als Naturphänomen dargestellt und Fußgänger oder Radfahrende als Ausnahmen, deren Berechtigung subtil infrage gestellt wird.

Sie vermeiden das Wort „Unfall“. Warum?

Das Wort „Unfall“ hat eine verharmlosende Wirkung, Kollision trifft besser zu. Ein Unfall ist unerwartet, ist eine Ausnahme. Aber es passieren tagtäglich schwere Unfälle. Unser Verkehrssystem ist so aufgebaut, dass wir das in Kauf nehmen. Wir wissen, dass dieses Jahr in Deutschland höchstwahrscheinlich um die 3.000 Menschen durch Verkehrsgewalt getötet werden. Es ist schwierig, das als unerwartet oder Ausnahmen zu beschreiben – was wir aber mit dem Wort Unfall ein Stück weit tun.

Sie bezeichnen das normale Unfallgeschehen als Verkehrsgewalt?

Ja. Ein normales Unfallgeschehen, was soll ich mir darunter vorstellen? Da denke ich nicht an Knochenbrüche, Blut auf der Straße oder Ähnliches. Aber das sind die tatsächlichen Folgen von Kollisionen. Deswegen sollten wir auch von Gewalt reden. Gewalt ist etwas, was wir gesellschaftlich nicht wollen, wogegen wir als Gesellschaft etwas unternehmen möchten. Und tatsächlich können wir eine ganze Menge dagegen tun, zum Beispiel die Höchstgeschwindigkeit herabsetzen.

Kann eine andere Sprache die Verkehrswende voranbringen?

Das könnte sie. Es gibt eine US-amerikanische Studie, bei der 999 Probanden mit drei unterschiedlichen Versionen eines Berichts über eine Kollision zwischen einer Fußgängerin und einer Autofahrerin konfrontiert wurden. Je nachdem, ob der Fokus auf der Fußgängerin oder der Autofahrerin lag, änderte sich die Beurteilung, was man gegen die Kollision tun könnte. Lag der Fokus auf der Autofahrerin, wurden die Probanden zum Beispiel offener für Tempolimits.

Bekommen Menschen weitere Informationen – etwa wie viele Kollisionen dieser Art es auf dieser Straße oder landesweit gibt und welche Rolle die Infrastruktur dabei spielt –, dann reagieren sie viel offener und befürworten Veränderungen an der Infrastruktur stärker. Das zeigt, dass die Sprache, mit der wir über Mobilität und die Stadt reden, Handlungsoptionen öffnet oder schließt. Meine These ist, wenn wir nicht von Parkplätzen reden, sondern von Autolagerflächen, ändern sich die Diskussionen. Das Gespräch darüber, ob wir diese Flächen für private Autos, für Radwege oder als Aufenthaltsraum für Anwohnerinnen und Anwohner brauchen, würde ganz anders verlaufen.

Britische Forscher veröffentlichen bald Leitlinien für die Verkehrs­berichterstattung. Was schlagen sie vor?

Es geht darum, die Handlungsmacht im Verkehr richtig zuzuschreiben, zu sagen, wer aktiv und wer passiv ist. Wir wissen aus kommunikationswissenschaftlichen Studien, dass die Schuldzuschreibung darüber erfolgt, ob ein Akteur aktiv oder passiv dargestellt wird. Wenn Autofahrende als Naturphänomen dargestellt werden, das immer da ist, dann ist es schwierig, zu dem Punkt zu kommen, dass sie vorsichtiger fahren müssen, um nicht die Fußgängerinnen anzufahren. Autofahrenden muss eine aktivere Rolle zugeschrieben werden.

Deutsch ist Ihre zweite Sprache, Englisch Ihre erste. Gibt es große Unterschiede in der Beschreibung von Verkehr?

Es gibt viele ähnliche Beschreibungen in Polizeiberichten und Zeitungsartikeln. Deutschland ist heute ähnlich wie die USA und Großbritannien ein Autoland. Das spiegelt auch unsere Sprache wider.

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19 Kommentare

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  • Ein Auto verbrauchte früher ca. 6m² heute sind es 8m² (Käfer/Golf). Der Wohlstand in der BRD brachte es mit sich, dass nicht nur “die Reichen“ ein Auto hatten, sondern auch normale Menschen. Das z.B. die Stadt-Autobahn in Berlin der Reichsbahn, die die S-Bahn Betrieb, Konkurrenz machen sollte, war erst nur ein Politikum. Gleichzeitig wurden es immer mehr Autos, die Anzahl der Personen IN den Autos nahm aber an. So stieg also der Platzverbrauch von 1,5 m² auf 8m² pro Person, die von A nach B fuhr.



    1955 gab es knapp 2 Millionen PKW (ca. 12 km² Fläche), heute sind es knapp 70 Millionen (560 km² Fläche).



    Es ist schon absurd: will man irgendwohin fahren, STEHT man im Stau. Schliesslich doch noch am Ziel angekommen, FÄHRT man herum, um einen Parkplatz zu finden.



    Es muss langsam Schluss sein, dass jede:r sein eigenes Auto hat (ich fahre immer noch verhältnismässig gerne Auto), der ÖP(N)V muss so stark ausgebaut und mit Grüner Energie betrieben werden, dazu kostenlos (STEUERfinanziert), dass es den zur Arbeit fahrenden nicht sauer aufstösst, dass sie nicht im eigenen Auto dahin fahren.



    Und wie fahren die dann alle in den Urlaub? Z.B. mir der Bahn, unbelastet von Gepäck, dass sich (incl. Fahrrad) einfach voraus schicken lässt. Klar darf der Hund mit (ok, mit Maulkorb) und gerne auch mit einer normalen Fahrkarte. Dann darf er aber auch auf dem bezahlten Platz sitzen.



    Alle kommen entspannt an, da weniger Verkehr (auch “ruhender“) herrscht, sieht alles freundlicher aus, es gibt weniger “Unfälle“, weniger Verletzte und Tote, weniger Stress.



    Und das Bruttosozialprodukt oder das Wirtschaftswachstum? Tja, ein Problem. Für die Stinkreichen.

  • Herr Schneidemesser beschreibt eine durchaus extreme, fast absurde Position. Mir stellt sich die Frage ob die taz im Sinne einer ausgewogenen Berichterstattung auch ein entsprechend gegensätzliches Interview führen und veröffentlichen wird? Ich wage die Prognose dass dafür die innere Kraft von Redaktion und Leserschaft nicht ausreicht.

    • 1G
      164 (Profil gelöscht)
      @Flocke:

      Du meinst ein Interview, in dem jemand zum Besten gibt, warum das eigentlich total prima ist, dass der unmittelbare Lebensraum von Menschen komplett mit Autos zugestellt ist und dass es völlig normal ist, dass man sich auf Straßen als Radfahrer oder Fußgänger dauernd in Lebensgefahr begibt?

      • @164 (Profil gelöscht):

        Ausgewogen wäre schon toll mit objektiver Auseinandersetzung der Argumente. Das was hier gemacht wird ist einseitiges Bashing und aktives Ignorieren von positiven Seiten der Verfügbarkeit von Autos. Scheuklappen helfen da ich, nur das Gesamtbild macht Sinn.

        • 1G
          164 (Profil gelöscht)
          @Flocke:

          Scheuklappen bräuchte man um auszublenden, dass unser öffentlicher Raum weitgehend von den Bedürfnissen des Automobils dominiert wird. Ja, es ist schön dass man mit dem eigenen Auto relativ schnell und unabhängig von a nach b kommt, allerdings: wenn das wirklich fast jede und jeder macht, bringt das die beschriebenen Probleme mit sich. Ich meine - ein Virologe betont auch nicht jedesmal, dass Viren eventuell auch nützliche Funktionen haben könnten. Das ist einfach nicht dessen Thema.

  • Wie nennt der Autor denn Stellplätze für Fahrräder? Fahrradlagerplätze? Ist das Abstellen von Fahrrädern im öffentlichen Raum nach Ansicht des Autors auch "absurd"? Wenn der Autor zwischen dem Abstellen eines Verkehrsmittels, das dazu bestimmt ist, im öffentlichen Raum (Straße bzw. Fahrbahn oder Radweg als Teil der Straße) genutzt zu werden, und dem Abstellen eines Kühlschranks keinen qualitativen Unterschied erkennen will, kann ich ihm auch nicht helfen.

    Und: Ist es nicht auch eine "Privatisierung des öffentlichen Raums", wenn "Menschen dort Sport machen, sich auf der Straße aufhalten, etwas essen können"? Und was sollte überhaupt dagegen zu sagen sein? Die Menschen - ob Autofahrer, Radfahrer, Fußgänger - haben diesen öffentlichen Raum doch mit ihrer Arbeit und mit ihren Steuern finanziert.

    Soweit der Autor das Parken von Anwohnern auf der Straße kritisiert oder eine Erhöhung der Gebühren fordert, sei daran erinnert, dass neuere Wohnhäuser in aller Regel über Pkw-Stellplätze verfügen (müssen). In älteren Wohngebieten, in denen relativ viele Personen je qm wohnen und die zu einer Zeit errichtet wurden, in denen die wenigsten ein Auto hatten, bleibt hingegen oft nur die Straße zum Parken. Welche Bevölkerungsgruppen dort wohnen und welche Gruppen in neueren Häusern auf Grundstücken mit eigenen Stellplätzen wohnen, dürfte dem Autor bekannt sein. Seine Forderungen richten sich gegen den ärmeren Teil der Bevölkerung, für den der öffentliche Raum nicht oder nur nach seinen Vorstellungen öffentlich nutzbar sein soll.

    • @Budzylein:

      „dass neuere Wohnhäuser in aller Regel über Pkw-Stellplätze verfügen (müssen).“

      Die seh ich hier deutlich vor meiner Haustür. Die Garagen werden zum Lager umfunktioniert und die freien Stellflächen still und heimlich durch Versetzen des Gartenzauns wieder in echte Nutzfläche umgewandelt. Die Autos stehen dann wieder auf der Straße. Kostet ja nix.

      Zu den Fahrrädern: Fahrradstellplätze dürfen auch gerne als „Lagerplätze“ betitelt werden. Gerne können auch Maßnahmen gegen die allgegenwärtigen Fahrradleichen ergriffen werden. Trotzdem muss sich der Flächenverbrauch der Automobile in der Stadt erst mal mit dem der Räder vergleichen lassen. Ich glaube, da erübrigt sich die Diskussion recht schnell.

    • @Budzylein:

      Meinetwegen auch "Fahrradlagerplätze". Wenn's der Wahrheitsfindung dient ...

      Der Unterschied ist, dass die Mehrheit der Fahrräder eben -im Gegensatz zu KfZ- nicht auf der Straße gelagert wird. (Und auch nicht so viel Platz bräuchte)

      Der Unterschied ist, dass die Mehrheit der Fahrräder eben -im Gegensatz zu KfZ- nicht illegal gelagert wird.

      Interessant übrigens, dass so vielen Leuten ausgerechnet beim Straßenverkehr der "ärmere Teil der Bevölkerung" einfällt. Als ob nun ausgerechnet die es sich am dringendsten wünschen, Auto zu fahren.

    • @Budzylein:

      Ich fände es gut, von Auto- und von Fahrradlagerplätzen zu reden. Das würde nichts daran ändern, das Autos ein sehr viel größeres Problem sind.

      Wir könnten für Straßenparklätze Gebühren verlangen, die ihrem Wert entsprechen. Und Parkhäuser bauen. Jetzt subventionieren arme Menschen, die sich kein Auto leisten können, die Abstellflächen für Autobesitzer. Übrigens keineswegs nur in günstigen Wohnvierteln. Besserverdienende wohnen gerne in zentral gelegen, dicht bebauten Altbauvierteln.

  • Meiner Meinung nach ist es höchste Zeit, den Autoboom in den Städten ab zu bremsen. Von "Abschaffung" ist ja hier noch nicht einmal die Rede, unterhalb eines solchen Anspruchs, der überhöht wäre, gibt es aber viele lohnenswerte Ziele.

    Es gehört etwas Phantasie dazu, sich Straßen ohne parkende Autos vorzustellen, hilfreich ist, wenn man Kind war in einer Zeit mit deutlich weniger Autos. Straßen, die nicht auf jeder Seiten von einer Stahl-/ Blechwand flankiert sind, würden einem heute vermutlich unvorstellbar breit vorkommen.

    Neulich kam ich an einer - scheinbar kleinen - Kölner Straße vorbei, die vorübergehend wegen Kanalarbeiten auf einer Länge von ca. 50 Metern von Autos befreit worden war. Ich sah eine autofreie Fläche von etwa 600 qm und überlegte, wie weit wohl die nächste Grünfläche dieser Größe entfernt war. Ich fand den Anblick sehr wohltuend und konnte mich kaum davon lösen.

    Ein Zuwachs der Menge von Autos in der Städten, hochgerechnet, führt irgendwann zum Kollaps, so lange wartet kein vernünftiger Mensch.

    Und schon heute sind zu viele Geh-Wege zugeparkt. Gehwege sind schmal geworden, auch ist es oft schwierig, zwischen parkenden Autos hindurch die Straße zu betreten, beispielsweise, um auf die andere Seite zu kommen.

    Es geht hier nicht um einen Kampf "Fußgänger gegen Autofahrer", auch nicht umgekehrt. Beides sind Rollen, in die man/frau schlüpfen kann. Mit der Einengung der Gehweg entwickelte sich der Trend, dass immer mehr Menschen mit dem Auto fahren anstatt zu Fuß zu gehen. Zu Fuß gehen wurde weniger attraktiv - ein "Teufelskreis". Folglich gibt es weniger Fußgänger und weniger Lobby für Gehwege.

    Fehlt niemandem das "Körpergefühl", das man/frau beim Gehen hat? Stört es niemanden, im Stau zu stehen, obwohl man/frau hätte zu Fuß gehen können?

  • Also ich bin als Kind auch noch mit der Seifenkiste die Straße runtergedonnert, weil da nach 18 Uhr kaum noch Autos unterwegs waren.

    Aber nein, auch damals war die Straße für den Verekehr und Fußwege oder Spielplätze für die Kinder. Sonst hätte uns die Polizei nicht samt tiefergelegten Bollerwagen zu Hause abgeliefert.

  • A propos Sprache:



    Auto-ritär



    Auto-kratie

    Egal: díesen Wissensstand sollten Verkehrspolitiker haben, auch die Scheuers dieser Republik.

    • @Janix:

      Oder halt...

      auto-nom

      auto-didaktisch

      auto-biografisch

      Und so mancher "Wissensstand" entpuppt sich am Ende als:

      Auto-suggestion

  • Hm. Ein Verkehrsforscher, der den Verkehr abschaffen möchte. Eigenwilliger Standpunkt.



    Ich denke aber doch, wer Sprachkritik übt, sollte in der Sprache ein wenig präziser sein. Einerseits seien Verkehrsunfälle keine Unfälle, da sie so häufig vorkämen. Schonmal Unfallstatistiken gelesen? Es sterben etwa doppelt so viele Menschen in D an häuslichen Unfällen wie im Strassenverkehr. Sind das auch keine Unfälle, weil sie so häufig sind? Oder passt das vielleicht nicht ganz so gut in die Argumentationskette?



    Ich weiß ohnehin nicht so genau, was denn ein Unfall im Sinn von Herrn Schneidemesser sei: Knochenbrüche und Blut kommen dabei scheinbar nicht vor. Wenn sowas vorkäme sei das Gewalt.



    Wie stelle ich mir das vor, "Gewalt" wie in "beim Zwiebelschneiden abgerutscht"? Oder "Gewalt" wie in "beim Müll raustragen gestolpert"? Tut mir leid.



    Trotz aller durchaus valider Punkte (bei der "Machtfrage" z.B. bin ich durchaus bei Herrn Schneidemesser) ist mir das ein wenig zu chaotisch.



    Auch die Regression auf einen wie auch immer definierten präindustriellen Zeitpunkt, zu dem "Strasse" nicht "Transportweg" gewesen sei (wann und wo war das eigentlich?) ist weder überzeugend noch präzise - und deswegen auch noch lange nicht wünschenswert.



    Ich denke, die wenigstens Eltern heutzutage würde ihre Kinder freiwillig auf eine Strasse zum Beispiel Berlins im 18. Jahrhundert lassen. Man muss nicht Oliver Twist gelesen haben um die Vorstellung furchteinflößend zu finden - und der romantisiert, wo es immer möglich ist.



    "Ich möchte gerne den Autoverkehr abschaffen" mag ja aus dem einen oder anderen Grund eine ehrbare Motivation sein, aber ein klein wenig mehr Begründung wird da wohl schon notwendig werden.

    • @Brobdignag:

      "Ich weiß ohnehin nicht so genau, was denn ein Unfall im Sinn von Herrn Schneidemesser sei: Knochenbrüche und Blut kommen dabei scheinbar nicht vor. Wenn sowas vorkäme sei das Gewalt.

      Wie stelle ich mir das vor, "Gewalt" wie in "beim Zwiebelschneiden abgerutscht"? Oder "Gewalt" wie in "beim Müll raustragen gestolpert"? "

      Tut mir leid, ich würde auch klar einen Unterschied machen zwischen einem selbstverschuldeteten 'unfall' ohne fremdeinwirkung und einem 'unfall' den eine andere Person verursacht hat, und somit für den personenschaden verantwortlich ist!



      Schließlich würde sich in ihrem müllrausbringbeispiel der Sachverhalt vom Unfall zur Gewalt ändern, wenn das stolpern durch schubsen, bzw Kollision von/mit einer anderen Person verursacht worden wäre!



      Fahrzeuge sind nun mal gefährlich wie Waffen und sollten dementsprechend mit bedacht geführt werden!! Und ich finde, die Person, die das höhere gefährdungspotenzial mitbringt ist in der Verantwortung diese Gefährdung zu kontrollieren,bzw zu minimieren! Und zufussgehende sind für Autos nun mal nicht so gefährlich wie zwei Tonnen Stahl in Bewegung für den menschlichen Körper!!

    • @Brobdignag:

      "Verkehr" sind nicht nur Autos. Von Abschaffen kann ich da auch nix´chts lesen.

      Ein "Unfall" ist spätestens dann nicht, wenn hinterher jemand wegen Körperverletzung oder Totschlag verurteilt wurde und das ist "im Haushalt" dann im Ggs zum Straßenverkehr doch eher selten der Fall.

    • @Brobdignag:

      Verkehr ist gleichbedeutend mit motorisiertem Individualverkehr? Häusliche Unfälle spielen sich in Konkurrenz zu anderen Individuen im öffentlichen Raum ab? Dass ein verharmlosender Begriff wie Unfall eine Bedeutungsverschiebung zu Folge hat kommt ihnen nicht in den Sinn? Die sozialen Verhältnisse zur Zeiten Oliver Twists als Argumentation für die aktuellen Verkehrsverhältnisse im öffentlichen Raum ist eine „Begründung“?

      • @guzman:

        Oh, ich bin sicher, ein Bus oder eine Strassenbahn bringt einen Radfahrer ebenso zuverlässig um, von "Individual" war keine Rede. Ebensowenig von Konkurrenz - nur behauptete Herr Schneidemesser, Verkehrsunfälle seien keine Unfälle weil sie so häufig seien. Das ist halt schlicht Quatsch.



        Das "Unfall" ein "verharmlosender Begriff" sei erschließt sich mir auch nicht, sorry.



        Und zu Oliver Twist: die "sozialen Verhältnisse" sind selbstverständlich wesentliche Determinante der gesellschaftlichen und damit auch der Verkehrsverhältnisse. Kann man so ungefähr in jedem gesellschaftlichen Kontext von Peking über Mumbai bis New York und Paris, Texas beobachten, ja, und natürlich auch im namenlosen Strassendorf in Zentralafrika, durch das einmal in der Woche ein Toyota rauscht.



        Man *kann* sich natürlich eine Gesellschaft jenseits des motorisierten Individualverkehrs vorstellen, vielleicht sogar wünschen. Dann darf man aber nicht so tun, als ob alles Übrige beim Alten bliebe.

  • Stimme voll zu!



    Wenn man Unfallberichte liest & es kommen einem solche Sätze wie



    - PKW wg Regen von der Fahrbahn abgekommen.



    - Massenunfall wg Nebel auf der BAB.



    - wg Glatteis, Schnee usw. xyz Km Verkehrsstau in....



    usw.



    ... gar nicht mehr verrückt sondern normal vor, ist was in unserer Wahrnehmung defekt!



    .



    Bin mal gespannt ob es gelingt dem PKW gestützten Individualverkehr wieder auf das zurück zu schneiden, das ihm wirklich zusteht!



    Gr Sikasuu



    Ps. Auch E-Autos lösen NICHT das Problem. Sie sind, gleich wie Verbrenner ein TEIL des Problem & schaffen massiv NEUE!