piwik no script img

Verhandlung zu Batterien im EU-ParlamentNeue Regeln für Batterien

Am Dienstag soll das EU-Parlament über eine neue Batterieverordnung abstimmen. Die soll den Lebenszyklus von Akkus nachhaltiger machen.

Ohne Batterien kommt man heute kaum noch aus Foto: Marius Schwarz/imago

Egal ob für Spielzeug, Handys, E-Zigaretten oder E-Autos – ohne Batterien kommt man heute kaum noch aus. Außerdem sind sie wichtig für die Energiewende. 2022 wurden in Europa so viele batteriebetriebene Fahrzeuge zugelassen wie noch nie, ihr Marktanteil lag bei 12 Prozent. Und schon 2035 sollen in Europa keine Autos mehr mit Verbrennungsmotor verkauft werden. Mehr Batterien heißt auch mehr Umweltbelastung. Denn die Produktion, Nutzung und Entsorgung von Batterien hat enorme Auswirkungen auf die Umwelt. Sie enthalten Schadstoffe wie Blei, Cadmium oder Quecksilber.

Weil die bisherigen EU-Richtlinien nur die Entsorgung von Batterien regeln, soll es neue Regeln auch für Produktion und Verkauf und ein resourcenschonendes Kreislaufsystem geben. Über die neue Batterieverordnung stimmt an diesem Dienstag das EU-Parlament ab. Sie ist Teil des European Green Deals, mit dem sich alle 27 Mitgliedstaaten verpflichtet haben, Europa bis 2050 zum ersten klima­neutralen Kontinent zu machen.

Die geplante Batterieverordnung will den Umweltschutz stärken, unter anderem mit einem Batteriepass, einem CO2-Fußabdruck für die Batterieproduktion, der die Emissionen transparent macht, und gestaffelte Recyclingziele für unterschiedliche Batterietypen. Neu in die Regulierung sollen jetzt auch bisher nicht berücksichtigte Stromspeicher kommen, darunter „Batterien für leichte Verkehrsmittel“ wie E-Bikes und E-Roller.

Bis Ende 2027 sollen dafür beispielsweise 50 Prozent des gesamten dafür benötigten Lithiums recycelt werden müssen, bis 2031 sollen es sogar 80 Prozent sein. Lithium ist neben Kobalt ein notwendiger Bestandteil von wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Batterien. Die Nachfrage nach Lithium und anderen Metallen wird in Zukunft enorm steigen. Der Grund: Für die Herstellung benötigen Elektrofahrzeuge mehr Metalle als konventionelle. Elektromotoren beinhalten Magnete, für sie werden zudem Metalle wie seltene Erden benötigt.

Geringe Sammelquote

Für Deutschland auch ein geopolitisches Problem: Zwei Drittel der importierten seltenen Erden kam 2021 aus China. Um Ressourcen zu schonen, setzt deshalb die Batterieverordnung verstärkt auf Recycling und Alternativen zum Abbau von vielen Rohstoffen.

Das Batterierecycling ist in Deutschland bereits über das Batteriegesetz geregelt, aber die Sammelquote von Batterien ist gering. Im Jahr 2022 waren etwa 63.000 Tonnen Gerätebatterien im Umlauf. Umgerechnet sind das etwa 21 der sogenannten AA-Batterien pro Person pro Jahr in Deutschland. Etwa jede zweite Batterie wurde in Deutschland nicht fachgerecht entsorgt, zeigen aktuelle Zahlen der Deutschen Umwelthilfe.

Um Ver­brau­che­r*in­nen über die enthaltenen Stoffe aufzuklären, sieht die neue Verordnung den „Batteriepass“ vor. Der informiert über die Lebensdauer, Kapazität und Anzahl der Ladezyklen, gefährliche Stoffe und Sicherheitsrisiken. Das sei „sehr begrüßenswert“, findet Gregor Kolbe vom Bundesverband Verbraucherzentrale, da so Ver­brau­che­r*in­nen zum Kauf von nachhaltigeren Batterien motiviert werden können.

Wasserfeste Batterien

Ein weiterer Kernpunkt der Verordnung ist, dass Akkus für Ver­brau­che­r*in­nen leichter auswechselbar gemacht werden sollen. Momentan sind viele Batterien in die Geräte geklebt. Ein Einbau solcher Akkus soll in Zukunft untersagt werden.

Ausgenommen sind dabei solche Geräte, die „waschbar“ sind. „Da fällt aber höchstens so was wie eine elektrische Zahnbürste drunter“, schätzt EU-Parlamentsmitglied Malte Gallée von den Grünen. Auch die konservative EVP-Fraktion im EU-Parlament hat Bedenken bei der Herausnehmbarkeit der Akkus. Der Grund: Einige Geräte könnten dann nicht mehr wasserdicht sein, so die EVP.

„Spannend wird es für Verbraucher dann bei der Umsetzung. Welche Schlupflöcher zum Beispiel bei der Definition über Waschbarkeit gefunden werden“, meint auch Verbraucherschützer Kolbe. Der Grüne Gallée sieht durch den Punkt der Austauschbarkeit das Ende von Einweg-E-Zigaretten voraus, die derzeit vor allem bei jungen Menschen beliebt sind. Die E-Kippen funktionieren bisher mit einer fest integrierten Lithium-Batterie.

Lange Übergangsfristen

„Die Regeln für die Herausnehmbarkeit bei wiederverwendbaren Batterien hätten nach Einschätzung der Deutschen Umwelthilfe klarer festgelegt werden können“, sagt Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH. Dabei ginge es zum Beispiel um die Kosten für die Reparatur oder Verpflichtungen für Unternehmen, dass sie Software-Updates auf älteren Geräten möglich machen.

„Der Plan sieht ziemlich lange Übergangsfristen vor, etwa acht Jahre für manche neuen Regelungen. Da hätten wir uns mehr Druck gewünscht“, meint Kolbe von der Verbraucherzentrale. Ihn enttäuscht, dass ein wichtiger Aspekt ausgeklammert worden sei: „Die Anforderungen an die Dauerhaltbarkeit von E-Autobatterien“.

Breite Mehrheit für ­Verordnung

Die Deutsche Kommission für Elektrotechnik, zuständig für die Normgestaltung in der Elektroindustrie, reagiert verhalten auf die Batterieverordnung. Sie sei teilweise ohne die Rücksprache mit In­dus­trie­ak­teu­r*in­nen entstanden. Dabei sei die elektrische Sicherheit und der Transport von Batterien nicht genügend berücksichtigt worden, heißt es in einem Positionspapier zum EU-Entwurf.

Bei einigen Punkten müsse sich erst noch zeigen, wie die Umsetzbarkeit möglich ist, meint der Grüne Gallée. Zum Beispiel ist für die Abfrage nach dem CO2-Fußbabdruck ein IT-Tool notwendig, auf das alle Händ­le­r*in­nen und Ver­brau­che­r*in­nen zugreifen können.

Auch welche Anreize die Regelung für Un­ter­neh­me­r*in­nen schafft, dass sie sich tatsächlich an die sozialen und ökologischen Verbesserungen anpassen, sei noch unklar. An mancher Stelle zeige sich aber schon jetzt die Wirkung der kommenden Verordnung. So bei Energizer Holdings, einem der größten Hersteller von Batterien und Taschenlampen weltweit. „Ein Berater von Energizer hat angekündigt, schon jetzt die Produktion umzustellen, um auf dem europäischen Markt bestehen zu bleiben“, meint der Grüne Gallée.

Nach der Abstimmung im Parlament muss die Verordnung noch vom Europäischen Rat bestätigt werden. Mit einer Umsetzung der Verordnung ist ab Anfang 2024 zu rechnen, heißt es. Sie wäre dann direkt in den Mitgliedstaaten gültig. „Ich rechne mit einer breiten Mehrheit für die Verordnung“, schreibt ein Sprecher der sozialdemokratischen S&D-Fraktion.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!