Vergewaltigung in Münchner U-Bahn: Mehr Awareness, bitte!
Die Vergewaltigung einer Frau durch einen Zugführer in München ist schlimm genug. Umso erschreckender ist die Reaktion des Unternehmens.
Ein U-Bahn-Fahrer der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) ist am Mittwoch vom Amtsgericht München zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. Im Juni dieses Jahres hatte er eine 18-Jährige vergewaltigt, die die Bahn an der Endstation nicht verlassen, sondern sich schlafend und alkoholisiert noch in einem der Abteile befand. Der Fahrer gestand nun vor Gericht, die junge Frau in der öffentlich nicht zugänglichen Wendeschleife am „Klinikum Großhadern“ zunächst begrapscht und dann vergewaltigt zu haben.
Dieses Verbrechen allein ist schon schlimm genug. Doch umso erschreckender ist, was sich die Münchner Verkehrsgesellschaft als nachträgliche Reaktion auf den Fall leistete: Telefonisch machte ein Mitarbeiter der MVG dem Opfer „als Zeichen der Anteilnahme und Unterstützung“ das Angebot, an einer kostenlosen Fahrt in einer Partytram teilzunehmen. Als die junge Frau nicht auf das Angebot reagierte, soll sie nochmal von dem gleichen Mitarbeiter per SMS bezüglich der Partytram-Einladung kontaktiert worden sein.
Ein Shitstorm in den Sozialen Medien folgte. Die MVG äußerte sich in einem Post auf Facebook am Mittwochmittag, „dass sie zutiefst bedauern, die Gefühle der jungen Frau verletzt zu haben.“ In einem ausführlicheren Statement, das auf Anfrage mehrerer Medien abgegeben wurde, heißt es weiter: „Im Mitarbeiterkreis war die mutmaßliche Tat ein großes Gesprächsthema. Sie hat zu großer Betroffenheit geführt und in der Belegschaft massive Sorgen darüber ausgelöst, dass das Ansehen aller U-Bahnfahrer in Mitleidenschaft gezogen wird. Hier standen wir begleitend und beratend zur Seite, auch mit Unterstützung unseres hauseigenen Sozialdienstes.“
Und plötzlich geht es gar nicht mehr um das Opfer einer Vergewaltigung, sondern um das „Ansehen aller U-Bahnfahrer“ – und damit mal wieder darum, dass Männer vermeintlich Angst haben müssen, alle Frauen würden plötzlich unbegründet ihre „Ich-verklag-euch-alle-wegen-sexuellen Missbrauchs“-Keule rausholen. Auf Nachfrage der taz, ob es im Unternehmen eine generelle Auseinandersetzung mit dem Thema sexualisierte Gewalt im öffentlichen Verkehr gebe, hieß es, es handele sich bei dem Vorfall im Juni bislang um einen Einzelfall.
Das spricht nicht dafür, dass das Verkehrsunternehmen den Fall wirklich reflektiert und eingeordnet hat. Es handelt sich sicher nicht um den ersten Grenzübertritt, der in einer U-Bahn passierte, ob von Seiten der Angestellten oder der Fahrgäste. Bedauern ist ok, aber reicht nicht. Vielleicht wäre als Reaktion ein Awareness-Workshop für Mitarbeiter*innen eine gute Idee gewesen.
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