Verfassungsschutz gewinnt gegen AfD: Auch politisch weiter bekämpfen
Die AfD mag sich noch so oft in der Opferrolle suhlen, die Beobachtung als rechtsextremer Verdachtsfall hat sie sich selbst zuzuschreiben.
N atürlich braucht niemand den Verfassungsschutz, um die AfD als das einzustufen und anzuerkennen, was sie ist: eine extrem rechte Partei, die längst von völkisch-nationalistischen Kreisen dominiert wird. Was die Hetze der AfD und ausgegebene Losungen wie „Wir werden sie jagen!“ des Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland in letzter Konsequenz bedeuten, konnte man am vergangenen Samstag in Dresden sehen, wo eine Gruppe mutmaßlicher Rechtsextremer den SPD-Politiker Matthias Ecke krankenhausreif geprügelt hat. Oder als ein Rechtsextremist mit Nähe zu AfD-Kreisen Walter Lübcke erschossen hat.
Dennoch ist es gut und wichtig, dass der Verfassungsschutz nun vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster das Berufungsverfahren gegen die AfD gewonnen hat. Das bestätigt: Der Inlandsgeheimdienst erfüllt seinen gesetzlichen Auftrag zur Beobachtung verfassungsfeindlicher Bestrebungen – und zwar nun mit doppelter gerichtlicher Absegnung.
Da kann die AfD sich noch so oft in der Opferrolle suhlen, zwei Gerichte haben bereits bestätigt, dass der Verfassungsschutz zu Recht aktiv ist – die Beobachtung als rechtsextremer Verdachtsfall hat sie sich selbst zuzuschreiben, ebenso die Einstufung als gesichert rechtsextrem in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt.
Die Beobachtung ist Ergebnis der extrem rechten Ausrichtung der AfD, ihrer zahlreichen rassistischen, antidemokratischen und nationalistischen Äußerungen. Würde sie allein regieren, würde sie sich an der entkernten illiberalen Demokratie eines Viktor Orbán orientieren und rassistische und religiöse Diskriminierungen institutionalisieren – eben so, wie es der einflussreiche Rechtsextremist und AfD-Politiker Björn Höcke in seinem Buch bereits 2018 skizziert hat und wie es hochrangige AfD-Politiker auch 2023 noch zusammen mit rechtsextremen Aktivisten wie Martin Sellner in Form konkreter Vertreibungspläne diskutiert haben.
Auch Einflussnahme von China und Russland liefert Stoff
Das verlorene Berufungsverfahren in Münster ist eine wichtige Wegmarke auf dem Weg zum Verbotsverfahren oder der Streichung staatlicher Parteienfinanzierung für die AfD. Nun müssen weitere Schritte wie die Hochstufung der Gesamtpartei zur gesichert rechtsextremen Bestrebungen erfolgen, Vorbereitungen dazu sollen ohnehin schon laufen. Belege dafür liefern auch nicht abreißende Skandale um die Einflussnahme von Diktaturen wie China oder Russland, wie um den Spitzenkandidaten zur Europawahl, Maximilian Krah.
Wichtig ist dabei: Die in der Verfassung aus historischen Erfahrungen explizit verankerten Grundsätze der wehrhaften Demokratie dürfen dabei nicht zum Entlastungsdiskurs werden. Auch politisch muss die AfD weiter bekämpft werden: durch gute Politik, durch weniger Zuspitzung sozialer Verteilungskämpfe, eine klare Abgrenzung zum extrem rechten Kulturkampf, bessere Ausstattung der Kommunen und eine politische Strategie für Aufklärung und bessere Bürger*innenbeteiligung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Abschluss G20-Gipfel in Brasilien
Der Westen hat nicht mehr so viel zu melden
CDU-Politiker Marco Wanderwitz
Schmerzhafter Abgang eines Standhaften