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Verfassungsbeschwerde zu Paragraf 219a„Schlicht frauenfeindlich“

Die Ärztin Bettina Gaber ist rechtskräftig verurteilt, weil sie über Abtreibungen informiert. Nun wendet sie sich an das Bundesverfassungsgericht.

Bettina Gaber (r.) und Kollegin Verena Weyer bei einer Kundgebung im Juni Foto: imago images / Christian Mang

Berlin taz | Wenn Bettina Gaber sagen soll, ob Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs zeitgemäß ist, lacht sie laut auf. „Zeitgemäß? Ich finde ihn schlicht frauenfeindlich“, sagt die Berliner Frauenärztin. Der Paragraf verbietet ihr, öffentlich darüber zu informieren, wie sie Schwangerschaftsabbrüche durchführt.

Weil die Ärztin das nicht akzeptieren wollte, stand auf ihrer Webseite trotzdem der Satz: „Auch ein medikamentöser, narkosefreier Schwangerschaftsabbruch in geschützter Atmosphäre gehört zu unseren Leistungen.“ Im November wurde sie deswegen rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 2.000 Euro verurteilt. Nun will sie erreichen, dass der Paragraf vom Bundesverfassungsgericht ganz gekippt wird: Am Montag hat Gaber Verfassungsbeschwerde erhoben.

Sie wehrt sich damit dagegen, verbotene „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“ gemacht zu haben. Das Gesetz sei „monströs“, schreibt Gabers Anwalt Johannes Eisenberg in der Verfassungsbeschwerde, die der taz vorliegt. „Ich verstehe es nicht. Es ist ein klassisches Gesetz von Leuten, die sich nicht einigen können, und es deshalb völlig unverständlich formulieren.“

Doch auf Grundlage „unklarer Gesetze“ dürfe man niemanden verurteilen. Wen er mit den „Leuten, die sich nicht einigen können“ meint, zeigt ein Blick zurück auf die vergangenen zwei Jahre: die Politik.

Vorgängergesetz von 1933

Paragraf 219a fristete lange ein Dasein im Strafgesetzbuch, ohne dass viele Menschen von seiner Existenz Kenntnis genommen hätten. Das Vorgängergesetz wurde 1933 erlassen, 1974 übernahm es die damalige sozialliberale Koalition weitestgehend. Es verbot in seiner damaligen Fassung unter anderem, dass Ärzt*innen öffentlich und zu ihrem eigenen Vermögensvorteil oder in grob anstößiger Weise darüber informieren, dass sie Abtreibungen vornehmen.

Da schon das gängige ärztliche Honorar als Vermögensvorteil gilt, war davon jede noch so sachliche öffentliche Information über die Leistung erfasst. Das Gesetz kam aber kaum zur Anwendung.

Bundesweite Bekanntheit erlangte der Paragraf erst, als im November 2017 die Gießener Ärztin Kristina Hänel vom Amtsgericht Gießen zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, weil sie genau das getan hatte: Sie hatte auf ihrer Webseite darüber informiert, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführt und welche Methoden sie anbietet. Hänel wurde zum Gesicht im Kampf gegen den Paragrafen, auch sie hatte angekündigt, bis zum Bundesverfassungsgericht gehen zu wollen.

Nun hat Bettina Gaber sie überholt. Das Bundesverfassungsgericht kann, so steht es auf dessen Webseite, „die Verfassungswidrigkeit eines Aktes der öffentlichen Gewalt feststellen, ein Gesetz für nichtig erklären oder eine verfassungswidrige Entscheidung aufheben und die Sache an ein zuständiges Gericht zurückverweisen“. Es kann Gabers Beschwerde aber auch abweisen.

Yannic Hendricks Hobby: Anzeigen stellen

Angezeigt wurden beide Ärztinnen von radikalen Abtreibungsgegnern. Vor allem zwei Männer durchforsteten über Monate hinweg systematisch das Internet und stellten Strafanzeigen, wenn sie auf eine Seite mit entsprechenden Informationen stießen. Einer von ihnen, Klaus Günter Annen, betreibt die Webseite Babycaust, auf der er Abtreibungen mit dem Holocaust gleichsetzt. Der andere ist der Mathematikstudent Yannic Hendricks, der in der taz erklärte, diese Anzeigen seien sein „Hobby“.

Nach Hänels Verurteilung entbrannte ein erbitterter politischer Streit um das Schicksal des Paragrafen. Grüne, Linke, FDP und SPD sprachen von einer „Kriminalisierung“ von Ärzt*innen und wollten den Paragrafen abschaffen oder zumindest weitgehend reformieren. Die Union hingegen wollte unbedingt an ihm festhalten.

Der Paragraf, so das Argument, schütze vor einer „Verharmlosung“ von Schwangerschaftsabbrüchen und diene dem „Schutz des ungeborenen Lebens“. Für eine Abschaffung hätte es eine knappe Mehrheit im Bundestag gegeben. Doch dann gingen SPD und Union im März 2018 erneut eine Große Koalition ein.

Ein langes Ringen zwischen den Koalitionspartnern begann, an dessen Ende ein Kompromiss stand: Seit dem Frühjahr 2019 dürfen Ärzt*innen öffentlich darüber informieren, dass sie Abbrüche vornehmen – für jede weitere Information aber müssen sie auf die Webseiten befugter Stellen verweisen, etwa der Bundesärztekammer. Diese legt derzeit eine Liste an, auf der bislang aber nur rund 215 der insgesamt 1.200 Ärzt*innen stehen, die bundesweit Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Man habe damit Rechtssicherheit geschaffen und den Frauen den Zugang zu Information erleichtert, freute sich die SPD.

„Ein schwachsinniges Gesetz“

In der Praxis sieht es allerdings anders aus. Während das Berliner Kammergericht Gaber für schuldig befand, wurde das Verfahren gegen zwei Ärztinnen in Kassel eingestellt – weil nach dem neuen Paragrafen keine Strafbarkeit mehr vorliege. In Gießen wurde Kristina Hänel erst vergangene Woche vom Landesgericht erneut für schuldig befunden, diesmal nach der neuen Rechtslage.

Doch selbst die Richterin nannte die Reform bei der Urteilsverkündung „nicht gelungen“. Es gebe nun „mehr Unklarheiten“ als zuvor und es mache „keinen Sinn“, sachliche Information über einen medizinischen Eingriff mithilfe des Strafrechts zu verbieten.

Nun soll sich das Bundesverfassungsgericht des Paragrafen 219a annehmen. Gabers Anwalt Eisenberg argumentiert, dieser sei in seiner jetzigen Fassungen in gleich mehreren Punkten verfassungswidrig und beinhalte „Paradoxien und eklatante Wertungswidersprüche“.

So fragt er in der 44 Seiten umfassenden Verfassungsbeschwerde, ob es Gaber etwa verboten sei, zu schreiben: „Auch ein medikamentöser, narkosefreier Schwangerschaftsabbruch gehört zu den Leistungen von Frau Dr. Gaber“, während es erlaubt sei, zu schreiben: „Auch ein Schwangerschaftsabbruch gehört zu den Leistungen von Frau Dr. Gaber. Wenn Sie wissen wollen, wie Frau Dr. Gaber den Abbruch durchführt, suchen Sie bitte auf Seite XY“? Eisenbergs Schlussfolgerung: „Das wäre ein schwachsinniges Gesetz, das niemand befolgen muss.“

Moralvorstellungen aus den 70ern

Eisenberg sieht Eingriffe in die Meinungs-, Äußerungs- und Informationsfreiheit seiner Mandantin. Nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) stellten diese eine „wesentliche Grundlage einer demokratischen Gesellschaft“ dar. Der Einsatz strafrechtlicher Mittel sei unverhältnismäßig.

Aus der Überschrift des Paragrafen ergebe sich zudem, dass Werbung bestraft werden solle. Seine Mandantin aber informiere lediglich. „Dieses Verbot zielt offenkundig darauf ab, dass einer Schwangeren, welche nach Information sucht, es erschwert wird, in der vorgegebenen knappen Zeit an die für sie wichtigen und entscheidenden Informationen zu gelangen“, schreibt der Anwalt. Dies sei kein legitimer Grund, in Grundrechte einzugreifen.

Auch stelle sich die Frage nach dem zu schützenden Rechtsgut. Der Paragraf sei „nicht geeignet, ungeborenes Leben zu schützen“, heißt es in der Verfassungsbeschwerde. In der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der FDP-Fraktion habe die Bundesregierung selbst angegeben, keine Erkenntnisse dazu zu haben, ob und inwiefern dadurch Abtreibungen vermieden würden. Es komme allein das Schutzgut der öffentlichen Moral in Betracht.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe aber darauf hingewiesen, dass Moralvorstellungen sich „je nach Zeit und Ort“ änderten. Beim Paragrafen 219a stammt diese aus dem Jahr 1974, sei also 45 Jahre alt. Er sei zudem Teil einer „moralisierenden, auf die Durchsetzung einer religiös-weltanschaulich bestimmten Sittlichkeit bezogenen Strafnorm“ und entspreche somit nicht dem „Verfassungsgebot der weltanschaulichen Neutralität des Staates“.

Eine Frage des gesellschaftlichen Klimas

Bettina Gaber will sich nicht nehmen lassen, Patient*innen auf ihrer Webseite über ihr Leistungsspektrum zu informieren. „Es ist Teil ebenso meiner Aufgabe als Ärztin, Schwangerschaften zu betreuen, wie Abbrüche durchzuführen“, sagt sie. „Das ist klar in meinem Berufsbild verwurzelt.“ Nur wenige Ärzt*innen in Deutschland sehen es so wie Gaber: Bei rund 18.500 berufstätigen Ärzt*innen in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe führen nur etwa 1.200 Abbrüche durch. „Das ist eine Frage des gesellschaftlichen Klimas. Viele haben keine Lust auf diese Kriminalisierung“, sagt Gaber.

Bis Hänel im September 2017 verurteilt wurde, kannte Gaber den Paragrafen gar nicht. Die Information über ihr Leistungsspektrum stand da schon seit sieben Jahren auf ihrer Webseite. „Aber als das Urteil kam, dachte ich: jetzt geht’s los. Jetzt erwischen dich die Abtreibungsgegner“, sagt Gaber.

Sie habe sich aber dagegen entschieden, ihre Webseite zu ändern. Jetzt könnte Gabers Fall derjenige sein, der den Paragrafen kippt. Zunächst muss das Bundesverfassungsgericht aber entscheiden, ob es die Beschwerde überhaupt annimmt. Gaber ist zuversichtlich: „Dieses Gesetz muss komplett abgeschafft werden“, sagt die Ärztin.

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20 Kommentare

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  • @FRAU KIRSCHGRÜN: Da haben Sie wohl recht, dass ein Embryo kein eigenständiges menschliches Leben ist. Dieses Wesen ist natürlich vollständig abhängig von seiner Mutter.

    Was ich sagen will ist, dass der Embryo, in meinen Augen bereits ein Lebewesen mit einem eigenen Wert, vielleicht mit einer eigenen Seele ist (wann die Seele in den Körper eintritt lässt sich wohl kaum bestimmen). Er ist meiner Meinung nach eben nicht ausschliesslich ein Teil der Frau, sondern etwas eigenes (nicht eigenständig im Sinne von selbstständig).

    Ich stimme Ihnen ansonsten völlig zu, vor allem darin, dass Entscheidungen über Schwangerschaftsabbrüche in das Selbstbestimmungsrecht der Frau fallen (wie Sie vor allem meinem ersten Kommentar entnehmen können).

    Mit einem "Männertraum über Allmachtsphantasien" möchte ich aber bitte nicht in Verbindung gebracht werden. Solche "Träume" habe ich nicht.

    Ich denke aber, dass der werdende Vater eines ungeborenen Kindes vor einem Schwangerschaftsabbruch von der Frau dazu gehört werden sollte (vorausgesetzt natürlich die beiden stehen in einer Art von Beziehung, die das als angemessen erscheinen lässt). Das entspricht meinen Verständnis von Fairness.

    Dann glaube ich zwar auch, dass es so gut wie nie der Fall ist, dass eine Frau leichtfertig abtreibt. Ich finde aber, dass es in unserer Gesellschaft eine sehr deutliche Tendenz gibt, ungeborenes Leben vermehrt medizinisch zu untersuchen, es anhand der Ergebnisse zu beurteilen und dann als Konsequenz unter Umständen auch seine Entstehung abzubrechen. Diese Entwicklung finde ich ethisch ziemlich fragwürdig.

  • Die Verharmlosung von Schwangerschaftsabbrüchen geht mir genauso gegen den Strich wie die extremistischen Positionen mancher Abtreibungsgegner.



    Es geht hier um eine äusserst schwierige ethische Frage. Dem Schutz des ungeborenen Lebens steht das Recht auf Selbstbestimmung der Frau gegenüber. Dabei muss sie über einen Embryo entscheiden, den man sowohl als eigenständiges menschliches Leben, wie als einen Teil der Frau beschreiben kann.



    Diese ethische Frage ist der Hintergrund der Paragraphen 218 ff, StGb, also auch von 219a.



    Der Gesetzgeber vertritt hier keine Weltanschauung, sondern eine ethische Norm. Das gehört zu seinen Aufgaben. Leider tut er es in diesem Fall höchst indifferent.



    Wenn man sich bei dieser Frage radikal auf eine Seite schlägt, ist das unter Umständen ein Zeichen der Überforderung bzw. dem Bedürfniss, es möge bitte einfach sein. Ist es aber nicht.



    Das bei diesem Thema die Fronten verhärtet sind, hat aber auch damit zu tun, dass der Staat hier die, ebenso gerechtfertigte, ethische Position der anderen Seite mit Strafe bewehrt. Das ist für eine konstruktive gesellschaftliche Bearbeitung dieser moralischen Frage hinderlich.

    • @Ben Jah:

      "…einen Embryo entscheiden, den man sowohl als eigenständiges menschliches Leben…" So weit so falsch.



      Ein Embryo ist eben KEIN "eigenständiges menschliches Leben".



      Und das Selbstbestimmungsrecht der Frau steht natürlich über dem des Embryos.



      Dass das anders sei, ist ein Männertraum über Allmachtsphantasien, besonders in Frauenangelegenheiten.



      Und nochmal, zum hundertsten Mal:



      Keine Frau treibt leichtfertig ab. Die Entscheidung ist in beide Richtungen lebensentscheidend und lebensverändernd – immer.



      Also lasst die Frauen selbst die Entscheidung treffen – jetzt auch hochoffiziell.



      Denn kein Gesetz der Welt wird Abtreibungen verhindern, oder hat je Abtreibungen verhindert.



      Schluss mit der Kriminalisierung von Frauen in Notlagen und ihren Ärzt*innen.

  • Das Selbstbestimmungsrecht der Frau steht hier natürlich an erster Stelle. Jede Frau muss für sich entscheiden, ob sie abtreiben möchte und sollte in ihrer Entscheidung nicht dadurch behindert werden, dass ihr der Zugang zu wichtigen Informationen erschwert wird.

    Ich halte es aber für falsch, den §219a ausschliesslich als "Teil einer „moralisierenden, auf die Durchsetzung einer religiös-weltanschaulich bestimmten Sittlichkeit bezogenen Strafnorm“ zu sehen, welcher nicht dem „Verfassungsgebot der weltanschaulichen Neutralität des Staates" entspreche.

    Das ist nur ein Teil der Wahrheit. Der andere Teil ist, dass es hier tatsächlich um eine ethische Frage geht. Bei dieser sollte der Gesetzgeber allerdings nicht den betroffenen Frauen und den behandelnden Ärzt*innen hereinreden. Jede Frau muss es mit ihrem eigenen Gewissen ausmachen, ob sie die Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch trifft. Und selbstverständlich kann das auch eine richtige Entscheidung sein. Es ist aber nichts, was an der Seele eines Menschen spurlos vorüber geht.

    Gleiches gilt für die Ärzt*innen. Auch wenn ein Schwangerschaftsabbruch richtig, in manchen Fällen sogar geboten sein kann, ist es doch immer eine Entscheidung gegen das gerade entstehende Leben. Ich finde Frau Gaber greift zu kurz, falls sie den geringen Anteil der Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen tatsächlich nur auf das "gesellschaftliche Klima" zurückführt, in dem viele "keine Lust auf diese Kriminalisierung" hätten.

    Es stimmt, diese Kriminalisierung muss beendet werden. Aber es sollte schon mitgedacht werden, dass es auch Ärzt*innen gibt, die keine Abtreibungen vornehmen, weil sie es mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren können. Und auch eine solche Entscheidung verdient Respekt.

    Es bleibt aber die Angelegenheit der einzelnen Person. Im Strafgesetzbuch hat diese ethische Frage nichts zu suchen.

    • @Ben Jah:

      Frau Händel und Frau Aber hätten eine "Kriminalisierung" verhindern können, wenn sie auf ihre Webseite mitgeteilt hätten, dass sie unter folgender EMAIL-Nr. individuelle Auskunft erteilen. Das wollten sie nicht, weil sie symbolisch den Schwangerschaftsabbruch als eine ärztliche Dienstleistung wie jede andere auch darstellen wollen. Der neu gefasste § 219a StGB ist nicht sehr elegant formuliert. Aber im kern kann er sinnvoll ausgelegt werden, was bedeutet, dass diese Neufassung verfassungskonform ist.

      • @Monika Frommel :

        Das ist ja super praktisch! Als Schwangere maile ich dann diverse Praxen an und warte Tage oder Wochen auf eine Antwort? Und als Arztpraxis binde ich mir den zusätzlichen Aufwand ans Bein, individuell darüber Auskunft zu geben, wie die Rahmenbedingungen sind?



        Und das Alles, um zu vermeiden, dass direkt dort, wo die Leistung an sich aufgeführt ist, auch informiert wird, in welcher Art diese erbracht werden kann.



        Wo ist der Vorteil? Und für wen?

        • @Artischocke:

          Wieso sollte ein individuelles Gespräch "Tage oder Wochen" dauern? Über die allgemeinen Rahmenbedingungen informiert doch ohnehin jede Beratungsstelle.

          • @Monika Frommel :

            Nein, das Gespräch dauert nicht Tage. Aber wenn - wie Sie oben erwähnten - Anfragen über die Art des Abbruchs per Mail gestellt werden, kann es unter Umständen schon mal ein bisschen dauern, bis einen die Antwort darauf erreicht.



            Es ist und bleibt eine alberne Hürde. Und nicht mehr und nicht weniger ist meiner Meinung nach intendiert.



            Ich glaube nicht, dass durch diese Hürde auch nur eine Abtreibung weniger geschieht. Es setzt eine zum Abbruch entschlossene Frau nur unnötig unter Druck, die sich vielleicht möglichst in Ruhe am Rechner über Möglichkeiten einen Überblick verschaffen möchte.

  • Danke, Dinah Riese. Endlich mal ein Artikel, in dem alles drin steht, was man Leuten vorlesen kann, die sich mit dem Thema nicht beschäftigen und uninformierte Aussagen in den Raum stellen. Leicht verständlich und unideologisch formuliert.

  • Riese schreibt seit Monaten immer den gleichen Artikel. Diesmal etwas sachlicher und einen konkreten Anlass gibt es auch, trotzdem mit den üblichen Kerben. Denn weder muss ein Gesetz, dass auf einem Vorgängergesetz beruht auch dessen Absichten teilen, noch diskreditieren extremistische Lebensretter andere Menschen die die "My choice"- Sichtweise nicht teilen.



    Und übrigens: ja natürlich, der 219a gehört abgeschafft und die jetzige Fassung taugt nichts.

    • @Benedikt Bräutigam:

      "noch diskreditieren extremistische Lebensretter andere Menschen die die 'My choice'- Sichtweise nicht teilen"

      Aha -- gibt es solche?

      • @tomás zerolo:

        Extremistische Abtreibungsgegner gibt es: [...]

         

        Kommentar bearbeitet. Bitte keine Links zu extremistischen Abtreibungsgegnern.

        • @Monika Frommel :

          "Extremistische Abtreibungsgegner gibt es"

          Oh, das ist mir schmerzlich bewusst.

          Immer wieder ernüchternd festzustellen, wie missverständlich ich mich ausdrücken kann.

          Meine Frage bezog sich auf @HARESUs "andere Menschen die [...] nicht teilen" -- also nicht-extremistische Lebensretter.

          Wer anderen per Gesetz die eigene Weltanschauung aufdrücken will, der ist für mich immer etwas... extremistisch.

          • @tomás zerolo:

            Dem widerspreche ich. Der neue § 219a StGB (2019) hat keine Weltanschauung, sondern flankiert lediglich das geltende Beratungsmodell bei Abtreibung, das nun einmal im Strafrecht die Grenzen zulässiger Abtreibungen regelt. Es ist ziemlich ausgeschlossen, dass das BVerfG auf die Idee kommt die Grenzen einer straflosen Abtreibung künftig im Arztrecht zu regeln.

            • @Monika Frommel :

              anschließe mich.



              &



              Danke - daß wenigstens Sie hier - tapfer die Fahne der Vernunft aufrechthalten.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Selbst wenn es hier 'nur' um Frauenrechte ginge: im vorliegenden Fall sehe ich es als meine moralische Pflicht, Frauen wie Bettina Gaber (und Kristina Hänel) ideell zu unterstützen.

    Das tue ich gerne.

  • 9G
    90946 (Profil gelöscht)

    Hoffentlich gelingt es mittels dieses Prozesses den Paragraphen endlich abzuschaffen.



    Es geht dabei nicht ausschließlich um Frauenrechte. Wenn sich an einer Stelle diese „moralisierende, auf die Durchsetzung einer religiös-weltanschaulich bestimmten Sittlichkeit bezogene Strafnorm“ behauptet, dann kommt bei nächster Gelegenheit jemand anderes mit seiner religiös-weltanschaulich bestimmten Sittlichkeit um die Ecke und will die geschützt haben.



    Wir brauchen so weit als möglich weltanschauliche Neutralität des Staates. Besonders jetzt, wo wir auch ganz offiziell Einwanderungsland sind :-)

    • @90946 (Profil gelöscht):

      Es geht nicht um Frauenrechte (Frauen können sich ja über die ärztlichen Webseiten darüber informieren, wer Abtreibungen vornimmt), sondern um die Grenzen der ärztlichen Berufsausübungsfreiheit. Was spricht dagegen Ärzte und Ärztinnen beim Schwangerschaftsabbruch in die Pflicht zu nehmen nur persönlich über die in einem Einzelfall sinnvollen Methoden zu informieren?

    • @90946 (Profil gelöscht):

      Richtig. Es geht hier auch um die Meinungsfreiheit bzw. um das Recht der Tatsachenerklärung. Es ist doch bekloppt, dass Ärzte bestraft werden für ihre Berufsbeschreibung. Wo soll das hinführen? Ein Kaminkehrer sagt, er kehrt Kamine => 5000€ Strafe wegen unerlaubter Werbung? Hirnrissig. Irgendwann bleibt man dann nur noch straffrei, wenn man behauptet es gäbe keinen Klimawandel, Chemtrails machen uns homosexuell und die Erde ist eine Scheibe.

      • @Dorian Müller:

        Wikipedia sagt zur Berufsbeschreibung: "Der Arztberuf gilt der Vorbeugung (Prävention), Erkennung (Diagnose), Behandlung (Therapie) und Nachsorge von Krankheiten, Leiden oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen und umfasst auch ausbildende Tätigkeiten."



        Und nun zum Kaminkehrer, ein hinkender Vergleich. Aber ich hinke mal weiter:



        Dieser Kaminkehrer müsste danach auch aktive Sterbehilfe bei unheilbar kranken, leidenden Menschen anbieten. Er kann diese relativ schmerzlos durch Kohlenmonoxid aus der Heizungsanlage durchführen, ist also fachlich versiert und hat die professionellen Instrumente.



        Die Entscheidung, wer als unheilbar krank und leidend gilt, wird anhand eines kurzen Aufklärungsggesprächs entschieden. Natürlich darf er für diese Dienstleistung auch Werbung machen.