Verfassungsbeschwerde gegen Regierung: DUH klagt gegen Klimaschutzgesetz

Die Bundesregierung hat das Gesetz verwässert, das Deutschland klimaneutral machen soll. Die Deutsche Umwelthilfe hält das für verfassungswidrig.

Sehr viele Autos fahren auf einer Autobahn.

Der Verkehr-Sektor sprengt die CO2-Grenzwerte systematisch Foto: Joeran Steinsiek/imago

BERLIN taz | Die Deutsche Umwelthilfe macht Ernst und legt Verfassungsbeschwerde gegen die Reform des Klimaschutzgesetzes ein, wie der Umweltverband am Dienstag mitteilte. Er hatte diesen Schritt bereits in Aussicht gestellt für den Fall, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) das Gesetz unterschreibt und so sein Inkrafttreten sichert – was dieser am Montag getan hat.

„Die Ampelregierung verabschiedet sich mit dieser Gesetzesänderung vom Klimaschutz“, sagte Umwelthilfe-Chef Jürgen Resch. „Wir nehmen diesen klaren Verfassungsbruch nicht hin und ziehen erneut vor das Bundesverfassungsgericht – wie im Januar 2020, was im April 2021 zum historischen Klimaschutzentscheid des Bundesverfassungsgerichts geführt hat.“

Mit dem Beschluss von 2021 hatten die Rich­te­r*in­nen in Karlsruhe die Große Koalition verpflichtet, beim Klimaschutzgesetz nachzuschärfen. In der damaligen Form, argumentierten sie, seien in Zukunft Freiheitsrechte gefährdet. Sprich: Je länger man Klimaschutz hinauszögert, desto drastischer müssen später die Maßnahmen sein. Und das könnte eben die Freiheit der Bevölkerung deutlich einschränken.

Zu den Auflagen für die Regierung gehörte es damals, konkrete Emissionsmengen für jedes Jahr auch in der Zeit nach 2030 ins Gesetz aufzunehmen. So sollte klar werden, wann welche CO2-Einsparung anvisiert wird. Das tat die letzte Merkel-Regierung dann auch, und zwar jeweils einzeln für verschiedene Wirtschaftssektoren.

Mehr Klimaschutz-Maßnahmen nötig

Mit dieser Logik macht die Ampelregierung in ihrer Reform nun Schluss. Zwischen den Sektoren – also zum Beispiel Verkehr, Energie und Landwirtschaft – darf in Zukunft aufgerechnet werden. Das Argument dafür ist mehr Flexibilität. Sprengt ein Sektor die CO2-Grenzwerte, wie es etwa der Verkehr systematisch tut, muss die Regierung nichts unternehmen, solange andere Sektoren entsprechend übererfüllen.

Selbst wenn das nicht der Fall ist, verlangt das neue Gesetz anders als bisher kein sofortiges Gegensteuern. Erst wenn jährliche Prognosen zweimal infolge ergeben, dass Deutschland das Klimaziel für 2030 nicht erreichen wird, muss sie ein Sofortprogramm aufsetzen.

Nicht nur für „handwerklich misslungen, sondern verfassungswidrig“ hält Umwelthilfe-Anwalt Remo Klinger die Reform. „Die wichtigsten Änderungen verfolgen nur das Ziel, bis zum Jahr 2030 keine relevanten Klimaschutzmaßnahmen mehr beschließen zu müssen“, so der Jurist.

Das aber wäre nötig, wie nicht nur Kli­ma­schüt­ze­r*in­nen fordern. Auch etwa der Expertenrat für Klimafragen hat es der Bundesregierung schon vorgerechnet. Demnach ist nicht gesichert, dass Deutschland seine Klimaziele bis 2030 erreicht. Vor allem der Verkehrssektor bereitet immer weiter Probleme. Die Kurzfassung: Zu viele Autos verbrennen zu viel Benzin und Diesel. Auch die Klimabilanz der Gebäude sowie der Landwirtschaft lässt laut den Ex­per­t*in­nen absehbar zu wünschen übrig.

Neben der Verfassungsbeschwerde hat die Umwelthilfe auch eine neue Klage gegen die Bundesregierung eingereicht – wegen des wiederholt viel zu spät vorgelegten Klimaschutzberichts.

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